Kapitel Zwölf

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Wie bei einem Radio, welches man lauter stellte, wurde auch alles um mich herum langsam lauter. Ich hörte erst nur ein leises Wispern, was dann immer lauter wurde, bis ich die Wörter ohne Probleme verstand. 

„Sie hat eine leichte Gehirnerschütterung und braucht dringend Ruhe. Kannst du dir erklären, wie das passiert sein konnte? Hat sie einen Schlag auf den Kopf bekommen?" 

„Nein... Das Training verlief gut. Sie hat alle Schläge perfekt abgeblockt. Ich weiß nicht, was auf einmal passiert ist Summer..." 

Eine kühle Hand strich mir über die Stirn. Ich wollte die Augen eigentlich öffnen, aber irgendwie wollte mir mein Körper nicht gehorchen. 

„Mit dem Kopf ist sie nicht aufgeschlagen sagtest du..." 

„Nein... Randall hat sie aufgefangen und sie vorsichtig abgelegt. Ihr ging es gut Summer. Zumindest ist mir nichts aufgefallen..." 

„Es ist nicht deine Schuld Will. Vielleicht..." 

„Summer?" Eine dritte Stimme hatte sich eingemischt. 

„Julian, wie kann ich dir helfen?" 

„Ich glaube ich weiß was passiert ist... Nach dem Mittagessen wurde Lynn von Blake umgerannt. Sie ist dabei hingefallen. Ich weiß nicht, ob sie vielleicht mit dem Kopf irgendwo gegen gefallen ist. Wie geht's es ihr?" 

„Sie ist noch nicht bei Bewusstsein. Warum hast du sie nicht gleich zu Cassiopeia gebracht?" 

„Weil sie mich sofort angegangen ist, sobald ich Hilfe angeboten habe..." 

„Schon okay", hörte ich Summer sagen. Ihre Stimme wurde wieder leise und ich spürte, wie mich etwas zurück in die Dunkelheit und der Ruhe zog. 

„Sie braucht Ruhe und wir..."


Ich flog. Kalter Wind streifte meine Haut und trotzdem fühlte ich mich sicher und warm. Ich spürte um mich herum dennoch eine Unruhe, die mich beunruhigte und Angst machte sich in mir breit. 

„Es wird alles gut Evelyn... Du bist in Sicherheit..." 

Die Stimme war mir seltsam vertraut und beruhigte mich. 

„Es wird alles gut..." 

Die Angst verflog und um mich herum wurde es warm. Warme Hände hielten mich fest. Ich spürte eine sanfte, warme Berührung auf der Wange und hörte ein leises Summen. Ein Summen, welches zu einem leisen Gesang wurde, der mir so vertraut war, dass ich spürte wie jegliche Unruhe verschwand. Ich kannte das Lied. 

„Sleep, little child, go to sleep. Mother is here by thy bed..." 

Es war das Schlaflied, welches mir Mum immer vorgesungen hatte, als ich klein war. Und ich hörte deutlich die Stimme meiner Mum, wie sie das Lied leise sang. Während ich das Gefühl von Sicherheit spürte und das Gefühl hatte, dass sie mich gerade wirklich festhielt, spürte ich gleichzeitig Schmerz und Trauer. 

Es war schon sehr lange her, dass ich das Lied gehört hatte. Und während die leise, beruhigende Stimme meiner Mutter mich in den Schlaf sang, spürte ich einen Kloß im Hals und wie mir etwas nasses, warmes über die Wange rann...


Ich blinzelte und brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Mein Kopf tat weh und ich versuchte mich aufzurichten. 

„Bleib liegen Lynn", sagte eine ruhige Stimme und drückte mich zurück auf die Matratze. 

„Wie fühlst du dich?" Ich sah eine ältere Frau, mindestens Mitte sechzig an und war verwirrt. 

Silverleaf Academy - Nichts ist wie es scheint... (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt