Two Faces

Kapitel 3

"Hey Schnecke, wo hatte Antonio dich denn immer versteckt?", gröllte Frank als Liah sie grüßte und an ihnen vorbei hinter die Bar ging. Natürlich ließ er es sich nicht nehmen seinen Blick lüsternd über ihren Körper gleiten zu lassen und sich über die Lippen zu lecken. Mal ehrlich; er war wirklich widerlich. Selbst ich als Kerl fand das unter aller Sau.
"Ich bin neu hier", gab sie einsilbig als Antwort und hob abfällig die Augenbrauen. Stumm beobachtete ich das Geschehen und schlug mich insgeheim auf Liah's Seite.
Ich konnte die beiden Typen selbst nicht ausstehen. Dex ging ja noch, doch Frank war einfach durch und durch ein abgedrehtes Arschloch. Er war der Ältere der beiden Brüder und sie arbeiteten mit ihren achtunddreißig und fünfunddreißig Jahren schon wesentlich länger für Marco als ich. Jeder der beiden hatte wie ich ein Gebiet hier und rund um die Stadt übrig und zählten somit zu den Köpfen unseres Trupps. Ganz besonders Frank hob sich deshalb hoch in den Himmel und es war ein offenes Geheimnis, dass ich ihn deshalb bis aufs Blut hasste...

"Warum richtest du uns nicht was ordentliches zu Trinken her und setzt dich etwas zu uns, Puppe?", lechzte Frank und leckte sich über die Lippen als er sich zu Liah über die Theke beugte.
Automatisch ging sie einen Schritt zurück und verschränkte stur die Arme vor der Brust.
"Ich bin zum arbeiten hier und nicht zum trinken", stellte sie doch recht selbstbewusst klar. "Aber ihr könnt gerne was bestellen" Dabei sah sie vorwiegend Dex an, der sich überraschender Weise bisher völlig im Hintergrund gehalten hatte.
"Wir nehmen zwei Bier", kam es allerdings prompt von ihm und er warf seinem älteren Bruder einen mahnenden Blick zu. Selbst ihm gingen Frank's Manieren teilweise ziemlich auf den Sack. Ganz besonders dann, wenn Stress durch seine Aktionen vorprogrammiert war und unser Boss davon Wind bekommen könnte. Denn dass Marco keinerlei Unruhen hier duldete, war uns allen bekannt.

Während Liah für die zwei muskelbepackten, glatzköpfigen Gorillas das Bier her richtete, sah ich auf die Uhr. Nicht mehr lange und Marco müsste hier auftauchen. Dann würde zumindest vorerst Ruhe von Franks Seite herrschen.
Doch Frank wäre nicht Frank, wenn er sich von Dex so einfach zügeln lassen würde. Als Liah die Biergläser vor den beiden auf der Theke abstellte, packte Frank sie grob am Handgelenk und hielt sie fest. "Lass mich sofort los du bescheuerter Idiot" Automatisch richtete ich mich auf, während Dex seinen Bruder nur vorwurfsvoll ansah und Liah versuchte sich aus seinem eisernen Griff zu befreien.
"Ich mag wiederspenstige Mädchen", säuselte Frank und zog Liah noch ein Stück näher zu sich rüber. "Denen kann man so schön Manieren beibringen"
Ich merkte dass sich in ihren Augen Panik breit machte und sie vermutlich nicht wusste, ob es ihr etwas bringen würde nach Antonio oder irgend jemandem aus der Küche zu rufen. Ihre braunen Augen spiegelten Verzweiflung und sie versuchte weiterhin kläglich sich aus Franks Griff zu befreien. Der wurde immer fester je mehr sie sich wehrte und schließlich riss mir der Geduldsfaden.

"Lass sie verdammt nochmal los", herrschte ich ihn an, als ich aufgesprungen war und mich provokant nur wenige Zentimeter neben ihn gestellt hatte.
Dex sah mich drohend an, doch ich wusste er würde es nicht wagen sich so einfach einzumischen. Dafür kannte er mich zu gut.
Liah hatte überrascht aufgeblickt und sah mich mit einem Ausdruck von Verwirrung und Dankbarkeit an. Doch Frank hatte seine Augen immer noch auf Liah gerichtet und war meiner Aufforderung nicht nachgekommen.
"Muss ich's dir schriftlich geben, oder welchen Teil hast du hohle Nuss nicht verstanden?", zischte ich ihn nochmal an und richtete mich zur vollen Größe auf.
Zumindest sah er mir nun in die Augen als er sagte: "Was gibt dir das Recht mir irgendwas zu sagen? Wenn du artig bist, darfst du hinterher vielleicht selber mal über die Kleine drüberrutschen"

Sein bescheuertes Grinsen dazu, war zu viel für mich und meine klägliche Geduld. Schneller als irgendjemand der Anwesenden gucken konnte, hatte ich den Hocker gepackt auf dem er saß und ihn ihm mit einem kräftigen Tritt - im wahrsten Sinne des Wortes - unterm Arsch weggezogen. Achtlos warf ich den Barhocker zur Seite, während Frank wie ein nasser Sack zu Boden polterte und dadurch gar nicht anders konnte als Liah endlich loszulassen.
Überraschend schnell hatte der bullige Feigling zu meinen Füßen sich wieder aufgerappelt. "Du mieser Bastard! Das wirst du mir büßen...", fluchte Frank und knackte bedrohlich mit seinen Fingerknöcheln. Da ich - zugegeben - mit meinen 1,78 nicht zu den Größten gehörte, überragte er mich um knapp eineinhalb Köpfe und sah grimmig auf mich herab. Doch ich hatte mich schon mit weitaus anderen Kalibern als ihm angelegt und außer purer Kraft hatte er nichts zu bieten. "Ich werd dir deine beschissen, perfekte Visage zu Brei schlagen und dann werden wir schon sehen, ob du noch große Töne spuckst!"
Es kam mir wie in Zeitlupe vor, als Frank mit der Faust ausholte und versuchte nach mir zu schlagen. Geschickt wich ich ihr aus und packte ihn mit beiden Händen am Oberarm. Gezielt rammte ich ihm dabei mein angewinkeltes Knie in den Magen und sofort ging der Idiot keuchend vor mir zu Boden.