Kapitel 10

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Lorana's Sicht

„Danke, dass du geblieben bist." sagte er abschließend, als der Höhepunkt abebbte und wir verschwitzt Hand in Hand nebeneinander lagen. Eomer sah mir fest in die Augen. „Ich liebe dich Lorana. Es fällt mir nicht leicht aber ich muss dich bitten zu gehen."

Ich küsste ihn innig, bevor ich mich ankleidete. „Ich liebe dich." Formte ich mit meinen Lippen, bevor ich hinausging und in mein eigenes Gemach. Schnell zog ich mir neue, saubere Kleider an. Das änderte jedoch nichts an meinem Gefühl beschmutzt zu sein.

Mein Weg führte mich zu den Hallen der Heiler – schauen wie ich helfen konnte und wie es Theodred inzwischen ging.

Eowyn saß schluchzend an dem Bett unserer Cousins, was nichts Gutes bedeutete. Behutsam legte ich einen Arm um die Schultern meiner traurigen Schwester. Eomer betrat kurze Zeit später das Zimmer, auch seine Miene änderte sich sofort beim Anblick des Sterbenden. Er setzte sich zwischen Eowyn und mich, legte seine Hand auf den Arm von Theodred und sprach sanfte Abschiedsworte. Der Hauptmann endete und blickte auffordernd mich an. „Verabschiede dich Lorana." forderte er sanft. Der Kloß in meinem Hals hinderte mich am Sprechen. „Schon gut ... Eowyn, möchtest du noch letzte Worte zum Abschied sagen?"

Sie fand die passenden Worte und würdigte den Prinzen auf die edelste Art und Weise, wie es sich gehört. Mit einem Kuss auf seine Stirn besiegelte die Schildmaid ihre Worte und verließ mit gesenktem Blick das Zimmer.

Eomer griff meine Hand. „Lass ihn wissen, dass du ihn gehen lässt. Verabschiede dich und erleichter seinen Weg in den Hallen unserer Vorfahren. Eine weitere Gelegenheit wirst du nicht bekommen fürchte ich."

Mein Herz schmerzte, als mir bewusst wurde, dass mein Bruder recht hatte. Meine Verbindung mit Theodred war nicht so stark, wie seine und Eowyn's, doch er war ein guter Mensch und stets freundlich zu mir.....

„Mein lieber Cousin, du hast tapfer gekämpft für das Wohl deines Volkes! Du warst mir immer ein Vorbild und ich bin mir sicher, auch für viele Andere. Du lebst in unserer Erinnerung weiter und wirst niemals vergessen! Lass die Last, den Kummer und Schmerz fallen. Erhebe dich ... steig auf zu einem besseren Ort. Gesell dich zu Tante und Onkel – unseren Eltern und deinen Vorfahren, die sehr stolz auf dich sein werden, denn sie wissen von deinen Heldentaten. Leb Wohl Theodred."

Meine Stimme wurde immer schluchzender von den ganzen Tränen die aus mir herausbrachen.

Eomer streichelte mir über den Rücken. „Das waren schöne Worte. Das würde jedem helfen, sich vom Schmerz zu befreien. Nun geh zu deiner Schwester – tröste sie, Eowyn braucht dich."

Ich erhob mich auf wackligen Beinen, trat an Theodred heran, beugte mich über ihn und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Seine Lippen bebten und er wurde noch blasser als ohnehin schon.

„Geh jetzt." Befahl der Hauptmann eindringlicher. Auch er wollte sich von seinem Freund, seinen Prinzen, seinen Cousin verabschieden - ungestört.

Verständnisvoll rauschte ich zur Tür. Bevor ich diese hinter mir schloss, riskierte ich noch einen letzten Blick auf den Sterbenden. Eomers Hand lag auf seiner Stirn und flüsterte dem Prinzen die Abschiedsworte ins Ohr. Der Hauptmann würde so lange an seiner Seite bleiben, bis er den letzten Atemzug tat. Eigentlich wäre das die Aufgabe vom König gewesen, doch Theoden in seinem Wahn vernahm nicht einmal, dass sein Sohn im Sterben lag.

„Lass mich und meine Schwester in Frieden Schlangenzunge!" kreischte Eowyn hysterisch. Eilig folgte ich den Stimmen und fand im Thronsaal meine aufgelöste Schwester und den Widerling Grima vor.

Ohne nachzudenken, stellte ich mich schützend vor meiner Schwester. „Du hast sie gehört! Zieht Eurer Wege! So weit weg, wie nur möglich wäre mir am liebsten." Zischte ich ihn an.

Grima packte mich an der Kehle und drückte mit mäßigem Druck zu. „So redest du nicht mit mir! Immerhin sollst du doch meine Frau werden! Ich werde dich lehren, mir zu gehorchen und dich mir zu unterwerfen, wie es sich für eine anständige Ehefrau gehört!"

Jemand riss Schlangenzunge von mir weg. Dabei zerkratzten die Fingernägel des Widerlings meinen Hals. Der Überraschungsmoment war auf der Seite des Angreifers von Schlangenzunge. Ich erkannte recht schnell, wer mein Retter war und atmete auf – ich war in Sicherheit.

„Nimm die Finger von meiner Schwester! Schlag dir den Wunsch aus dem Kopf eine von ihnen heiraten zu wollen! Sollte ich dich noch einmal in der Nähe von den beiden sehen, bringe ich dich um!"

Als ob das ein Stichwort war, nahmen die Königswachen den Hauptmann in die Mangel. Sie schlugen auf ihn ein, bis er am Boden lag. Meine verzweifelt geschrienen Befehle sofort aufzuhören, hielten sie nicht davon ab.

Grima nährte sich grinsend mit einem Stück Pergament in der Hand Eomer und hielt es ihm unter die Nase. Er verkündete laut, was draufstand:

„Der König wünscht euch nicht mehr am Hofe! Ihr seid verbannt Eomer – Eomunds Sohn. Kehrt ihr zurück, droht Euch der Tod!"

Mein Bruder wehrte sich emsig, um sich zu befreien, doch die Wachen waren in der Überzahl und gaben nicht nach. Er wurde vor das Tor der goldenen Halle gezerrt. Immerhin gab man ihm bis Sonnenuntergang Zeit, um mit seinen Habseligkeiten sich von Edoras zu entfernen.

Eilig folgte ich ihn zum Stall. „Ich komme mit dir." Sagte ich entschlossen. Er bugsierte gerade den Sattel auf sein Pferd, als er mich mitleidig anschaute. „Ich wünsche mir nichts sehnlicheres, als fernab von Edoras ein Leben mit dir! Ein Leben in der Fremde, wo man uns nicht kennt und wir als Mann und Frau leben könnten ... doch es herrscht Krieg Lorana. Einen solchen Ort wird es nicht geben – die Dunkelheit breitet sich in alle Ländereien aus, seien sie auch noch so abgelegen! Orks ziehen in Scharen durch das Land – Orks mit der weißen Hand Sarumans!" Das waren keine guten Nachrichten, denn das bedeutete, dass er recht hatte – ich konnte nicht mit ihm fliehen und ein gemeinsames Leben aufbauen. Er musste es mir ansehen, denn er nahm mich tröstend noch einmal fest in den Arm.

„Eowyn und du - ihr müsst zusammenhalten, egal was passiert! Wir werden uns wiedersehen, in diesem oder im nächsten Leben!"

Er konnte nicht weiterreden und musste mich aus der Umarmung frei geben, denn die Sonne ging unter und die Wachen betraten den Stall. „Hauptmann Eomer, ihr müsst nun gehen." Der Krieger der Sprach, ging auf ihn zu und überreichte Eomer seine Ausrüstung und Waffen. Der Störende verbeugte sich und zog sich zurück. Widerstrebend half ich Eomer mit der Rüstung.

Mein Bruder stand mir gegenüber in voller Montur und zum Aufbruch bereit. Er führte allerhand Waffen, Nahrung und Wasser bei sich. Er zog einen Dolch, fasste in mein Haar und durchtrennte eine Strähne. Eomer zog ein sauberes Tuch aus seiner Hosentasche, verstaute darin meine Strähne und packte das gefüllte Tuch in die Innentasche seines Leder Harnischs.

„Jetzt bist du immer bei mir." Flüsterte er, nahm mich noch einmal in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Bruderherz (Eomer FF (beendet))Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt