Frisch geduscht, mit perfekt sitzendem Haar, einer aufgesetzten guten Miene und völlig gerädert, war ich vorhin die wenigen Stufen zu Liahs Wohnung hochgestiegen.
Spätestens als ich vor knapp zwei Stunden mit der Stirn gegen die Fliesenwand gelehnt unter der Dusche gestanden hatte, wurde mir so richtig bewusst, dass ich im Grunde eigentlich ins Bett gehörte.
Damian war gerade aufgestanden um zur Schule zu gehen, als ich in der Küche stand und dabei war, mein blutverschmiertes Shirt in einen Müllbeutel zu stopfen. Sein Blick hatte schon tausend Worte gesprochen. Doch ein "Du siehst total beschissen aus" unterstrich diesen noch.
Natürlich war er nicht blöd; er hatte ganz sicher mitbekommen, dass ich die ganze Nacht nicht da war und eigentlich nichts geschlafen hatte.
Allerdings kannte er meinen Job. Und besonders mich gut genug, um zu wissen, dass er besser erst gar nicht nachfragte. Schon gar nicht, was in dem Müllbeutel war, den ich hektisch hinter meinem Rücken verschwinden ließ, als er den Raum betreten hatte.Liah und ich waren bereits eine große Runde durch den angrenzenden Park gelaufen, als ich realisierte, dass sie nicht mehr neben mir war. Während des Laufens drehte ich mich um und stellte fest, dass sie ihr Tempo gedrosselt hatte. Sie lief einige Meter weiter hinten und schien ziemlich außer Puste zu sein.
Ich hielt an und legte neckend den Kopf schief.
"Babe, gibst du schon auf?", rief ich ihr zu.Mit einem Grinsen beobachtete ich, wie sie tapfer die letzten Meter bis zu mir überbrückte. Dabei sah sie wie immer zum Anbeißen aus; kurze Short, die ihren knackigen Hintern noch mehr betonte, einen hohen Pferdeschwanz, der bei jedem Schritt kess wippte und selbst das simple Sportshirt betonte ihre weiblichen Vorzüge perfekt.
Ja, es hatte sich in der Tat gelohnt, dass ich ihr trotz dieser Nacht nicht abgesagt hatte. Schon alleine das Lächeln, mit dem sie mich vorhin an der Tür empfangen hatte, hatte augenblicklich dafür gesorgt, dass sich diese angenehme Wärme in mir breit gemacht hatte und das dumpfe, erdrückende Gefühl verjagte."Ich gebe nicht auf, nein", antwortete Liah auf meine Frage, nachdem sie bei mir angekommen war. "Ich habe auch damit gerechnet, dass du sicher mehr Kondition als ich hast. Allerdings..."
Sie schnaubte einmal und sah mich mit ihren dunklen Augen anklagend an.
"Allerdings?"
"Allerdings läufst du als ob du auf der Flucht wärst... Das ist doch kein Joggen mehr""Jetzt übertreibst du aber wieder einmal"
Zwar hielt ich mein Grinsen aufrecht, doch ich musste zugeben, dass sie vielleicht nicht ganz Unrecht hatte. Gerade die letzten Minuten war ich in mein typisches Verhalten beim Laufen verfallen; zu viel über alles nachzudenken und dabei unterbewusst immer schneller werden. Für gewöhnlich trieb ich das soweit, bis sich das heftige Stechen in meiner Brust bemerkbar machte und mir die Puste beinahe vollends ausging. Erst da reduzierte ich meine Geschwindigkeit - wenn ich wirklich am Limit war."Nein, tue ich nicht"
Liah zupfte ihren Pferdeschwanz zurecht und klang als würde sie keine weitere, fadenscheinige Floskel dulden.
"Tut mir Leid. Ich wollte dir nicht davonlaufen", lenkte ich ein. Ich setzte meinen entschuldigenden Hundeblick auf und sagte: "Ich werde auf dem Weg zurück, mein Tempo trosseln"
"Schon gut... lauf ruhig schon mal vor. Du kannst ja schon mal für Kaffee sorgen"
"Ich kann auch schon mal das Bett vorwärmen", konterte ich und mein Grinsen wurde breiter.
"Kaffee reicht"Sie bemühte sich zwar um eine ernste Miene, doch das leichte Zucken um ihre Mundwinkel verriet sie.
Am liebsten hätte ich sie gepackt und meine Lippen auf diesen vorlauten Mund gedrückt. Nicht nur weil sie super sexy aussah - sondern auch, weil ich es wirklich mochte, dass sie allmählich anfing, mir Paroli zu bieten.
"Da versäumst du aber was"
"Ich werde es überleben" Frech streckte sie mir die Zunge entgegen und lief dann wieder in ihrem gemütlichen Tempo weiter.
Amüsiert schüttelte ich den Kopf, ehe ich die Verfolgung aufnahm.
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Two Faces
RomanceJesse - siebenundzwanzig, gutaussehend und alles andere als ein gewöhnlicher Mann. Von der Vergangenheit geprägt, führt er ein Leben das alles andere als harmlos ist. Doch was passiert wenn er im Begriff ist dieses hinter sich zu lassen? Ist das übe...