Für Jimin und mich bedeuteten die Vorkommnisse heute, dass wir uns nun beide schonen mussten. Meine Schonzeit würde sich wohl zudem verlängern, da ich meinen Knöchel überstrapaziert hatte, obwohl ich ihn hätte stillhalten sollen.
Beim Abendessen ging mir immer wieder die Szene durch den Kopf, als Guillaume sein Messer gezückt und Jimin ihn aufgehalten hat. Irgendetwas kam mir dabei immer wieder komisch vor, nachdem sich bei mir langsam der Horror, dass Jimin etwas schlimmeres hätte passieren können, gelegt hatte. Ich versuchte mir immer wieder in Erinnerung zu rufen, was genau passiert war und was mir so seltsam vorkam, aber ich kam einfach nicht drauf, da die heutige Aufregung und die immer wieder aufkeimende Angst, das alles erstickten.
Ich hörte, wie jemand am Tisch seine Gabel geräuschvoll auf den Teller legte und sah auf. Mom sah mich rätselnd an.
"Sol, du hast noch keinen Bissen gegessen. Ich habe euer Lieblingsessen gemacht. Normalerweise wärst du jetzt schon bei deiner zweiten Portion."
Der würzige Geruch von geschmolzenem Käse wurde mir erst jetzt wieder richtig bewusst und ich sah hinab auf meine Portion Broccoli-Nudelauflauf, die etwas zerpflückt aussah. Nicht einmal mein Lieblingsessen schaffte es, mich abzulenken.
"Tut mir leid, ich habe nur über etwas nachgedacht. Außerdem, so schnell esse ich nun auch wieder nicht, Mom!"
Diese Aussage konnte meiner Mutter ein kleines Lächeln entlocken, aber der sich wundernde Ausdruck war noch nicht ganz verschwunden und begleitete uns durch das gesamte Abendessen. Und das, obwohl ich wie immer meine zwei Portionen aß, denn Hunger hatte ich nach diesem Tag trotzdem gehabt.Nachdem das Abendessen erledigt und Mo und ich beim Abdecken und sauber machen geholfen hatten, verschanzte ich mich in mein Zimmer und schrieb Jimin, fragte ihn, ob es ihm gut ging.
"Meine Hand fühlt sich an wie ein Ballon und die Schmerzmittel machen mich müde. Aber eigentlich ist alles in Ordnung, nur dass ständig meine Mutter reinplatzt und fragt, ob ich etwas brauche."
Er tat mir schon ein wenig leid, aber es war auch süß, dass sich seine Mutter um ihn kümmern wollte.
"Vielleicht solltest du ihr sagen, dass du schlafen gehst?"
"Ich bin mir sicher, dann schaut sie trotzdem zwischendurch vorbei. Aber vielleicht sollte ich das wirklich. Ich kann kaum noch deine Nachrichten entziffern."
"Dann los jetzt! Gute Nacht, Jimin. Ich komme morgen vorbei!" Ich schickte noch ein Herz hinterher und holte mir anschließend Schlafsachen aus dem Schrank. Noch bevor ich das erste Teil hinausgezogen hatte, ertönte wieder mein Nachrichtenton.
"Gute Nacht, Sol. Träum was schönes." Er hatte auch ein Herz geschickt und war dann offline gegangen. Ich hatte noch lange danach gelächelt und mir nochmal und nochmal die Nachricht durchgelesen, als ich mich in mein Bettgekuschelt hatte.
Bevor ich schlafen ging, las ich noch das Buch weiter, das Jimin mir beim letzten Mal vorbei gebracht hatte und versuchte mich damit abzulenken. Als das nicht half, beteiligte ich mich an dem Gruppenchat mit meinen Freundinnen, die schon mehrere Hundert Nachrichten hinterlassen hatten.
"Muss ich alles durchlesen, oder gibt mir jemand eine schnelle Zusammenfassung?"
"Erst haben wir spekuliert, warum Jimin und du wirklich verschwunden seid, dann haben wir besprochen, dass wir unbedingt Jesper mit Dahee verkuppeln müssen und dann gings noch um Mode, das Leben in den USA, heiße College Studenten und diesen creepy alten Mann, der uns Beobachtet hat, als wir das Picknick zusammengepackt haben", fasste Risa netterweise zusammen, doch die letzte Aussage störte mich.
"Was für ein alter Mann?"Risa, Ronny und Elani fingen gleichzeitig an zu schreiben und ihre Schilderungen von einem Mann, der mindestens in seinen Siebzigern war, einen dunkelblauen Anzug trug und dessen Gesicht neben Falten auch noch von offenen Hautstellen übersäht war, passte perfekt auf Guillaume. Er war dort gewesen, bevor, während oder nachdem er Jimin und mir aufgelauert hatte. Was hatte er dort vorgehabt?
Ich entschied, nicht weiter nachzufragen, denn meine Freundinnen konnten mir vermutlich sowieso keine Erklärung dafür geben, warum er da gewesen war und ob es zur selben Zeit gewesen war, wie bei seinem Auftauchen in dem verlassenen Parkhaus. Stattdessen fragte ich nach dem Plan Jesper und Dahee zu verkuppeln und brachte eigene Ideen mit ein.
Während dessen rätselte ich allerdings weiter über Guillaume. Konnte er an zwei Orten gleichzeitig sein? Und da waren immer noch die Veränderungen, die ich meinte in seinem Gesicht gesehen zu haben. Die offenen Hautstellen an seinem Haaransatz waren an einer anderen Stelle gewesen, ich war mir fast zu hundert Prozent sicher.Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal erwachte, war es schon vier Uhr morgens und ich hatte noch immer mein Handy in der Hand. Ich war komplett nassgeschwitzt und entschied mich, erstmal meine Kleidung zu wechseln. Als ich auf dem Weg ins Bad war, hörte ich ein leises Scheppern unten im Haus und zuckte zusammen. War jemand in der Küche?
Mit meinen Wechselsachen und meinem Handy in der Hand, tapste ich nach unten. In der Küche brannte ein Licht und ich war mir ziemlich sicher, dass es jemand von meiner Familie sein musste. Dennoch schlug mir das Herz bis zum Hals und ich schlich vorsichtig näher.
Als ich in den Raum hineinliste, sah ich Mo, der seine Brille nicht trug und halb blind das Wasser versuchte aufzuwischen, das er sich wohl vorhin in ein Glas geschüttet hatte.
"Mo, warum bist du wach?", flüsterte ich, legte meine Sachen auf den Küchentisch und nahm ihm das Tuch ab, um die Wasserpfütze aufzuwischen.
"Mir war warm und ich hatte Durst. Und warum bist du wach?"
"Ich wollte mich umziehen, weil mir auch zu warm ist. Mein Zimmer fühlt sich an wie ein Backofen."
"Meins auch. Mom und Dad schlafen auch schon im Wohnzimmer, weil es da nicht so schlimm ist."
Mo schüttete sich neues Wasser ein und trank alles in einem aus, bevor er sich ein weiteres Glas einschüttete. Ich nahm mir ebenfalls ein Glas.
"Du kannst dich ja auch ins Wohnzimmer legen."
"Ich bin aber nicht mehr müde." Ich war es ehrlich gesagt auch nicht mehr.Für eine Weile saß ich mit Mo einfach in der Küche und trank Wasser. Irgendwann schienen ihm dann aber doch wieder die Augen zuzufallen und ich schickte ihn zu Mom und Dad. Ich räumte noch die Gläser weg und ging wieder hoch, um mich endlich umzuziehen. Im Obergeschoss war es direkt wieder stickiger und wärmer. Sogar der Badezimmerspiegel war beschlagen. Wie hoch war hier oben denn die Luftfeuchtigkeit? Das ganze kam mir nicht normal vor.
Als ich auf mein Handy sah, trudelten immer wieder Nachrichten in Gruppen- und Einzelchats ein. Beinahe jeder aus meiner Freundesgruppe schilderte ein ähnliches Problem und jeder wunderte sich, was plötzlich los war. Spätestens jetzt war es vermutlich nicht auf die Natur zu schieben, denn es waren bei jedem nur die oberen Stockwerke betroffen.
Genau in dem Moment, in dem ich diesen Gedanken dachte, kam eine Nachricht von Jimin.
"Glaubst du auch, dass das irgendetwas mit der Magie zutun hat?"
Ich wollte zurückschreiben, doch da sah ich aus dem Augenwinkel ein blaues Leuchten und sah mich um. Ich traute meinen Augen kaum, denn von der Decke aus ging die Wand entlang nach unten ein Vorhang aus blauen Flammen. Der Flammenvorhang war nur schwach sichtbar und beim nächsten Blinzeln auch schon wieder verschwunden.
"Ja", schrieb ich schnell zurück. "Es hat eindeutig etwas mit der Magie zutun und ich glaube, wir müssen versuchen, etwas dagegen zu unternehmen."
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Jin In The Bottle 2 || park jimin
Fanfiction|Part 2| Kim Solin weiß noch gar nicht wie sorglos, behütet und einfach ihr Leben ist, trotz des neuen Schülers aus ihrer Nebenklasse, der sie fälschlicherweise für einen Jungen hält. Erst, als eine antike blaue Flasche auftaucht und mit ihr ein un...