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| Donnerstag, 20:40 Uhr
| Standort: zu Hause

Es ist abends und ich erlebe wieder einer meiner Momente, an den ich an meiner Existenz zweifle.

Seit dem Treffen mit Mattia sind es schon zwei Tage vergangen. Er hat sich nicht mehr bei mir gemeldet und ich mich genauso nicht bei ihm. Ich habe Angst zu nerven auch, wenn ich so einen großen Drang dazu habe ihm zu schreiben. Und es ist auch seit dem nichts mehr Besonderes passiert. Ich merke nur wieder wie bescheuert mein Leben ist. Früher dachte ich immer das ein zu Hause ein Dach überm Kopf und zwei stabile Wände seien. Das ist mehr als nur gelogen. Das wahre zu Hause ist zum Beispiel die Familie oder Freunde. Bei mir jedenfalls nicht. Ich liebe meine Familie nur, weil ich keine andere Wahl habe. Und die einzige wirkliche Freundin, die ich habe, ist Dara. Ich versuche einfach immer mein Bestes zu geben und meinen Eltern zu gefallen. Ich will meinem Bruder zeigen, dass ich dasselbe und wenn sogar besser schaffe wie er. Auch wenn alle aus meiner Familie einmal vorgegeben haben an mich zu glauben, tun sie es nicht. Erst neulich hat meine Mutter am Telefon mit meinem Bruder geredet und Sachen behauptet, die so gar nicht stimmen. Sie meinte, ich kriege zurzeit nichts auf dir Reihe. Jedoch haben sich meine Noten in den Jahren um einiges gebessert und ich nehme vieles deutlich ernster. Ich dachte immer ich sei das Problem, dabei sind es meine Eltern.

Ich wurde von meinem Vater gezwungen Montag ein Job anzufangen da ich angeblich zu wenig im Haushalt helfe und die Schule nicht ernst nehme. Ja, da habt ihr es, meine Eltern merken es nicht einmal, dass ich mich so gebessert habe. Sie kommen mir immer mit den gleichen und alten Argumenten vor zehn Jahren her.

Ich habe mit Aija darüber geredet und so sehr ich sie auch liebe konnte sie mich überhaupt nicht verstehen. Sie war die letzte Person, von der ich es erwartet hätte, da sie ja auch Familien Problemen hat. Wahrscheinlich konnte sie es nicht wahrnehmen, da meine Eltern Aija mehr als eine Tochter behandeln als mich.

Der einzige Ort beziehungsweise die einzige Person, die mich wie zu Hause fühlen lässt, ist er. Ihr wisst ganz genau wen ich meine. Er ist der einzige Grund, der mich gerade vor einem Selbstmord haltet.

Ich war nämlich vor ein und halb Stunden Duschen und war davor mir die Pulsadern aufzuschneiden. Ich lag heulend am Boden mit einer Rasierklinge. Doch dann kam er plötzlich in meinem Kopf hoch. Alle Momente, die wir zusammen bis jetzt erlebt hatten, erschienen nach und nach in meinem Kopf. Wie ein kleiner Film. Wir kennen uns erst seit paar Wochen, trotzdem war er der einzige der mich verstand. Nicht einmal Dara verstand mich so wie er es tat.

Jetzt sitze ich hier verzweifelt auf meinem Bett und hoffe, dass so eine Situation nicht noch einmal vorkommt. Ich weiß nicht, ob es euch bekannt ist, aber bei den meisten Fällen ist es so, dass das Opfer es bereut sich selbst weh getan zu haben. In dem Moment wo man sich weh tut, bereut man es nicht. Ganz im Gegenteil, es tut gut, aber im Nachhinein hasst man sich dafür.

Bei mir war es in der Dusche noch schlimmer. Ich habe mir zwar nicht weh getan, dafür wollte ich mich umbringen, sodass es zum Bereuen nicht mehr kommt. Doch habe ich mich nicht umgebracht und habe dafür jetzt Angst vor noch so einer gleichen oder ähnlichen Situation. Was, wenn ich niemals in dem Moment an ihn gedacht hätte.

Ich wollte ihn anrufen, doch dann fiel mir ein, dass er einmal vor unserem Haus am Basketball Platz gespielt hatte. Ich lief in das Zimmer meiner Mutter, um von ihrem Fenster aus zu gucken, ob er da ist. Da ich von dort aus perfekt auf den Basketball Platz schauen kann.

Und tatsächlich war er da. Mein Herz fing an schneller zu werden. Die Luft wurde leicht schwül und alles um mich verschwand. Ich hatte nur noch Augen für ihn.

Ich muss zu ihm, aber ich traue mich nicht. Er soll nicht denken, dass ich anhänglich bin oder nicht ohne ihn kann.

Plötzlich schaute Mattia in meine Richtung und unsere Augen trafen sich. Sofort schaute ich auf den Boden und wurde nervöser. Wieso hat er mich jetzt erwischt!

Er lachte und zeigte auf sich, als Zeichen das ich zu ihm runterkommen soll. Ich nickte und beschloss runter zu gehen.

Ich lief die Treppen runter und ging zu meiner Mutter.
„Darf ich kurz raus auf den Basketball Platz."
„Du willst jetzt noch raus, nachdem du Papa heute so gestresst hast?"
„Mama, das ist gleich vor der Tür."
„Es ist schon stockdunkel. Was willst du dort? Nein."
„Von mir aus."

Ich ging in mein Zimmer ohne ein weiteres Wort. Warum? Nicht weil ich kein Bock hatte darum zu diskutieren, sondern weil ich selber vergaß, dass ich ein perfektes Fenster zum Rausschleichen habe.

Ich zog mich davor noch um.

Ich wollte etwas Bequemes anziehen, aber nicht wie ein Penner aussehen. Irgendwas in mir wollte ihn beeindrucken.

Ich kletterte aus meinem Fenster raus und machte mich auf den Weg zum Basketball Platz. Und da war er auch schon. Mattia mit seinen gefühlt 1,90 m am Basketball spielen.

„Hey."
Er drehte sich zu mir um und hielt den Ball fest.
„Du hast dich für mich umgezogen?"
„So schnell hast du dir also mein Outfit am Fenster gemerkt?"
Er lachte und sagte
„Du Stalkerin."

Es war mir etwas unangenehm und ich musste wieder auf den Boden schauen. Mattia kam zu mir und sagte leise mit seiner angenehmen Stimme
„Ich weiß, dass die letzten zwei Tage dir schwerfielen. Mir genauso."
„I-Ich-"
„Lass uns nicht so viel reden. Willst du eine Runde spielen?"
„Spielen? Was-"

Er lachte wieder und meinte
„Basketball spielen."
„Oh- Ach so- Ja, gerne."
„Dann zeig mal deine skills."

Wir spielten nicht nur eine Runde, auch nicht zwei, sondern mehrere, sodass wir vergaßen mitzuzählen. Mattia war echt gut darin, schließlich ist er auch in einem Verein. Er brachte mir neues bei und in dieser ganzen Zeit, die wir gespielt haben, habe ich mehr gelernt als wie bei mir im Training.

Erschöpft nach diesen ganzen Runden legte ich mich auf den Boden. Außer Atem sagte ich zu ihm
„Wie viel Uhr ist es?"
„Es ist 22:10 Uhr."
„Was- haben wir so lange gespielt?"
„Ja."
„Das ist echt anstrengend gewesen. Ich könnte jetzt hier einschlafen."
„Bist du schon müde oder willst du mit mir noch wohin?"
„Wohin denn?"
„Lass uns in ein Einkaufszentrum einbrechen."
„Spinnst du?"
„Ich habe das schon öfters gemacht, glaub mir."

Ich überlegte eine Weile und dachte mir, ich war kurz davor mich umzubringen. Ohne ihn wäre ich jetzt nicht hier und was ist besser als noch mehr Erinnerungen mit ihm zu erleben.
„Gut."
Er freute sich und hob mich auf seine Schulter.
„Mattia! Lass mich runter-"
„Ich trag dich jetzt bis zu meinem Auto und du kannst bis dahin dir Gedanken machen, was du alles im Einkaufszentrum unternehmen willst."
„Oke Daddy."
„Was-"

Ich lachte mich Tod, doch er reagierte eher genervt. Und wir beide wussten, warum er genervt war, da ich ihn mit dem Wort angeturnt habe und es so nur wieder zu einer unangenehmen Situation führen würde.
„Sorry."
„Du machst dein Mund gerne in meiner Nähe auf, oder?"
„Was soll das bitte heißen!"
„Willst du mir im Auto einen-"
„Ich weiß, dass du Spaß machst."
„Du hättest es aber gemacht, nicht wahr?"
„Sei einfach leise."

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Mattia showed me how to live Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt