Kapitel 15

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Lorana's Sicht

Es tat gut in einem weichen, bequemen Bett zu liegen. Leider war es dennoch eine schreckliche Nacht. Albträume plagten mich, wie so oft, nur war dieser besonders schlimm.

Ich träumte, dass ich in den Wehen lag. Zu meiner Überraschung betrat Eomer freudestrahlend den Raum. Seine gütigen Augen strahlten so viel Liebe und Zuneigung aus, dass ich in einer kurzen Wehenpause lachen konnte. Vermutlich war das unsere erste Begegnung seit langem. Eomer wollte auf mich zukommen, blieb in der Bewegung stehen und riss vor entsetzen die Augen auf. Irgendwas stimmte nicht.

Ich sah noch eine Schwertspitze vorne aus seiner Brust herausragen, ehe er sterbend zu Boden sackte. Ich schrie so laut ich konnte meinen Schmerz hinaus und presste damit auch das Kind heraus. Es schrie ebenfalls wie am Spieß.

Der Traum endete, weil mich Talua wach rüttelte. Sie nahm mich in den Arm und rief immer wieder meinen Namen. Wieder im wahren Leben angekommen weinte ich bitterlich in der festen Umarmung meiner Freundin.

„Alles wird gut Lorana, das war nur ein furchtbarer Traum."

Ich erzählte ihr wie schlimm der Traum war. Voller Mitleid nahm sie mich in den Arm. „Kannst du dich zu mir legen?" fragte ich sie ganz leise, nahezu schüchtern. Sofort legte sich meine Freundin zu mir ins Bett und schmiegte sich an mich. Einen Arm legte sie um meine Körpermitte und um den Bauch. Sie legte ihre Hand flach darauf. Man konnte noch nichts spüren, keine Bewegungen – dafür war es sicherlich noch zu früh.

„Nennst du es Talua, wenn es ein Mädchen wird?" fragte sie neckisch, mit den besten Absichten, mich auf andere Gedanken zu bringen. Ich kicherte leise. Tatsächlich hatte ich mir bisher keine Gedanken zum Namen gemacht. „Vielleicht" witzelte ich. Talua versuchte mich zu kitzeln. „Nimm das." Lachte sie und machte beherzt weiter. Sie fand die richtigen Stellen und ich brach in lautes Gelächter aus. Das hatte zur Folge, dass wir damit die jüngeren Geschwister weckten und diese bewaffnet mit ihren Kopfkissen in unser Zimmer kamen. Hinterhältig grinsend machten sie sich für den ersten Angriff bereit – die Kissenschlacht war eröffnet.

Ich hatte seit ewiger Zeit nicht mehr so viel Spaß wie in dieser Nacht. Ich fühlte mich für den Moment so unbeschwert, sorglos und glücklich. In Gedanken versuchte ich es ganz fest zu halten und zu verankern, um das Gefühl und die Erinnerung jederzeit abrufen zu können, wenn die Tage dunkler werden sollten.

Die Sonne ging auf und weckte mich aus einem deutlich besseren Schlaf. Um mich herum lagen die ganzen Kinder verteilt. Manche lagen auf dem Boden, Talua und ihre jüngste Schwester lagen bei mir im Bett. Einer lag sogar auf dem Fell vor dem Kamin eingerollt mit einer Decke zugedeckt. Vorsichtig schlich ich mich aus dem Zimmer in die Küche.

Ransia stand dort mit einer Schürze und Mehl im Haar. Freudestrahlend kam sie auf mich zu: „Herzlichen Glückwunsch Lorana. Ich wünsche dir alles Gute und Glück auf dieser Welt für dein kommendes Lebensjahr! Du wirst ein wunderschönes, gesundes Kind entbinden und die beste Mutter sein, die man sich vorstellen kann." Sagte sie aufbauend voller Zuversicht. Ich war gerührt von ihren Worten und Herzlichkeit. Nie durfte ich die Wärme einer Mutter spüren, doch ich stellte es mir so ähnlich vor, was Ransia ausstrahlte. Sie war eine fabelhafte Mutter und ich werde sie mir als Vorbild nehmen.

„Ich danke dir vom Herzen!" antwortete ich in ihrer Schulter murmelnd.

Sie ließ mich los und schaute mich mit vollem Stolz an. Sie strich mir über die Wange, bevor sie mich aufforderte an den Tisch platz zu nehmen. Kaum das ich saß kam Talua in die Küche gepoltert. Ihre Mutter empfing sie herzlich und hatte auch für sie nur die besten Wünsche auf den Lippen.

Die Lütten und der Vater gesellten sich zu uns und sangen ein wunderbares Ständchen.

Eomer tat das auch an jedem einzelnen Geburtstag, solange ich mich erinnern konnte. Eomer ... ich vermisste seine warme Stimme ....

„So ihr beiden, dann pustet mal die 27 Kerzen aus." Forderte Ransia als sie einen frisch gebackenen Kuchen mit 27 brennenden Kerzen auf den Tisch stellte.

„Auf drei!" forderte mich Talua auf und zählte rückwärts runter. Bei eins angekommen, holte ich tief Luft und pustete mit meiner Freundin um die Wette. Alle jubelten als es geschafft war. Ihr Vater ging kurz hinaus und kam mit Geschenken wieder. Seine Tochter bekam ein schönes neues Kleid. Mir überreichte er ein schönes hellblaues, besticktes Haarband. Entgeistert sah ich ihn an. Freundlich lächelnd nickte er. „Es passt zu deinen schönen blauen Augen." Sagte er sanft. Ergriffen von diesem Geschenk umarmte ich erst ihn und dann seine Frau. „Vielen Dank, wie kann ich mich dafür revanchieren?"

Alle lachten herzlich. „Wir würden uns freuen, wenn du noch eine Weile bei uns bleibst." Sagte Ransia fröhlich.

„Bitte bleib noch bei uns." Bettelten mich die Kleinen an.

„Ich bleibe gerne noch bei euch, möchte euch aber nicht zur Last fallen! Der nächste Marktgang geht auf meine Kosten – ohne Widerrede!" Wir einigten uns lachend und aßen den schmackhaften Geburtstagskuchen. Talua sicherte sich ein Stück für ihren Liebsten. Das war weise, denn von dem Kuchen war ratz fatz nichts mehr übrig.

Die Eltern verabschiedeten sich. Ransia war eine von drei Köchin für die Königsfamilie und der Familienvater - Kaufmann. Talua half ihm sehr gerne und wollte sein Handwerk übernehmen.

Bisher kam ich nicht dazu einen richtigen Beruf zu erlernen oder auszuüben. Als Prinzessin war das nicht notwendig. Doch müsste ich mir mein Geld selber verdienen, würde ich mich um eine Anstellung in den Stallungen bemühen.

Talua bekam heute von ihrem Vater frei, anlässlich ihres Geburtstages. Wie versprochen gingen wir an einem See. So schön und klar wie er war, konnte ich es kaum erwarten in das kühle Nass zu springen. Talua half mir aus dem Kleid und ich aus ihrem. Nun standen wir nackt da – vor ein paar Tagen erst kennengelernt, jetzt frei von Kleidung uns gegenüberstehend. Wir lachten über diese Situation, vielleicht auch, weil wir etwas peinlich berührt waren. Bisher habe ich noch nie eine Frau so gesehen. Nicht mal Eowyn meine liebe, vermeintliche Schwester, habe jemals so gänzlich nackt gesehen.

„Du hast ganz schön große Brüste." Bemerkte Talua bewundernd. Ich stöhnte ein wenig. „Glaub mir das mag nur für die Männerwelt schön sein, doch sie sind schwer und ich sehne mir meine alte Größe herbei."

Ungläubig musternd sah mich die junge Frau an. Sie konnte sich nicht vorstellen, was das für ein Gewicht war. Nun dann soll sie es selber fühlen. Ich ging auf sie zu, nahm ihre Hand und legte sie unter meine Brust und ließ das ganze Gewicht darauf. Es fühlte sich für mich angenehm leicht an. Meine Freundin hingegen nahm auch die andere Brust in ihrer Hand. Ein merkwürdiges, kurzzeitig befreiendes Gefühl.

Bruderherz (Eomer FF (beendet))Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt