(Un)Passend (1)

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"Oh Mom, was hast du getan?" Ich sitze auf einem super bequemen Bett in einem wirklich hübschen Zimmer mit männlichem Ambiente, was man in Hotels normalerweise nicht findet. Die sind immer entweder sehr neutral eingerichtet oder haben diesen weiblichen Touch den ich nicht mag. Die Sonne scheint durchs Fenster herein und wärmt meine Haut und statt Autolärm hört man hier tatsächlich Vögel singen. Wunderschön? Auf jeden Fall. Ob ich mich auf so einen Urlaub gefreut habe? Aber sowas von! Worüber ich mich also beschwere?

Nun, über das, was ich nicht wusste und erst erfuhr, als ich hier ankam und zusammen mit meinem Zimmerschlüssel eine Akte übergeben bekam. So einen edlen Schnellhefter mit der Aufschrift: „Dein Date der Woche!" Unglaublich. "Ich hab da ein spezielles Angebot gefunden dass ich gerne für dich buchen und dir als Jahresgeschenk überreichen würde. kannst du mir vertrauen und hier blind unterschreiben?" Oh Mom, wie konntest du mein Vertrauen so missbrauchen? Ja, ja ich weiß, sie meint es nur gut mit mir und ich bin ihr nicht wirklich böse. Das Geschenk ist toll und ich werde trotzdem eine wunderbare Urlaubswoche in einem wunderschönen Resort in Amerika verbringen. Niemand kann mich zu diesem Date zwingen, richtig?

Ihr wollt wissen, was ein Jahresgeschenk ist? Nun wir haben nur uns, meine Mom und ich, und das Thema Schenken war irgendwie immer eine große Sache, stresste uns beide aber auch immer mehr. Bis wir uns irgendwann zusammengesetzt und darüber gesprochen haben. Jetzt schenken wir uns jeder nur noch einmal im Jahr etwas und auch nicht zu einem festgelegten Datum. Das nimmt uns den Stress beim Kaufen und gibt uns jedes mal besondere Freude, wenn wir uns überraschen. Nur dass dieses Geschenk jetzt ein von einer "Gayting Agentur" vorgeschlagenes Date beinhaltet, bei der ich wohl seit neuestem Mitglied bin.

Zu gerne würde ich wissen, welche Infos meine Mutter diesem Mister Abercromby gegeben hat, aber meine eigene Akte werde ich wohl nicht bekommen. Also bleibt mir nur, diese hier zu lesen und zu prüfen, ob es wirklich Übereinstimmungen gibt. Vorsichtig, als könnte ich mich daran verletzen, öffne ich sie und blättere das Willkommen-Deckblatt um. Das Foto eines Mannes, nur Gesicht und Oberkörper, springt mich an und ich weiß sofort, das Date ist zum Scheitern verurteilt. Denn ehrlich, dieser Lester de Redvers, wie mir die Überschrift verrät, ist ein Traum.

Eine Mischung aus einem Titelbild-Model der Men's Health und einem Playboy. Dunkelblonde Haare in einer verwegenen Undercut-Frisur so perfekt gestylt dass das Deckhaar natürlich verstrubbelt wirkt. Leuchtend blaue Augen, symmetrisches, kantiges Gesicht das von dunklen Bartstoppeln aufgeweicht wird, Muskeln, die sich unter dem eng anliegenden, dunklen T-Shirt mit einem stylischen, offenen Hemd darüber deutlich abzeichnen, braungebrannt und mit einem Siegerlächeln, das strahlend weiße Zähne offenbart die von wunderschön geschwungenen Lippen umrahmt werden.

Nein, wirklich, an seinem Aussehen gibt es nichts auszusetzen. Die Welt in der jemand wie er jemanden wie mich auch nur bemerken wird, muss allerdings erst noch erfunden werden. Ich lese mir die Akte trotzdem genau durch, nur um zu sehen, wieso in alles in der Welt jemand auf die Idee kommt, wir zwei könnten passen. Überraschend stelle ich fest, dass er tatsächlich einiges mit mir gemeinsam hat. Also wenn das alles der Wahrheit entspricht ist es echt schade.

Wieso ich es nicht einfach versuche? Oh ihr kennt mich noch nicht. Ich werde es mit Sicherheit nicht boykottieren und für alles offen sein. Aber meine Erfahrungen, und mit 26 hab ich bereits einige gemacht, haben mich gelehrt nicht aufs falsche Pferd zu setzen. Und auch wenn ich optisch nun mal nicht Mister Lover Lover bin, so bin ich doch selbstbewusst genug um zu wissen, dass ich eine gute Partie für den richtigen Mann sein werde.

Ich habe lediglich keine Lust, mich bis dahin mit den vielen Falschen abzugeben, die einem über den Weg laufen. Da bleibe ich lieber alleine. Und ein gutes Aussehen macht noch keinen guten Mann. Im Gegenteil, wem das Aussehen so wichtig ist, dass er mich deshalb ablehnt, hat mich nicht verdient. Außerdem brauche ich jemanden an meiner Seite der meine Interessen teilt und niemanden, der die meiste Zeit vor dem Spiegel verbringt nur um so auszusehen, als bräuchte er keinen.

Resort de la Pheya 7 - GaytingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt