Kapitel Zweiundzwanzig

293 24 1
                                    

Ich fand es absolut unfair, dass die Zeit langsam verging, wenn man sich auf ein Ereignis, welches in der Zukunft lag freute, aber wenn man etwas unbedingt herauszögern wollte, die Zeit nur so vorbei raste. 

Das Frühstück ging schneller vorbei als mir lieb war und auch Englisch bei Summer war so schnell vorbei, dass ich mir beim Einpacken meiner Schulsachen extra viel Zeit ließ und ganz langsam in Richtung Matheraum ging. 

Komm schon Lynn... Du hast die Hausaufgaben gemacht und du hast das Thema verstanden! Du kannst das! Du bist vorbereitet! Ich blieb vor dem Raum stehen und seufzte. Du bist selbst schuld Lynn! 

Ich tat, als würde ich etwas super wichtiges in meiner Tasche suchen, nur um noch mehr Zeit zu schinden. Die letzten Schüler liefen an mir vorbei und in den Raum hinein. 

Vielleicht hat er es auch schon vergessen... 

„Miss Parker, wollen Sie die gesamte Stunde vor der Tür stehen oder kommen Sie jetzt rein?" James sah mich abwartend an und schnell huschte ich an ihm vorbei und setzte mich. Dana sah mich fragend an und ich lächelte nur.

Ich hatte mit noch niemanden gesprochen heute. Ich war viel zu sehr in meinen eigenen Gedanken gewesen und hatte tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, einfach Kopfschmerzen vorzutäuschen. Aber ich war selbst schuld.

Dana schob mir einen Zettel zu, während James bereits anfing zu reden. 

Alles okay? 

Ich lächelte und kritzelte schnell meine Antwort auf das Zettelchen. 

Alles super... Ich bin nur ziemlich dumm gewesen. Viel Spaß beim peinlichsten Auftritt, den diese Schule je gesehen hat. Ich schob den Zettel zurück zu ihr und im selben Moment drang James' Stimme zu mir durch. 

„Und nun kommen wir zu den Hausaufgaben. Lynn, die Tafel gehört dir", sagte James und hielt mir die beschissene Kreide hin. 

Dann wollen wir mal... 

Ich stand auf und spürte die ungläubigen Blicke der anderen Schüler in meinem Nacken. Ich nahm James die Kreide ab und drehte mich in Richtung Tafel. 

Du kannst das. Du kennst die Lösungen und du weißt, wie du auf die Lösungen gekommen bist!

„Okay, also als erstes..." 

Ich fing an zu erklären und blendete die anderen einfach aus. Ich löste die erste Aufgabe problemlos und auch die Zweite und Dritte waren kein Problem. Es war easy. Mehr als das. Ich fühlte mich, als hätte ich mein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht, als anderen Mathe zu erklären.

„Und so komme ich auf das Ergebnis, dass X gleich 65 ist und Y ist 4", beendete ich meine Erklärung zur letzten Aufgabe und legte die Kreide ab. Ich drehte mich zu James, der zufrieden nickte. „Sehr schön. Setz dich", sagte er und notierte sich etwas in sein Kursbuch. „Nach der Stunde bitte noch einmal zu mir kommen Lynn", fügte er noch hinzu, als ich mich auf meinen Stuhl nieder ließ. Es dauerte nicht lange und ein Zettel fand seinen Weg auf meinen Platz. 

Das war nicht ansatzweise peinlich. Aber ernsthaft: James muss dich echt hassen, wenn er dich schon wieder an die Tafel ruft! 

Ich schnaubte leise und sah Dana kurz an. 

Ich habe mich gestern bereits freiwillig gemeldet, weil ich irgendwie dumm bin oder so... Ich erkläre es dir später. Antwortete ich und konzentrierte mich auf den Unterricht.

Als die Mathestunde endlich um war, wartete ich bis alle anderen den Raum verlassen hatten und ging vor zu James' Tisch. 

„Sie wollte mich noch kurz sprechen?" James sah von seinem Papierkram auf. 

Silverleaf Academy - Nichts ist wie es scheint... (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt