Von Schlafmangel, alten Ehepaaren und Dner

5.2K 311 33
                                    

Auch nachdem Simon längst verschwunden war, stand ich immer noch im Treppenhaus und ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen.
Felix schlief nicht, damit er Videos schneiden konnte. Und dafür hatte er nachmittags keine Zeit, da er fast den kompletten Tag mit mir verbrachte.

Also wenn Simon mir ein schlechtes Gewissen machen wollte, hatte er es super geschafft.

Ich hatte Felix nie darum gebeten, mir seine gesamte Zeit zu opfern. Natürlich war es schön gewesen, aber ich wollte doch nicht, dass es so ausartet. Wieso machte er sowas überhaupt? Wenn ich meinen Schlaf nicht bekam, war ich immer total knatschig und wenn man mich dann auch noch ansprach, bracht wahrscheinlich ein Weltkrieg aus. Und er tat sich das freiwillig an? Ich verstand ihn nicht.

Missmutig und komplett in Gedanken versunken, ging ich wieder hoch zu Felix. An der Tür wartete ich einen Augenblick, ehe er mir die Tür öffnete. Seine Augen wurden riesig, als er mich sah.

„Hey.“, sagte er glücklich und zog mich in seine Arme. „Hats geschmeckt?“

„Jap.“, erwiderte ich als er mich losließ. „Hast du wirklich keinen Hunger. Das Frühstück ist immerhin schon 6 Stunden her.“

„Nein. Alles okay.“, antwortete Felix. „Vielleicht gehe ich gleich kurz zu KFC.“

„Wie weit bist du mitm Schneiden?“, fragte ich als ich ihm zurück ins Wohnzimmer folgte.
Der PC war immer noch an und der Fernseher lief ebenfalls.

„Fast fertig.“, sagte er und setzte sich in den Drehstuhl. Dann klopfte er auf seine Oberschenkel.

Ich setzte mich auf seine Beine und er drehte sich wieder zum Bildschirm. Er zeigte mir einige Auschnitte aus einem fertig geschnittenen Minecraft Projekt und dann noch einige Stellen aus einer Gta-Online Folge die er mit irgendeinem Malte gedreht hatte.

Als er neben meinem Ohr leise gähnte, fiel mir wieder ein, was Simon vorhin angesprochen hatte und ich beschloss kurzerhand in darauf anzusprechen.

„Warum schläfst du nicht mehr?“, fragte ich grade heraus.

„Ich…schlafe doch.“, sagte er nach einer etwas längeren Pause. Seine Stirn zog sich in Falten.

„Simon meinte, dass du immer bis tief in die Nacht am Schneiden bist, weil du am Tag dafür keine Zeit hast, weil ich da bin.“

„Das ist doch gar nicht wahr.“, konterte er wütend. „Und selbst wenn…Das ist meine Sache.“

„Hör auf mit dieser Scheiße.“, sagte ich und stieß uns vom Tisch ab. Seine Füße schleiften über den Boden, ehe er uns abbremste.
Er hielt mich auf seinem Schoß fest, während ich verzweifelt versuchte aufzustehen.

„Kyra.“, sagte er vorsichtig und unheimlich sanft.

„Kein Kyra! Wenn du mir gesagt hättest, dass du Zeit für dich brauchst, dann hätt ich dich doch in Ruhe gelassen!“

„Aber das wollte ich ja eben nicht.“, bemerkte Felix. „Schlaf ist schon fast Luxus für mich. Ich bin daran gewöhnt.“

„Das solltest du aber nicht sein.“, antwortete ich harsch.

Felix ließ seine Arme etwas lockerer, hielt mich aber weiterhin fest.  Er legte den Kopf auf meine Schulter und atmete leise. Er war wirklich erschöpft und hatte keine Lust auf eine Diskussion. Ich auch nicht. Ich begriff sowieso nicht, warum Dner und ich uns so oft stritten. Wie so ein altes Ehepaar.

„Ich bin bald weg, Kyra.“, sagte er schließlich leise. „Ich bin für ne ziemlich lange Zeit unterwegs.“

Meine Augen weiteten sich und mein Mund klappte auf: „Was? Wie lange?“

„Zwei Wochen.“, antwortete er.

Seine Stimme war ruhig, aber man hörte ganz klar, dass er traurig und enttäuscht war.

„Zwei Wochen?“, fragte ich verwirrt. „Wo bist du?“

„Ich mache mit ein paar Leuten nen Roadtrip durch ein paar Städte auf in Europa.“, erklärte er mir. „Unter Anderem mit Taddl, Ardy und Izzi.“

Ich wusste nicht was ich sagen sollte.

„Mir war klar, dass wir nicht mehr viel Zeit zusammen haben; wir fahren schon Freitag.“, sagte Felix bedrückt. „Da war es mir halt wichtiger dich zu sehen, als zu schlafen.“

„Freitag?“, sagte ich entsetzt.

Es war bereits Mittwoch.[A.N.: Ich hab leider überhaupt keine Ahnung was für ein Wochentag in der Geschichte grade ist. :O] Wir hatten also so gut wie überhaupt keine Zeit mehr zusammen. Bald würde ich ihn zwei Wochen nicht sehen. Zwei Wochen fehlte der Hauptcharakter in meinem Leben. Der wichtigste Mensch in Köln.

Ich ließ meinen Kopf sinken, bettete in auf seinen weichen Haaren und atmete verzweifelt aus.

„Hast du unterwegs Internet?“, fragte ich schließlich.

„Natürlich. Ich muss schließlich Vlogs und sowas hochladen.“, entgegnete er und hob seinen Kopf um mir in die Augen sehen zu können. „Außerdem wird ich dir schreiben und dich anrufen.“

Auch wenn mir eigentlich überhaupt nicht nach Lachen zumute war, kicherte ich.

„Fühlt sich an, als würde man uns für Jahre trennen.“, sagte Felix und strich mir düber das Haar.

„Fernbeziehungen funktionieren leider nicht. Ich glaub ich muss mich von dir trennen.“, scherzte ich.

Er zog einen Schmollmund: „Waaaaaas?“

Ich fuhr ihm mit einer Hand leicht durch die Haare und wuschelte sie dann durch.

Der Streit von vorhin war wie vergessen. Auch wenn die Stimmung jetzt drückend und traurig war, war es immer noch besser als sich zu streiten.

Schließlich nahm ich seine Hände von meinem Körper und stand auf: „Du schneidest jetzt zu Ende und dann gehen wir zu KFC, Deal?“

Felix nickte mir zu und rollte dann wieder auf seinen PC zu. Ich hingegen setzte mich auf die Couch und zappte durch die Kanäle. Bei Mitten im Leben blieb ich schließlich hängen und ließ mich von dem Bildungsfernsehen berauschen. Ja genau. Fast hätte ich es selbst geglaubt.

Dner brauchte wirklich nicht lange bis er fertig war. Eher als vermutet, umarmte er mich von hinten über die Sofalehne hinweg und erschrack mich damit heftig.

„Von einer Studentin erwarte ich mehr als Assi-Tv!“, sagte er und schaltete den Fernseher aus.

„Ich war heute nicht in der Uni. Da ist das wohl einmal erlaubt!“, bemerkte ich und ging um die Couch auf ihn zu.

„Wollen wir los?“, fragte er.

„Mhmh.“, machte ich.

Felix ging durch den Flur und ich ihm hinterher. Rasch zogen wir unsere Schuhe an und hatten dann auch bereits das Haus verlassen.

Fast als wäre es selbstverständlich griff Felix wieder nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger.

„Daran wird ich mich glaub ich nie gewöhnen.“, sagte er und strich über meinen Handrücken.

Ich zog ihn enger an mich und grinste wie ein Honigkuchenpferd.

Die Wirkung, die er auf mich hatte, überraschte mich am Meisten.

Ich war noch nie so glücklich wie in seiner Anwesenheit.

Komisches Gefühl.

Aber anscheinend dachte Felix das Gleiche, denn er lächelte durchgehend. 

Kein Ding fürn King (Dner FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt