12. Gewissen

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"Danny! hast du 'nen neuen Haarschnitt?", begrüßte meine Schwester mich als ich den Skype Anruf startete. Fast drei Monate war es nun her, als wir uns das letzte mal sahen. "Nein. Nicht direkt. Sie sind in den letzten Wochen ziemlich lang gewachsen, also habe ich sie mir kürzer schneiden lassen", erklärte ich ihr und nahm dabei meine Base-Cap ab, damit sie meine Haare bestaunen konnte. "Sieht schick aus. Sag mal, wie geht es eigentlich deiner Hand? Hat sie sich wieder erholt?", fragte sie gespannt. Ich blickte enttäuscht auf meine rechte Hand und musste sie leider enttäuschen. Die Ärzte sagten, dass sie niemals mehr so funktionieren würde, wie früher. Also hieß es für mich: Adieu Basketball spielen.

"Nun, ich habe noch mit niemandem so wirklich darüber gesprochen, aber sie ist hinüber", beichtete ich ihr. Mit Annie war ich aufgewachsen, auch wenn sie meine nervige große Schwester war, ihr konnte ich vertrauen. Sie wusste immer, was zu tun war. "Das tut mir so unglaublich leid. Du hast das echt nicht verdient. Ich wäre gerne hier und würde dich einmal feste drücken. Du solltest es deinen Adoptiveltern erzählen und vor allem Steven. Sie werden dich unterstützen", lautete ihr Ratschlag. Als wenn das so einfach wäre.

Bei ihnen wohnen zu dürfen ist wie ein Geschenk und ich bringe nichts als Probleme in diese Familie. Sie hatten doch nur Ärger mit mir, da brauchten sie nicht noch mehr.

Genauso erklärte ich es auch meiner Schwester. "Danny, ich verstehe dich. Aber du kannst es nicht ewig verheimlichen. Deine Eltern meinen es gut mit dir und Steven auch. Zumindest ihm gegenüber solltest du dich öffnen", sprach sie mir ins Gewissen. Sie hatte Recht. Dennoch war es schwer den perfekten Zeitpunkt zu finden. Steven war in letzter Zeit so glücklich, ich wollte ihm seine gute Stimmung nicht vermiesen. Vielleicht suchte ich lediglich nach einer Ausrede es nicht zu tun. Dabei war diese Sache war längst überfällig. "Ich werde es ihnen sagen, Versprochen", sagte ich.

"Ich glaube an dich. Thanksgiving werde ich übrigens wieder bei dir sein. Mum und Dad werde ich nicht mehr besuchen. Ich habe mir einen Kellner-Job besorgt, damit ich mir das College selber finanzieren kann", berichtete sie mir voller Stolz. Ich war stolz auf meine Schwester. Sie schaffte es in so jungen Jahren schon auf eigenen Beinen zu stehen und unseren Eltern somit die Stirn zu bieten. Sie machte alles richtig. "Ich freue mich schon. Und wie läuft es mit dem College?", erkundigte ich mich bei ihr. Sie kicherte nur kurz und gab mir dann eine erheiternde Antwort: "Ja. Meine Noten haben sich sehr verbessert. Außerdem gibt es da einen netten Jungen, er wohnt auf der gleichen Etage im Wohnheim und wie sind schon ein paar mal miteinander ausgegangen. Ich denke das daraus was werden kann", schwärmte sie von ihrer College-Bekanntschaft.

"Das freut mich sehr für dich. Mit Steven läuft es auch super. Morgen ist leider unser letzter Ferientag und da haben wir viel vor", berichtete ich ihr. Man konnte die Freude in meinem Gesicht förmlich ablesen. "Dann wünsche ich euch beiden viel Spaß. Lasst es krachen. Ich muss mich jetzt leider verabschieden. Ist schon spät und ich muss morgen früh raus. Gute Nacht. Hab dich lieb", verabschiedete sie sich von mir. "Ich dich auch", ich winkte ihr noch einmal zu und wünschte ihr süße Träume bevor ich mich aus dem Laptop ausloggte und nach oben zu Steven ins Bett ging. Es tat mir gut ab und zu mit meiner Schwester zu telefonieren. Sie fand immer die richtigen Worte um mich aufzuheitern.

Nachdem ich mir die Zähne geputzt und in meinen Schlafanzug geschlüpft war, legte ich mich zu Steven welcher bereits im Bett lag. Ich legte meinen Arm um ihn. Er war verdächtig still. Er war komplett in seine Decke eingewickelt und gab keinen Laut von sich. "Stevie? Alles Okay?", fragte ich besorgt. Normalerweise fiel er immer über mich her wenn wir alleine waren. Vielleicht wollte er mich auch einfach nur provozieren. Ich küsste die Stille wo ich glaubte, dass sein Kopf war und bekam nur leises schnaufen von ihm." Nanu? Versuchst du jetzt mich so rumzukriegen? Interessant", sagte ich und kuschelte mich an seinen Körper. Ich schloss meine Augen und spürte, wie er mir durchs Gesicht schleckte. Ungewöhnlich für Steven aber er schien richtig heiß auf ein bisschen Zweisamkeit zu sein. "Schatz, du bist ja heute richtig wild", grinste ich und wollte gerade die Decke hochziehen und mich zu ihm gesellen als ich plötzlich seine Stimme hörte.

Feel the Summer Rain Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt