Kapitel 14

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Lorana's Sicht

Zwei Tage waren Talua und ich unterwegs, dann endlich zeigte sich die schöne Stadt Thal. Ganz aufgeregt wurde mir berichtet, wie sie nach der Schlacht um den Erebor wieder mit Hilfe der Zwerge aufgebaut wurde und von da an stetig wuchs. Sie selbst lebte dort von Geburt an und auch ihre Eltern waren sogenannte Einheimische. Sie lebten recht nah an dem Glockenturm und hatten einen herrlichen Blick über die Stadt, wovon ich mich selbst überzeugen konnte, da sie mich zu sich nach Hause mitnahm.

Ich wurde herzlich aufgenommen und man richtete mir das Bett von Talua her, die darauf bestand auf dem Boden zu schlafen.

„Es wird ja nun auch endlich mal Zeit zu heiraten Kind..." bemerkte der Vater mürrisch. Das schien ein wunder Punkt zu sein, denn plötzlich verstummten alle, die Mutter und jüngeren Geschwister.

„Er wird sich für mich entscheiden." Schrie meine Freundin hysterisch und verließ geräuschvoll das Haus. Betretenes Schweigen ... „Ich sehe mal nach ihr." Kommentierte ich, als ich mich erhob, um ihr zu folgen. Weit war sie nicht gekommen, sie saß auf den steinernen Stufen vor dem Haus.

„Erzähl mir alles." Bat ich sie, denn erfahrungsgemäß fühlte man sich danach deutlich besser.

Mit dem Rockzipfel trocknete sie ihr bildhübsches Gesicht und begann ihre Liebesgeschichte zu erzählen:

„Wir kennen uns schon seit wir Kinder waren. Man konnte uns nie trennen – wir waren eben unzertrennlich. Wir haben uns verliebt, doch das toleriert seine Familie nicht so ohne weiteres. Ich bin eine Tochter von Kaufleuten – zwar erfolgreichen Kaufleuten, dennoch keine Adligen... und er ist halt..." der sichtbare Kloß in ihrem Hals verhinderte das weiterreden.

Ohne sie zu bedrängen, strich ihr sanft über den Rücken. Talua legte ihren Kopf mit den langen braunen Haaren auf meine Schulter ab und atmete durch.

„Er ist der Prinz ... und wird eines Tages König. Er muss eine Frau in seinem Stand heiraten ... so will es das Gesetz." Sinnierte sie traurig.

„Gesetzte sind da, um gebrochen zu werden." Haute ich ganz unverhohlen raus. Ich hatte allen Grund die Gesetze zu hinterfragen ... immerhin hätten sie mich beinahe getötet – zu Unrecht, doch das hätte mich auch nicht wieder lebendig gemacht, wenn hinterher raus gekommen wäre, dass alles ein Irrtum war.

Talua lachte leise. „Und dennoch steht es nicht in unserer Macht, sie zu ändern." Leider hatte sie damit recht.

„Es gibt Möglichkeiten ... er könnte auf den Thron verzichten. Er könnte selbst das Gesetz ändern ... Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg." Meine Kämpfernatur erblühte bei diesem Thema. Es war schlichtweg ungerecht, sich die Liebe vom Gesetz vorbestimmen zu lassen.

Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Eomer und ich steckten iwahrscheinlich in der gleichen misslichen Lage. Er war der Thronfolger, wenn Theodred tot ist. Ich war ... ja was auch immer ich war – sicherlich keine Adlige, sonst hätte man mich nicht als Baby weggegeben.

Doch er sagte selbst einst... Wenn er König wäre, würde es keiner wagen, Gerüchte über uns zu streuen... das hieß zwar dass er mich liebte und mit mir zusammen sein wollte, doch das änderte nichts an mein ungutes Gefühl.

Doch viel mehr sorgte ich mich, dass er mich nicht mehr lieben würde ... dass er eine andere Frau und seine wahre große Liebe fand. Besser wäre es, ich würde von allen dem nichts mitbekommen ... Ich ertrug es schon früher kaum, ihn mit seinen Spielgefährtinnen zu sehen. Regelmäßig weinte ich mich dann in den Schlaf, weil es meinem Herzen so weh tat.

Letztendlich hatte ich keinen Einfluss auf die Zukunft im Moment und es waren so viele 'wenn' und 'aber' und 'hätte' in meinen Gedankengängen. Wild entschlossen im Jetzt zu leben und meiner Freundin zu helfen, schlug ich vor, dass wir uns zusammen mit dem Prinzen treffen sollten.

Talua freute sich so sehr über meinen Vorschlag, dass sie anfing überschwänglich zu berichten wir großartig Bard II doch sei und war für ein guter Mensch er war. Bard war kurz gesagt wohl eher kein Mann des Krieges, sondern verschrieb sich eher der Kunst und würdigte mehr das schöne an der Welt, was sie uns bot. Das klang für mich außergewöhnlich, mussten doch Prinzen eher Strategen sein und jegliche Kampfkunst beherrschen, um als Anführer ihr Land verteidigen zu können. Zudem war er das einzige Kind des Königs. Die Königin verhätschelte wohl den Prinzen, weil sie ihn beinahe bei der Geburt verloren hatte. Diese Königsfamilie hatte wahrlich eine unübliche Vergangenheit ... vielleicht waren sie gar nicht so abgeneigt eine bürgerliche Schwiegertochter in ihrem Kreis aufzunehmen. Das würden wir wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt herausfinden. Außerdem war mein Drang, meine eigene Vergangenheit aufzudecken deutlich größer. Ich musst beweise finden, mit denen ich nach Edoras zurückkehren konnte, wenn das Kind und der Krieg es zulässt....

„Talua, Lorana – kommt ins Haus. Das essen ist fertig und wir wollen uns vertragen. Kommt bitte rein." Ihr Vater war sehr sanftmütig und schlichtweg besorgt um die Zukunft seiner Tochter. Zugleich war er in alte Muster verstrickt, was Talua das Leben nicht unbedingt einfacher machte.

Die Gemüter beruhigten sich und so wurde der Abend noch vergnüglicher.

Ihre Mutter Ransia nahm sich Zeit und erklärte mir viel über die Schwangerschaft und was auf mich zukommen würde. Es klang manchmal etwas beängstigend, doch sie schaffte es immer wieder mich mit ihrer Zuversicht anzustecken. Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf die Rasselbande im Wohnraum.

„Ich habe 5 Kinder auf die Welt gebracht. Eine Geburt war anders als die Andere, doch ich war bei allen sofort verliebt, als ich sie auf dem Arm hielt und all die Anstrengungen waren vergessen. Tatsächlich hatte Talua, unsere Erstgeborene den größten Dickkopf... hat sie wohl von ihrem Vater. Ich hatte solche Angst bei ihr ... Doch die Amme war sehr sicher in ihrem Handeln und in dem Haus der Heilung lag eine weitere junge Frau neben mir, die auch gerade ihr erstes Kind entband. Wir hielten uns Gegenseitig Händchen und pressten unsere hübschen Mädchen raus. Das half wirklich sehr."

„Mutter verschreckt doch Lorana nicht... erwähne lieber, dass ich morgen Geburtstag habe und 27 werde. Ich wünsche mir einen Ausflug mit dir Lorana!" sagte sie freudestrahlend.

Verdutzt sah ich sie an. „Ich habe morgen auch Geburtstag und werde 27 ... Zufälle gibt's. Ich wünsche mir von dir, dass du mir einen See zeigst, in dem man baden kann... ich liebe das Wasser."

Wir beide lachten und freuten uns einfach auf den morgigen Tag. Doch Ransia war auf einmal ganz still. Ich wollte sie darauf ansprechen, kam aber nicht dazu – Talua und ihre Geschwister forderten meine ganze Aufmerksamkeit.

Bruderherz (Eomer FF (beendet))Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt