Kindheitsträume - II. Entfache das Feuer

13. Verfolger

„Ich weiß nicht, was ich tun soll", gibst du flüsternd zu und kaust auf deiner Unterlippe herum.

Du hast etliche Male mit Tsubasa geredet und der Misserfolg hat sich heute abgezeichnet. Es hat nichts gebracht und du hast keine Ahnung, wie du ihn unterstützen könntest. Eigentlich liegt das Gelingen bei ihm, aber es lastet genügend Druck auf seinen Schultern. Er darf sich nicht weiter abwenden und genau das wird er zu eurem Schutz tun.

„Nichts, immer noch." Ryuga ist hörbar genervt und er überspielt dies nicht.

„Soll ich einfach tatenlos zusehen?" Aufgrund seines Tonfalls reagierst du eindeutig zu eingeschnappt und du gestikulierst mit dem Handy in der Hand herum.

Die rhetorische Frage beachtet er nicht weiter. „Die WBBA wird ihn disqualifizieren und alles andere liegt an Tsubasa, also ja."

Seufzend senkst du deinen Arm und lässt die Schultern hängen. Ryuga sagt die Wahrheit, aber das ist nicht das, was du erzählt bekommen möchtest. Manchmal wünschst du dir Gingkas Optimismus herbei, so viel Positivität kannst du allerdings gar nicht aufbringen.

„Wir hätten eher eingreifen müssen", murmelst du mehr zu dir selbst und starrst auf deine Stiefel.

Die Situation ist absehbar gewesen, ihr habt nur die Augen vor ihr verschlossen, weil ihr die Wahrheit nicht verkraften konntet. Das violette Kraftfeld, das Rot in seinen bernsteinfarbenen Iriden und alle seine Verhaltensänderungen hätten euch Warnungen genug sein müssen. Spätestens nach dem Angriff auf Yuina hättet ihr ahnen müssen, wozu er unter der Kontrolle der dunklen Macht fähig ist. Ein Hätte bringt euch nicht weiter, es ist zu spät und ihr habt die Chance vertan.

Ryuga bleibt sachlich und du verfluchst seinen kühlen Kopf für einen Moment. „Eine Disqualifikation übersteigt deine Kompetenz."

„Vielen Dank auch." Dein Tonfall ist ebenso patzig wie die Aussage und du führst dich auf wie ein beleidigtes Kleinkind. „Sorry, das war kindisch."

Du hast ihn angerufen und er kann nichts dazu, dass du die Wahrheit nicht verkraften kannst. Das Schlimme ist, dass er recht hat. Ryo hat Yuinas Bedenken abgelehnt und seine Teilnahme abgesegnet, es ist nie deine Entscheidung gewesen. Niemand von euch hätte das Ausmaß erahnen können, da die dunkle Macht vielfältig ist. Die Gemeinsamkeiten zu Ryuga damals sind vor allem in dem heutigen Kampf aufgetreten und Tsubasa ist ein guter Schauspieler. Wie soll man jemandem helfen, der keine Hilfe möchte? Schon bei Ryuga hat dein Aufzwingen nichts gebracht und das ist diesmal nicht anders.

„Und zickig", ergänzt Ryuga unbekümmert. Würde es ihn aber wirklich nerven, hätte er schon aufgelegt.

Aufmerksam schaust du dich um, damit niemand deine nächsten Worte hören kann. „Er ist noch nicht wach und ich weiß nicht, was passiert, wenn er aufwacht."

Sie mögen für jeden Außenstehenden nicht wichtig wirken, doch er wird ihre Bedeutung verstehen. Du hast Angst um Tsubasa und sein Wohl. Ryuga und du habt nie darüber geredet, was zwischen eurem Kampf und seiner Niederlage gegen Gingka geschehen ist. Hat LDrago ihn auch außerhalb von Kämpfen kontrolliert und sich in seine Gedanken geschlichen? Passiert das mit Tsubasa gerade ebenso? So sehr die Fragen auf deiner Zunge brennen, kannst du sie nicht stellen. Das Telefonat kostet dich genügend Kraft und du kannst von Ryuga nicht erwarten, alle Geheimnisse auszuplaudern.

„Die dunkle Macht ist längst in seinem Kopf und wird sich ausbreiten. Entweder er lernt, sie zu beherrschen oder sie treibt ihn in den Wahnsinn." Selbst bei der Schilderung bleibt er ruhig, während du für wenige Sekunden nach Luft ringst.