L U N A
Es war, als hätte jemand ein Licht in meinem Gehirn angeknipst.
„Ron. Harry", keuchte ich, „das ist es. Das ist die Antwort. Das Monster in der Kammer ist ein Basilisk - eine Riesenschlange! Darum hat Harry überall diese Stimme gehört und niemand sonst. Weil er nämlich Parsel versteht..."
Ich blickte auf die Betten um uns her.
„Der Basilisk tötet Menschen indem er sie ansieht. Aber keiner ist gestorben - weil keiner ihm direkt ins Auge geschaut hat. Colin hat ihn durch seine Kamera gesehen. Der Basilisk hat den Film darin völlig verbannt, aber Colin wurde nur versteinert. Justin... Justin muss den Basilisken durch den Fast Kopflosen Nick gesehen haben! Nick hat alles abbekommen, aber er konnte ja nicht noch mal sterben... und neben Mine und der Vertrauensschülerin der Ravenclaws wurde ein Spiegel gefunden. Mine hatte gerade erkannt, dass das Monster ein Basilisk ist. Ich wette jederzeit mit euch, sie hat den ersten Menschen, den sie traf, gewarnt und gesagt, es sei besser, erst mit einem Spiegel um die Ecken zu sehen! Und dieses Mädchen hat ihren Spiegel herausgeholt - und -"
Ron's und Harry's Unterkiefer waren heruntergeklappt.
„Und Mrs. Norris?", flüsterte er beschwörend.
Ich dachte angestrengt nach und stellte mir vor, was in jener Halloween-Nacht geschehen war.
„Das Wasser...", sagte ich langsam. „Diese Überschwemmung aus dem Klo der Maulenden Myrte. Ich wette, Mrs. Norris hat nur die Spiegelung gesehen..."
Aufgeregt überflog ich das Blatt in meiner Hand.
Je länger ich es ansah, desto mehr verstand ich.
„...den Krähen des Hahns, das tödlich für ihn ist!", las ich laut vor. „Hagrid's Hähne wurden umgebracht! Der Erbe Slytherins wollte keinen in der Nähe des Schlosses haben, wenn die Kammer geöffnet war! Spinnen fliehen vor dem Basilisken! Alles passt zusammen!"
„Aber wie ist der Basilisk im Schloss herumgekommen?", fragte Ron. „Eine große, hässliche Schlange... jemand hätte sie sehen müssen..."
Doch ich deutete auf das Wort, das Mine unten auf die Seite gekritzelt hatte.
„Rohre.", sagte ich. „Rohre... Ron, es hat die Rohrleitung benutzt. Harry hat diese Stimme aus den Wänden gehört..."
Ron packte jäh Harry's Arm.
„Der Eingang zur Kammes des Schreckens!", sagte er mit rauer Stimme. „Was ist, wenn es ein Klo ist? Was ist, wenn es im -"
„ - Klo der Maulenden Myrte ist.", sagte Harry.
Da saßen wir, ganz überwältig von unserer Entdeckung und konnten es kaum glauben.
„Das heißt, ich kann nicht der einzige Parselmund in der Schule sein.", sagte Harry. „Der Erbe Slytherins ist auch einer. Damit hat er den Basilisken im Griff."
„Was tun wir jetzt?", fragte Ron mit blitzenden Augen. „Sollen wir einfach zu McGonagall gehen?"
„Gehen wir ins Lehrerzimmer.", sagte Harry und sprang auf. „In zehn Minuten ist sie dort, es ist gleich Pause."
Wir rannten nach unten.
Da wir nicht schon wieder entdeckt werden wollen, wie wir in einem Korridor herumlungerten, gingen wir geradewegs in das verlassene Lehrerzimmer.
Es war ein großes getäfelter Raum voll dunkler Holzstühle.
Harry, Ron und ich liegen darin umher, zu aufgeregt, um uns zu setzen.
Doch die Pausenglocke läutete nicht.
Stattdessen hallte, magisch verstärkt, die Stimme von Professor McGonagall durch die Gänge.
„Die Schüler kehren sofort in ihre Schlafsäle zurück. Die Lehrer versammeln sich im Lehrerzimmer. Unverzüglich, bitte."
Harry wirbelte herum und starrte Ron und mich an.
„Nicht schon wieder ein Angriff! Nicht jetzt!"
„Was sollen wir tun?", fragte Ron entgeistert.
„In den Schlafsaal gehen?", fragte ich.
„Nein.", sagte Harry und blickte sich um.
Zu seiner rechten stand ein hässlicher Kleiderschrank voller Lehrerumhänge.
„Darein. Hören wir erst mal, was eigentlich los ist. Dann können wir Ihnen sagen, was wir herausgefunden haben."
Wir versteckten uns im Schrank, lauschten dem Getrappel von hunderten von Schülern über unseren Köpfen und hörten dann, wie die Lehrerzimmertür aufging.
Zwischen den muffigen Umhängen sahen wir einen Lehrer nach dem andern in den Raum kommen.
Manche sagen verwirrt aus, andere gaben sich keine Mühe, ihre Angst zu verbergen.
Dann kam Professor McGonagall herein.
„Es ist passiert.", erklärte sie den stumm vor ihr Versammelten. „Das Monster hat einen Schüler entführt. Und zwar in die Kammer."
Professor Flitwick stieß einen spitzen Schrei aus.
Professor Sprout schlug sich die Hände auf den Mund.
Snape umklammerte eine Stuhllehne und fragte:
„Woher wissen Sie das so genau?"
„Der Erbe Slytherins.", sagte Professor McGonagall, nun ganz weiß im Gesicht, „hat eine weitere Botschaft hinterlassen. Direkt unter der ersten. »Ihr Skelett wird für immer in der Kammer liegen.«"
Professor Flitwick brach in Tränen aus.
„Wer ist es?", fragte Madam Hooch, die mit weiche Knien auf einen Stuhl gesunken war. „Welche Schülerin?"
„Ginny Weasley.", antwortete Professor McGonagall.
Harry und ich spürten, wie Ron neben uns stumm auf den Schrankboden sank.
„Wir werden morgen alle Schüler nach Hause schicken müssen.", sagte Professor McGonagall. „Das ist das Ende von Hogwarts. Dumbledore hat immer gesagt..."
Wieder ging die Lehrerzimmertür auf.
Einen erregten Moment lang war ich mir sicher, es sei Dumbledore.
Doch es war Lockhart und er strahlte.
„Tut mir ja so Leid - bin eingedöst - was hab ich verpasst?"
Er schien nicht zu bemerken, dass die anderen Lehrer ihn mit einem Ausdruck anstarrten, der deutlich an Hass erinnerte.
Snape trat vor.
„Genau der Richtige.", sagte er. „Der richtige Mann. Das Monster hat ein Mädchen entführt, Lockhart. Hat sie in die Kammer des Schreckens gebracht. Ihre Stunde ist nun endlich gekommen."
Lockhart schreckte zurück.
„Das stimmt, Gilderoy", warf Professor Sprout ein, „haben Sie nicht erst gestern Abend gesagt, Sie hätten immer gewusst, wo der Eingang zur Kammer des Schreckens ist?"
„Ich - nun, ich -", stammelte Lockhart.
„Ja, haben Sie mir nicht gesagt, Sie wüssten sicher, was in der Kammer verborgen ist?", piepste Professor Flitwick.
„Hab - hab ich? Kann mich nicht erinnern -"
„Ich weiß nicht genau, wie Sie gesagt haben, es sei schade, dass Sie es nicht mit dem Monster aufnehmen durften, bevor Hagrid verhaftet wurde.", sagte Snape. „Sagen Sie nicht, die ganze Sache sei stümperhaft angegangen worden und dass man Ihnen von Anfang an hätte freie Hand lassen sollen?"
Lockhart starrte in die versteinerten Gesichter seiner Kollegen.
Die haben den fertig gemacht!
„Wir überlassen es also Ihnen, Gilderoy.", sagte Professor McGonagall. „Heute Nacht ist die beste Zeit dafür. Wir sorgen dafür, dass Ihnen niemand in die Quere kommt. Sie können es dann ganz allein mit dem Monster aufnehmen. Endlich freie Hand für Sie."
Lockhart blickte verzweifelt in die Runde, doch keiner kam ihm zu Hilfe.
Er sah jetzt nicht im Entferntesten mehr hübsch aus.
Seine Lippen zitterten und ohne sein übliches zähneblitzendes Grinsen sah er schlafwangig und gebrechlich aus.
„N... nun gut.", sagte er. „Ich geh in mein Büro und - bereite mich vor."
Und er ging hinaus.
„Schön.", sagte Professor McGonagall mit geblähten Nasenflügeln, „jetzt haben wir ihn aus dem Weg. Die Hauslehrer sollten nun gehen und ihren Schülern mitteilen, was geschehen ist. Sagen Sie ihnen, der Hogwarts-Express wird sie gleich morgen früh nach Hause bringen. Und ich bitte die anderen, sich zu vergewissern, dass kein Schüler mehr außerhalb der Schlafsäle geblieben ist."
Die Lehrer erhoben sich und gingen einer nach dem andern hinaus.
Es war wohl der schlimmste Tag in meinem ganzen Leben.
Obwohl, da gab es noch einen andern, aber egal...
Harry, Ron, Fred, George und ich saßen zusammen in einer Ecke des Gemeinschaftsraums und brachten kein Wort heraus.
Percy war nicht da.
Er war weggegangen, um Arthur und Molly eine Eule zu schicken, und hatte sich dann in seinem Zimmer eingeschlossen.
Kein Nachmittag hatte je so lange gedauert wie dieser und nie war es in Gryffindor-Turm so voll und zugleich so still gewesen.
Bei Sonnenuntergang gingen Fred und George, die nicht mehr länger herumsitzen konnten, nach oben und zu Bett.
„Sie wusste etwas, Harry, Luna.", sagte Ron und sprach damit zum ersten Mal, seit wir uns im Lehrerschrank versteckt hatten. „Deshalb wurde sie entführt. Es war nicht irgendein Blödsinn mit Percy. Sie hat etwas über die Kammer des Schreckens herausgefunden. Das muss der Grund sein, weshalb sie -", Ron rieb sich fieberhaft die trockenen Augen.
„Ich meine, sie hat reines Blut. Es kann keinen anderen Grund geben."
Blutrot sah ich am Horizont die Sonne untergehen.
So schlecht hatte ich mich noch nie gefühlt.
„Harry, Luna.", sagte Ron. „Glaubt ihr, es könnte vielleicht doch sein, dass sie nicht - ihr wisst schon -"
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Ginny noch am Leben war und dass trieb mir direkt Tränen in die Augen.
„Wisst ihr was?", fragte Ron. „Ich glaube, wir sollten zu Lockhart gehen. Ihm sagen, was wir wissen. Er wird versuchen, in die Kammer zu kommen. Wir können ihm sagen, wie wir glauben, dass sie ist, und dass ein Basilisk dort drinsteckt."
Oh man, dass in Lockhart's Büchern ist doch alles nur Fantasie.
Aber gut...
Weil mir nichts besseres einfiel und ich auch etwas tun wollte, stimmte ich zu und Harry auch.
Die Gryffindors um uns her waren so niedergeschlagen und die Weasley's taten ihnen so Leid, dass keiner versuchte uns aufzuhalten, als wir aufstanden, den Raum durchquerten und durch das Porträtloch stiegen.
Dunkelheit fiel über das Schloss, während wir zu Lockhart's Büro hinuntergingen.
Drinnen schien einiges los zu sein.
Wir konnten Schleifen und Poltern und eilige Schritte hören.
Harry klopfte und hinter der Tür würde es jäh still.
Dann öffnete sie sich einen winzigen Spaltbreit und wir sahen ein Auge Lockhart's.
„Oh - Mr. Potter - Mr. Weasley - Miss
Black -"sagte er und öffnete die Tür einen Daumenbreit weiter. „Ich bin im Augenblick sehr beschäftigt - wenn Sie sich beeilen würden -"
„Professor, wir haben Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.", erklärte Harry. „Wir glauben, es wird Ihnen helfen."
„Ähm - nun - es ist nicht unbedingt -"
Die Seite von Lockhart's Gesicht, die wir sehen konnten, sah sehr verlegen aus.
„Ich meine - nun - also gut -"
Er öffnete die Tür und wir traten ein.
Sein Büro war fast ganz ausgeräumt.
Zwei große Schrankkoffer standen aufgeklappt auf den Boden.
Umhänge, jadegrün, lila, mitternachtsblau, waren in alles Hast in den einen gepackt worden, Bücher stapelten sich kreuz und quer im anderen.
Die Fotos, die die Wände bedeckt hatten, lagen in Kisten gestopft auf dem Schreibtisch.
„Gehen Sie etwa fort?", fragte Harry.
„Ähm, nun, ja.", sagte Lockhart, riss ein lebensgroßes Poster seiner selbst von der Tür und fing an, es aufzurollen. „Dringender Ruf - unvermeidlich - muss gehen -"
„Was ist mit meiner Schwester?", stieß Ron hervor.
„Nun, was das angeht - unglückliche
Sache -", sagte Lockhart und mied unseren Blick, während er eine Schublade herauszog und deren Inhalt in eine Tasche kippte. „Keiner bedauert das mehr als ich -"
„Sie sind der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste!", sagte ich. „Sie können doch jetzt nicht gehen! Bei all den dunklen Machenschaften hier!"
„Nun, ich muss sagen, als ich die Stelle übernahm -" murmelte Lockhart und häufte jetzt Socken auf seine Umhänge, „nichts davon in der Stellenbeschreibung - hab nicht erwartet -"
„Wollen Sie sagen, Sie hauen ab?", fragte Harry ungläubig. „Nach all dem, was Sie in Ihren Büchern tun -"
„Bücher können irreführen.", sagte Lockhart behutsam.
„Sie haben sie selbst geschrieben.", rief Harry.
„Mein lieber Junge.", sagte Lockhart, richtete sich auf und sah Harry stirnrunzelnd an. „Benutzen Sie doch Ihren gesunden Menschenverstand. Meine Bücher hätten sich nicht halb so gut verkauft, wenn die Leute nicht glauben würden, ich hätte das alles getan. Keiner will etwas über einen hässlichen alten armenischen Zauberer lesen, auch wenn er ein Dorf vor den Werwölfen gerettet hat. Auf dem Umschlag würde er fürchterlich aussehen. Keinen Schimmer, wie man sich gut anzieht. Und die Hexe, die die Todesfee von Bandon verbannt hat, hatte eine Hasenscharte. Na hören Sie mal -"
„Also haben Sie einfach den Ruhm für das eingeheimst, was andere Leute getan haben?", fragte Harry ungläubig.
„Harry, Harry.", sagte Lockhart, ungeduldig den Kopf schüttelnd. „Gar so einfach ist es nicht. Es hat Arbeit gekostet. Ich musste diese Leute aufspüren. Sie fragen, wie sie es genau gemacht haben. Dann musste ich sie mit einem Vergessenszauber belegen, so dass sie sich nicht daran erinnern würden. Wenn es etwas gibt, auf das ist stolz bin, dann sind es meine Vergessenszauber. Nein, es war eine menge Arbeit, Harry. Es reicht nicht, Bücher zu signieren und Fotos in den Zeitungen zu haben, müssen Sie wissen. Wenn Sie Ruhm wollen, müssen Sie sich auf eine ziemliche Schinderei vorbereiten."
Er schlug die Kofferdeckel zu und verschloss sie.
„Mal sehen.", sagte er. „Ich glaube, ich hab alles. Ja. Nur noch eins."
Er zückte seinen Zauberstab und drehte sich zu uns herum.
„Tut mir furchtbar Leid, Kinder, aber ich muss euch jetzt mit einem Vergessenszauber belegen. Kann es nicht brauchen, wenn ihr all meine Geheimnisse ausplaudert. Ich würde kein Buch mehr verkaufen -"
Ich kam noch rechtzeitig an meinen Zauberstab.
Lockhart wollte gerade seinen heben, als ich rief: „Expelliarmus!"
Lockhart flog nach hinten und fiel rücklings über seinen Koffer.
Sein Zauberstab wirbelte durch die Luft; Ron fing ihn auf und warf ihn aus dem offenen Fenster.
„Den hätten Sie uns von Professor Snape nicht zeigen lassen dürfen.", sagte ich wütend.
Ich stieß Lockhart's Koffer zur Seite.
Lockhart, der nun wieder schlaff wirkte, sah zu mir hoch.
Ich hatte den Zauberstab immer noch auf ihn gerichtet.
„Was haben Sie vor?", fragte Lockhart mit matter Stimme. „Ich weiß nicht, wo die Kammer des Schreckens ist. Ich kann nichts tun."
„Sie haben Glück.", sagte Harry und ich zwang Lockhart mit vorgehaltenem Zauberstab aufzustehen. „Wir glauben zu wissen, wo sie ist. Und was drin ist. Gehen wir."
Lockhart vor sich herschiebend verließen wir das Büro und gingen die nächste Treppe hinunter, den dunklen Korridor entlang, wo die Botschaften an den Wänden leuchteten, bis zur Klotür der Maulenden Myrte.
Wir schickten Lockhart als Ersten hinein.
Ich sah belustigt, dass er zitterte.
Was ist das nur für ein Angsthase?!
Die Maulende Myrte saß auf der Kloschüssel in der letzen Kabine.
„Oh, du bist es.", sagte sie, als sie Harry erkannte. „Was willst du diesmal?"
„Dich fragen, wie du gestorben bist.", sagte Harry.
Schlagartig änderte sich Myrte's ganzes Gebaren.
Sie sah aus, als ob ihr noch nie jemand eine so schmeichelhafte Frage gestellt hätte.
„Ooooh, das war schrecklich.", sagte sie genüsslich. „Es ist hier drin geschehen. Ich bin in dieser Kabine gestorben. Ich erinnere mich noch so gut daran. Ich versteckte mich, weil Olive Hornby mich wegen meiner Brille hänselte. Die Tür war verriegelt und ich weinte und dann hörte ich jemanden hereinkommen. Dann wurde etwas komisches gesagt. Eine andere Sprache muss es gewesen sein. Jedenfalls, was mich wirklich gewundert hat, was, dass ein Junge sprach. Also hab ich die Tür aufgemacht, um ihm zu sagen, er soll gefälligst verschwinden und sein eigenes Klo benutzen und dann -" Myrte schwoll an und ihr Gesicht glänzte „ - dann bin ich gestorben."
„Wie?", fragte Harry.
„Keine Ahnung.", sagte Myrte mit gedämpfter Stimme. „Ich weiß nur noch, dass ich ein Paar großer gelber Augen gesehen habe. Mein ganzer Körper wurde starr und dann bin ich davongeschwebt..."
Sie sah Harry traumverloren an.
„Und dann kam ich wieder zurück. Ich war entschlossen, mit Olive Hornby meinen Schabernack zu treiben. Oh, es tat ihr ja so Leid, dass sie jemals über meine Brille gelacht hatte."
„Wo genau hast du diese Augen gesehen?", fragte Harry.
„Irgendwo dort.", sie deutete auf das Waschbecken gegenüber.
Harry, Ron und ich stürzten darauf zu.
Lockhart hielt sich im Hintergrund, mit einem Ausdruck sprachlosen Entsetzens im Gesicht.
Es sah aus wie ein gewöhnliches Waschbecken.
Wir untersuchten jeden Zentimeter, innen und außen, und auch die Rohre darunter.
Und dann entdeckte ich: an der Seite eines der kupfernen Wasserhähne war eine winzige Schlange eingekratzt.
„Der Hahn hat nie funktioniert.", sagte Myrte munter, als wir ihn aufdrehen wollten.
„Harry.", sagte Ron. „Sag was. Etwas in der Parselsprache."
„Aber -" Harry schien fieberhaft zu überlegen.
Er starrte die einzige Gravur an.
„Mach auf.", sagte er.
Er sah Ron und mich an, ich schüttelte den Kopf.
„Noch mal.", sagte ich.
Harry blickte wieder auf die Schlange.
Dann plötzlich zischte er etwas und sofort glühte der Hahn strahlend hell und begann sich zu drehen - kurz darauf begann sich das Waschbecken zu bewegen.
Es versank gänzlich in der Wand und gab das Ende eines großen Rohres frei, breit genug, damit ein Mensch hindurchrutschen konnte.
„Ich geh da runter.", meinte Harry.
Er konnte jetzt nicht weggehen, nicht jetzt, da wir den Eingang zur Kammer gefunden hatten, nicht, wenn es auch nur den geringsten, unglaublichsten, verrücktesten Hoffnungsschimmer gab, dass Ginny noch lebte.
„Ich auch.", sagten Ron und ich gleichzeitig.
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
„Nun, Sie scheinen mich wohl kaum zu brauchen.", sagte Lockhart mit dem Schatten seiner alten Lächelns auf dem Gesicht. „Ich werde dann -"
Er griff zum Türknopf, doch Ron, Harry und ich richteten unsere Zauberstäbe auf ihn.
„Sie werden als Erster gehen.", knurrte ich.
Weiß im Gesicht und zauberstablos näherte sich Lockhart der Öffnung.
„Kinder.", sagte er mit schwacher Stimme. „Kinder, was nützt das?"
Harry stach ihm mit dem Zauberstab in den Rücken.
Lockhart steckte die Beine in das Rohr.
„Ich glaube wirklich nicht -", fing er an, doch Ron und ich gaben ihm einen Stoß und er schlitterte davon.
Harry folgte ihm rasch.
Er stieg ins Rohr hinein und ließ sich hinabgleiten.
Sofort rutschte ich Harry nach.
Es war, als rutschte ich eine endlose, schleimige, dunkle Rutschbahn hinab.
Ich sah andere Rohre in alle Richtungen abzweigen, doch keines war so dick wie das unseres, das in unendlich vielen Windungen steil abwärts lief und ich wusste, dass es tief hinabging unter die Schule, in tiefen weit unterhalb der Kerker.
Hinter mir konnte ich Ron hören, den es in den Biegungen anscheinend sacht gegen die Wände schlug.
Und dann, gerade als ich besorgt überlegte, wie ich auf dem Boden aufschlagen würde, bog sich das Rohr nach oben und lief aus.
Mit einen nassen Glubschen kullerte ich heraus und landete auf dem feuchten Boden eines dunklen Steintunnels, hoch genug um darin stehen zu können.
Harry half mir auf, ich trat zur Seite und hinter mir plumpste Ron aus dem Rohr.
„Wir müssen meilenweit unter der Schule sein.", sagte ich und meine Stimme hallte im dunklen Tunnel wider.
„Unter dem See wahrscheinlich.", sagte Ron und musterte die glitschigen Wände.
Wir vier drehten uns um und starrten in die Dunkelheit vor uns.
„Lumos!", murmelten Harry und ich durcheinander und mein Zauberstab begann wieder zu leuchten.
„Weiter geht's.", sagte Harry zu Ron, Lockhart und mir und wir gingen los, unsere Schritte klatschten laut auf dem nassen Boden.
Im Tunnel war es so dunkel, dass wir nur ein paar Meter weit sehen konnten.
Im Licht des Zauberstabs wirkten unsere Schatten an den Wänden wie Riesen.
„Nicht vergessen", sagte Harry, während wir vorsichtig weitergingen, „wenn sich irgendwas bewegt, gleich die Augen schließen..."
Doch der Tunnel war still wie ein Grab und das erste unerwartete Geräusch, das wir hörten, was ein lautes Knirschen, als Ron auf etwas trat, das sich als Rattenschädel herausstellte.
Ich richtete den Zauberstab auf den Boden und sah, dass er übersät war mit kleinen Tierknochen.
Angestrengt versuchte ich, den Gedanken zu vertreiben, wie Ginny wohl aussehen würde, wenn wir sie fänden, und Harry führte uns weiter durch eine dunkle Biegung des Tunnels.
„Harry - da oben ist etwas -", sagte Ron heißer und packte Harry's und meine Schulter.
Wir erstarrten und sahen nach oben.
Ich konnte den Umriss von etwas Riesigem und Rundem sehen, das quer im Tunnel lag.
Es bewegte sich nicht.
„Vielleicht schläft es.", flüsterte Harry mit einem Blick zurück auf uns drei.
Lockhart hatte die Hände auf die Augen gepresst.
Harry wandte sich wieder um und blickte zu den Wesen empor.
Sehr langsam, mit erhobenem Zauberstab, die Augen zu winzigen Schlitzen verengt, wie ich erkennen konnte, schlich Harry sich weiter vor.
Das Licht huschte über eine gigantische Schlangenhaut von leuchtend giftgrüner Farbe, die zusammengerollt und leer quer über den Tunnelboden lag.
Das Geschöpf, das sie abgeworfen hatte, musste mindestens sieben Meter lang sein.
„Ich fass es nicht.", sagte Ron matt.
Plötzlich bewegte sich etwas hinter uns.
Gilderoy Lockhart's Knie hatten nachgegeben.
„Stehen Sie auf.", sagte Ron scharf und richtete den Zauberstab auf Lockhart.
Ich trat etwas näher zu der Schlangenhaut.
Das Ding ist echt lang.
Man oh man!
Lockhart rappelte sich hoch - und dann hechtete er auf Ron zu und schlug ihn zu Boden.
Harry und ich sprangen vor, doch zu spät - Lockhart erhob sich keuchend, Ron's Zauberstab in der Hand und ein strahlendes Lächeln im Gesicht.
„Schluss mit lustig, Kinder!", sagte er. „Ich nehme ein Stück von dieser Haut nach oben und sag ihnen, es sei zu spät gewesen, um das Mädchen zu retten, und das ihr beide angesichts ihres zerfleischten Körpers tragischerweise den Verstand verloren hättet - sagt eurem Gedächtnis Adieu!"
Er hob Ron's zauberbandgeflickten Stab hoch über den Kopf und rief: „Amnesia!"
Der Zauberstab explodierte mit der Sprengkraft einer kleinen Bombe.
Harry und ich schlangen die Arme über unsere Köpfe und rannten los, stolperten über die Reste der Schlangenhaut und versuchten den großen Stücken Tunneldecke auszuweichen, die auf den Boden donnerten.
Einen Augenblick später waren wir allein und starrten auf eine undurchdringliche Wand aus herabgestürzten Felsstücken.
„Ron!", rief ich besorgt, „bist du okay? Ron!"
„Ich bin hier.", ertönte eine gedämpfte Stimme hinter dem Felseinbruch. „Ich bin okay - der Aufschneider allerdings nicht - der Zauberstab hat ihn umgerissen -"
Es gab einen dumpfen Schlag und ein lautes „Au!".
Es hörte sich an, als hätte Ron Lockhart soeben gegen das Schienbein getreten.
„Was jetzt?", ertönte Ron's verzweifelt klingende Stimme. „Wir kommen hier nicht durch - das dauert eine Ewigkeit..."
Harry und ich sahen zur Tunneldecke empor.
Gewaltige Risse waren jetzt zu sehen.
Ich hatte noch nie versucht, etwas so Riesiges wie diese Felsen entzweizuzaubern und dies schien nicht der richtige Moment, um es zu probieren - was, wenn der Tunnel einbrach?
Hinter den Felsen hörten wir einen weiteren Schlag und abermals ein „Au!".
Wir verschwendeten unsere Zeit.
Ginny war jetzt schon einige Stunden in der Kammer des Schreckens...
„Warte dort.", rief Harry Ron zu. „Warte mit Lockhart. Luna und ich gehen weiter... wenn wir in einer Stunde nicht zurück sind..."
Eine sehr gespannte Pause trat ein.
„Ich probier ein paar dieser Felsen wegzuschieben.", antwortete Ron, der offenbar versuchte seine Stimme ruhig klingen zu lassen. „So dass ihr - zurückkommt. Und, Luna, Harry -"
„Wir sehen uns gleich.", sagte ich und packte so viel Zuversicht in meine zitternde Stimme wie nur möglich.
Dann machten wir uns an der riesigen Schlangenhaut vorbei allein auf den Weg.
Bald hörten wir nur noch fern, wie Ron versuchte die Felsen wegzuschieben, und dann war es still.
In endlosen Biegungen wand sich der Tunnel fort.
Jeder Nerv in meinem Körper vibrierte unangenehm.
Ich wünscht, der Tunnel wäre zu Ende, doch mir graute davor, was ich dann finden würde.
Und dann, endlich, als wir um eine Biegung schlichen, sahen wir vor uns eine Wand, in die zwei ineinander geflochtene Schlangen eingemeißelt waren.
Ihre Augen waren große schimmernde Smaragde.
Mit ausgetrockneter Kehle traten Harry und ich näher.
Harry räusperte sich und die Smaragdaugen schienen aufzuflackern.
Harry zischte wieder irgendwas mit einem tiefen, schwachen Zischen.
Die Schlangen entflochten sich und in der Wand tat sich ein Spalt auf.
Die beiden Wandbehälften glitten sanft zur Seite und Harry und ich, von Kopf bis Fuß zitternd, traten ein.
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Luna Black 2 - Harry Potter
FanfictionFür Luna Black war das erste Jahr in Hogwarts voller unerwarteter Abenteuer - von der Einschulung bis hin zum legendären Stein der Weisen und dem erbitterten Kampf gegen Voldemort. Doch nun, im zweiten Schuljahr, erwartet sie eine ebenso aufregende...