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Ich kam zu spät in die Bibliothek, da ich noch über ein paar Fragen mit einem Dozenten gesprochen hatte. Heute aber arbeiteten die Tänzer in Hongdae nicht, sodass ich etwas entspannter ankam und meine Tasche und Jacke auf einen Stuhl ablegte, als hinter mir ein wütendes Schnauben ertönte.

"Denkst du, ich mach die ganze Arbeit für dich?"
Überrascht drehte ich mich zu Yoongi und schüttelte den Kopf. Da war sein wütendes Ich wieder. Und ich dachte, wir hatten das hinter uns gelassen.
"Weißt du was? Ich hab hier genug getan. Mach du den Rest."

Meine Augen weiteten sich, als er seine Sachen zusammen kramte. Ich war höchstens eine Viertelstunde zu spät! Genau deswegen stellte ich mich vor ihn und stemmte die Fäuste in die Hüften.
"Hör auf mit dem Drama. Ich beeile mich, aber du hast sicher nichtmal die Hälfte geschafft!"
"Nerv' mich nicht.", zischte er, drückte mich einfach zur Seite und verließ schnellen Schrittes die Bibliothek.

Irgendwie verletzte es mich, wie er mich hier vollkommen alleine mit all den Büchern zurückließ. Das war das Gegenteil von der Hilfsbereitschaft, die er noch gestern gegenüber mir gezeigt hatte. Wieso änderte sich seine Stimmung immer so schlagartig? Wir könnten zumindest miteinander auskommen, brauchten keine Freunde zu sein. Aber das war einfach nur respektlos von ihm und ich spürte sogar einen Funken Wut in mir.

So murmelte ich also leise Beleidigungen, während ich mir ein Buch nach dem anderen schnappte und förmlich hin und her rannte, um schnell fertig zu werden. Ich wollte schließlich auch noch feiern gehen! Jin und ich hatten uns dafür eine große Party in der Wohnung eines Mitstudenten gesucht, dessen Namen wir zwar nicht kannten, der aber anscheinend großzügig alle eingeladen hatte.

Zum Glück verbrachte ich bloß eine halbe Stunde in der Bibliothek und huschte anschließend in mein Zimmer, wo Jin bereits in schwarzer Lederhose und weißem Hemd auf mich wartete.
"Ist Namjoon immer noch nicht aufgetaucht?", fragte ich, schließlich hatte ich vermutet, dass sie sich schnell wieder vertrugen.

Mein Mitbewohner aber schüttelte den Kopf und warf mir ebenfalls eine Lederhose zu, bei der ich mich entschied, sie mit einem weißen T-Shirt mit V-Ausschnitt zu kombinieren. Anschließend schminken wir uns ein wenig zusammen und ich glättete meine Haare, sodass sie perfekt fluffig rechts und links von meinem Mittelscheitel abgingen.

Von dem Streit mit Yoongi entschied ich mich nicht zu erzählen. Ich wollte heute Abend Spaß haben, nicht mich runterziehen lassen.
"Du siehst heiß aus.", komplimentierte ich also Jin, der mir das lächelnd zurückgab. Es gab mir einiges an Selbstbewusstsein, wie wir jetzt aussahen, weswegen ich den Gang bis zum Taxi fast wie einen Catwalk empfand. Wir zogen viele Blicke auf uns, aber die meisten hatten sich genauso herausgeputzt wie wir, weil sie wohl auch zu der Party wollten.

Die Fahrt dauerte unter 10 Minuten, sodass wir schnell ankamen. Es standen bereits vor dem Gebäude und im Treppenhaus einige Personen, also betraten wir ohne Probleme die Wohnung im ersten Stock und sahen uns um. Genauso hatte ich mir mein Studentenleben vorgestellt! Diese Party würde toll werden.

Ich schnappte mir einen Plastikbecher, befüllte ihn mit Vodka und Sprite und stand anschließend mit Jin etwas an der Theke. Wir schmunzelten uns beide an, nachdem wir ausgetrunken und zu den tanzenden Leuten geguckt hatten, zu denen wir uns nun gesellten und langsam in Stimmung kamen. Naja, wohl eher ich. Jin legte sofort los und tanzte ohne Hemmungen.

Das überraschte mich aber nicht, also lachte ich bloß und hoffte gleichzeitig er würde keine dummen Fehler begehen wegen dem Streit mit Namjoon. Und wenn sie sich nicht bald wieder vertragen, würde ich mal mit dem Dozenten sprechen. Selbst wenn ich es nicht schlimm fand, dass unser Zimmer für kurze Zeit zu einer Sex-freien Zone wurde, fand ich trotzdem, dass die beiden zusammen gehörten.

Irgendwann ging ich erneut zur Theke in der Küche und trank Shots mit Menschen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Wir verstanden uns trotzdem und ich spürte, wie mir warm vom Alkohol wurde. Einer der Typen legte einen Arm um mich, aber es war offensichtlich eine freundschaftliche Geste, die ich lächelnd akzeptierte.

Nun ja, bis ein paar mehr Personen unserer Runde beitraten. Darunter auch ein all zu bekannter Typ mit blonden Haaren, der mich erst von Kopf bis Fuß musterte und kurz Blickkontakt aufnahm, ehe er den Kopf in den Nacken legte und sein Adamsapfel sich bewegte, als er einen Shot trank.

Verdammt. Früher wäre es wohl mein Traum gewesen, mit ihm auf einer Party zu sein. Jetzt aber wollte ich am liebsten verschwinden, nur um seinen verdammt männlichen Hals und die Adern an seinen Händen, mit denen er das Glas hielt, aus dem Kopf zu bekommen. Er war immer noch ein Arschloch, das mich heute in der Bücherei stehengelassen hatte und so sollte ich ihn auch behandeln.

"Arschloch..", murmelte ich also leise und trank auf dieses Wort einen besonders ekligen Shot. Um mein Desinteresse an ihm noch deutlicher zu machen, ging ich zurück zu Jin und tanzte mit ihm was das Zeug hält. Dass Yoongi überhaupt hier war, teilte ich meinem Mitbewohner nicht mit, schließlich war es irrelevant.

Bald stand ich aber erneut an der Theke, trank ein paar Shots und redete mit einem Typen, während ich Schluckauf bekam.
"Yoongi ist echt ein Arschloch.. Überhaupt kein Respekt und voll gemein!", beschwerte ich mich und er nickte, als ob er Verständnis hätte. Bestimmt hörte er kaum zu.

"Außerdem mit seiner Schwester...", wollte ich weitererzählen, aber Schluckauf überkam mich.
"Er hatte was mit seiner Schwester?", fragte der Typ verblüfft und ich wollte widersprechen, als er das auch schon an Umstehende weitergab. Oh Gott, jetzt hatte ich mir aber was eingebrockt.

Passiert😃

Still falling for you || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt