Eomer's Sicht
„Komm und setz dich." sagte sie im ruhigen Ton.
Das bedeutete nichts gutes. Sie wusste genau, wie ich auf schlechte Nachrichten reagierte – impulsiv und meist rannte ich wutentbrannt aus der Tür. Sie nahm meine Hand und hielt sie fest.
„Der König sorgt sich um unser Verhältnis zueinander. Er lässt heiratsfähige Männer und Frauen an den Hof kommen. Sobald wir aus Düsterwald zurück sind, wird das Spektakel beginnen. Wir sollen heiraten Eomer .... und ich bin einfach noch nicht bereit dazu!"
Sie war unendlich traurig, was auch meine Stimmung trübte. Ich zog sie auf meinen Schoß und hielt sie einfach nur fest. „Alles wird gut werden Schwesterlein – ich rede mit ihm. Ich bin auch noch nicht soweit. Jetzt am allerwenigsten ..."
Meine Schwester verstärkte den Druck ihrer Umarmung und presste ihren Kopf noch mehr an meine Brust. Ich mochte es sie so zu halten. Ich hatte das Gefühl etwas damit bewirken zu können, sie beschützen und alles Unheil von ihr abwenden zu können.
Mich durchfuhr ein wahnsinnig schönes und angenehmes Gefühl, was verschwand, sobald sich Lorana erhob und im Raum auf und ab lief.
„Ich will nicht, dass wir Zwangsverheiratet werden! Ich will einen Mann, der mich zum lachen bringt, der schlau ist und mir etwas beibringen kann. Mein Mann sollte ein gutes Herz haben, mich beschützen und auf Händen tragen. ... Mein Mann sollte ungefähr so sein wie du Eomer..."
Ich war über ihre tiefgründigen Worte verblüfft. Wir erzählten uns alles, aber das hörte ich zum ersten Mal von ihr.
„Es wäre schön, wenn meine Frau so wäre wie du."
Diese Worte kamen mir über die Lippen ohne darüber nachzudenken. Doch es war die Wahrheit.
Mir stockte der Atem und ich erschrak vor meiner eigenen Erkenntnis so sehr, dass ich aus heiterem Himmel aufsprang.
Erstarrt stand meine Schwester unmittelbar vor mir. Ich konnte in ihren Augen lesen, ihre Gedanken kreisten und versuchten sich zu sortieren, ebenso wie meine.
Für mich gab es nur eine Lösung ...
Ich strich Lorana behutsam über beide Oberarme.
„Ich liebe dich Schwesterherz und das wird immer so bleiben, egal was passiert – für immer! Es ist besser, wenn du jetzt gehst ... . Vielleicht brauchen wir ein wenig Abstand ... ich weiß auch nicht, es tut mir leid, dass ich im Moment so unbeholfen bin, aber ich bin so durcheinander."
„Ich liebe dich auch Eomer – mein großer Bruder. Du hast recht ... ich werde mit jemand anderen in Begleitung zum Düsterwald reiten – morgen schon. Wenn ich wiederkomme ... versprich mir, dass alles gut zwischen uns sein wird."
Eifrig nickte ich zur Bestätigung. Sie hatte eine weise Entscheidung getroffen und den gleichen Wunsch wie ich – eine gute Bruder-Schwesterbeziehung.
Sie schenkte mir ein Lächeln, drehte sich um und ging ihrer Wege.
Alles in mir wollte zu ihr, sie aufhalten, in den Arm nehmen und nicht mehr loslassen. Vor allem wollte ich sie nach Düsterwald begleiten, Zeit mit ihr verbringen .... doch es war besser so.
Am nächsten Tag war es soweit – Lorana stand auf dem Hof mit ihrem Pferd Ronan – direkt neben ihr eine Königswache – Hamar. Ich kannte ihn, er war bereits etwas älter aber gut in Form wenn er kämpfen musste. „Pass ja auf meine Schwester auf." flüsterte ich mit ernster Stimme ins Ohr und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
Unschlüssig stand mir Lorana gegenüber. Sie wirkte unzufrieden, wenn nicht sogar unglücklich.
„Ich hoffe die Heiler im Düsterwald können dir helfen! Ich freue mich, wenn du wieder zurückkehrst. Bald hoffe ich!"
Sie umarmte mich stürmisch und drückte mich fest an sich. Da war es wieder dieses wundervolle Gefühl. Ich erwiderte ihre Umarmung, legte mein Kopf auf ihre Schulter und sog noch einmal ihren Geruch ein.
Theodens Befehl, der über den Hof halte, Lorana solle nun aufbrechen ehe es dunkel wird, ließ mich aufschrecken wie ein scheues Reh. Wurde ich ertappt? Sah man mir an, dass ich ihre Umarmung zu sehr genoss?
Schnell ließ mich meine Schwester wieder los, auch ihr stand die Panik in den Augen. Nur allzu gerne wüsste ich, was in ihrem hübschen Kopf vorging, was ihr Herz fühlte ... .
„Bis bald – Bruderherz." verabschiedete sie sich, stieg auf und ritt davon, ehe ich etwas erwidern konnte. Hamer hatte Mühe, so schnell hinterher zu kommen.
Gedankenverloren blickte ich der immer kleiner werdenden Staubwolke nach, bis die Stimme meiner Zwillingsschwester mich aus der Trance holte.
„Eomer, kommt dir der neue Berater des Königs nicht auch sehr merkwürdig vor?"
Es gab so vieles worüber ich in letzter Zeit nachdachte aber dazu gehörte Grima sicher nicht. Theodred der Prinz gesellte sich zu uns. Er war der gleichen Meinung wie Eowyn und so begann eine endlose Diskussion über die aktuelle Politik. Einiges ging wohl unbemerkt an mir vorbei.
„Was läuft zwischen dir und Lorana?" fragte mich Theodred aus dem nichts.
Finster drein blickend fuhr ich ihn an: „Was soll damit sein? Wir hatten schon immer ein äußerst gutes Verhältnis – es hat sich nichts geändert! Sie ist meine Schwester!!" sagte ich mit Nachdruck in der Stimme. Theodred machte eine entschuldigende Geste, wohingegen meine Zwillingsschwester nervös wurde.
„Was weißt du Eowyn?" Sie blieb stumm, das veranlasste mich zu gehen.
Sie konnte nicht lügen und wenn man ihrem Geheimnis auf die Schliche kam, konnte sie es nicht mehr lange verbergen. Das hatte sowohl Vorteile als auch Nachteile. Als Kind hat sie mich unfreiwillig oft verraten durch diese Charaktereigenschaft. Ich hatte immer alle Schuld auf mich genommen um meine Schwestern zu beschützen. Und jetzt ließ ich meine jüngste Schwester eine lange und gefährliche Reise nahezu alleine unternehmen. Ich raufte mir die Haare weil ich so wütend wurde und fluchte lauthals.
Alles entglitt mir, worüber ich früher immer die Kontrolle hatte .... das Königreich, meine Freunde und Familie .... meine Gefühlswelt! Es gefiel mir deutlich besser, als ich noch alles im Griff hatte und Herr der Lage war. Aber es gefiel mir auch besser, wenn Lorana in meiner Nähe war.
Um so mehr Tage ohne sie vergingen, um so mehr kehrte ich zu meinem alten, beherrschten Leben zurück.
Jedoch - beunruhigenden Ereignisse häuften sich.
Unruhen im Land und vermehrte Überfälle wurden beobachtet und gemeldet. Adlige Männer und Frauen kamen vermehrt an den Hof – der König machte seine Drohung, was die Heirat von mir und Lorana anbelangten, wohl wahr. Grima – der Berater des Königs erlangte immer mehr Macht über Theoden, was nichts Gutes hieß. Ich behielt ihn im Auge, ebenso wie er mich – ich schien ihm ein Dorn im Auge zu sein.
Sogar in meinen Träumen – Albträumen verfolgte er mich ... er wollte meine jüngste Schwester heiraten. Es stand fest – ich würde ihn töten bevor seine Lippen sich auch nur ansatzweise denen meiner Schwestern nähern würde.
Meine Krieger waren bereit, die kleinen Schlachten wurden zu größeren - ich hatte Sorge um Lorana. Eine sichere Heimkehr mit nur einer Wache war nicht mehr gewährleistet.
„Theodred, ich muss meine Schwester aus Düsterwald abholen! Ich werde sie sicher nach Hause geleiten und dann dir zur Verfügung stehen, wie es dir beliebt."
„Mein Freund, ich würde dir gerne helfen, doch Vater wird über deine Abwesenheit sehr erbost sein, vor allem weil du schon einige Tage die adligen Damen ignorierst ... Du musst aufpassen, dass du nicht in Ungnade fällst Eomer! Ich kann dir nicht helfen. Lorana wird sicher nach Hause kommen – du wirst schon sehen."
Tief im inneren wusste ich, dass sein Rat weise und schlau war, doch er wusste ebenso, dass ich ihn nicht annehmen würde.
Zielstrebig ging ich in den Stall, bereitete Feuerfuß für eine längere Reise vor und kehrte Edoras den Rücken.
Die Reise wurde lang und beschwerlich, doch ohne größeren Zwischenfällen schaffte ich es in das Waldlandreich.
Dort erwartete mich mit Abstand die größte Überraschung.
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Bruderherz (Eomer FF (beendet))
أدب الهواة... „Können wir nicht unseren Streit beilegen? Du fehlst mir Lorana." Ich wand meinen Blick zu ihr während ich sprach. Sie blieb abrupt stehen, stellte sich mir gegenüber und musterte mich. Traurigkeit lag in ihren Augen. „Eomer würdest du mir zu Li...