Kapitel 12

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Ich stand ausnahmsweise in Marcos Büro im Flame. Selbst hier konnte man die Musik noch gedämpft hören und auch der Bass hallte an den Wänden wieder. Irgendwie konnte ich in diesen Momenten verstehen weshalb er es vermied sich hier aufzuhalten. Zumindest während der Geschäftszeiten. Denn ansonsten machte es dem Büro in seiner Ersatzteilfirma wahrlich Konkurrenz; schicker Boden, bombastischer Kronleuchter, edle Marmortischplatte und ebenso hochwertige Schränke und Sitzmöglichkeiten. Doch auch die tolle Einrichtung änderte nichts daran, dass es mir gewaltig gegen den Strich ging, was er mir soeben aufgetragen hatte.
Eigentlich hatte ich gedacht, ich wäre nur hier um ihm ausnahmsweise hier sein Geld zu geben. Aber nachdem ich ihm beiläufig erzählt hatte was Daniel rausgefunden hatte, hatte ich mir sozusagen selbst mein Grab geschaufelt.

~~ Fünf Minuten zuvor ~~

"Daniel und die Jungs haben sich übrigens wegen Pérez umgehört. Keine konkrete Sache die allerdings mit unserer Lieferung zusammenhängen könnte", sagte ich nachdem ich den Rucksack auf Marcos Tisch abgestellt hatte. Er schenkte dem Rucksack und seinem Inhalt allerdings keinerlei Beachtung. Stattdessen beäugte er mich prüfend.
Marco kannte mich eben doch lange und gut genug, um zu wissen dass noch ein 'aber' folgte.
"Aber Daniel hat einen Typen ausfindig gemacht der früher für Silvio gearbeitet haben dürfte und nun seit einiger Zeit immer öfters bei Pérez ein und aus geht"
"Hat der Typ auch einen Namen?", wollte Marco wissen und sah mich mit einem Blick an, der wohl so viel heißen sollte wie 'Muss ich dir denn alles aus der Nase ziehen'. Seine Stimmung war nach wie vor auf dem Nullpunkt.
"Sonny. Inwiefern das was zu sagen hat und ob der Aussage überhaupt Glauben geschenkt werden sollte, sei mal so dahin gestellt", erläuterte ich.
"Von wem hat er die Info?"
"Genau das ist der Punkt. Von nem Barkeeper in dem Club von diesem Sonny. Der war allerdings besoffener als seine Gäste als Dan sich als Kunde ausgegeben hat. Hat ihm ziemlich freimütig erzählt, dass sein Boss eben früher mal für Silvio gearbeitet hat und jetzt wohl öfters Besuch von Pérez bekommt"
Ich ließ mir Daniels Schilderung nochmals durch den Kopf gehen und fügte hinzu: "Dan meinte auch, dass er den Barkeeper nicht mehr für all zu zurechnungsfähig hielt"
Marco schien meine Worte abzuwägen. Er lehnte sich in seinem sündteuren Bürostuhl zurück und schwenkte nachdenklich das Glas mit Whiskey. Abgesehen von seinem maßgeschneiderten Anzug hatte er tatsächlich wieder einmal eine Ähnlichkeit mit mir selbst. Was irgendwie erschreckend war...
"Du wirst dich einfach selbst darum kümmern und herausfinden ob man der Aussage dieses Barkeepers glauben kann", sagte Marco schließlich und sah mir bestimmend in die Augen.

~~~~~~

In mir sträubte sich alles, doch wie immer in seiner Gegenwart ließ ich mir absolut nichts anmerken. Stattdessen zuckte ich gleichgültig mit den Schultern und meinte: "Sonny direkt vermutlich?"
"Ja. Er selbst wird wohl hoffentlich zurechnungsfähiger sein, als sein Barpersonal" Abfällig schnaubte er und nahm einen Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
"Gut, ich kümmere mich darum" Meine Simme war fest und selbstsicher, doch am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass ich keinen Bock mehr auf genau diese Aktionen hatte. Mir reichten inzwischen die Maßnahmen, wenn manche ihre Kohle wieder einmal nicht zahlen konnten oder wollten.
Da keine weitere Silbe mehr von Marco kam, ging ich davon aus, dass das Gespräch beendet war. Also nickte ich ihn knapp zu und wollte gerade gehen, als er noch sagte: "Zieh es bis spätestens Freitag durch. Ich will endlich Licht in die Sache bringen und rausfinden was für ein feiges Schwein sich an meiner Ware vergangen hat"
"Klar" Ich nickte nochmals und konnte ihm in dieser Hinsicht sogar zustimmen. Es ging schließlich nicht nur um sein Geld, sondern auch um unseres. Auch wenn es mir lieber gewesen wäre, jemand anderes hätte diese verfluchte Drecksarbeit erledigt, die mir bevor stand.

Als die Bürotüre hinter mir ins Schloss fiel, war ich richtig erleichtert mir nicht mehr mit Marco einen Raum teilen zu müssen. Es hatte verdammt lange gedauert, doch allmählich widerstrebte mir das alles...
Ich ging ohne ein Wort an den zwei Gorillas vorbei die Marcos Türe flankierten und streifte den Flur entlang zur Treppe. Jede Stufe die ich nach unten nahm, wurde die Musik immer lauter und es dauerte nicht lange bis ich unten angekommen war. Ich durchquerte den Personalbereich und musste erneuert zwei trainierte, zwei Meter Prügel passieren ehe ich wieder im offenen Clubbereich angekommen war.

Two FacesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt