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Meine Vorlesung besuchte ich ganz normal, wenn auch mit einer blauen Wange, weswegen ich einige komische Blicke zugeworfen bekam. Meine Mitstudenten dachten wohl, es kam von einer Prügelei, was auch nicht direkt falsch war. Ich trug den blauen Fleck aber mit einem gewissen Stolz, weil er zeigte, dass mein guter Freund mir verziehen hatte.

Darüber dachte ich sogar so viel nach, dass mir gar nicht auffiel, wie Yoongi mich doppelt so viel wie den Professor während der Vorlesung anstarrte. Erst, als wir den Raum verließen und er mich zur Seite zog, bemerkte ich seine Präsens wirklich. Es war ein komisches Gefühl, dass er wohl dieses mal mehr an mich, als ich an ihn gedacht hatte.

Seine dunklen Augen erinnerten mich direkt an den intimen Moment zwischen uns und ich konnte nicht anders, als verlegen auf dem Boden zwischen uns zu schauen.
"Wer hat dir das angetan?"
Kühle Finger legten sich auf die blaue Stelle an meiner Wange und obwohl die Berührung sanft war, zuckte ich trotzdem zurück. Einerseits, weil er mich berührt hatte und anderseits, weil ich dort wirklich empfindlich war.

"Kann dir egal sein.", entgegnete ich, da mich seine Aussage darüber, dass er traurig war, mich nicht mehr von sich stoßen zu können, immer noch störte. Selbst wenn Jin und Namjoon beide eine logische Erklärung dazu geliefert hatten.
"Wenn das der Mann war-"
"Der Mann ist hinter Gittern."
"Wie ist das dann passiert?"

Erklärte ich es ihm gerade bloß nicht, weil ich es mochte, so besorgt von ihm angeguckt zu werden? So, als ob er sich wirklich für mich sorgte und allen eine Lektion erteilen würde, die mir dies getan hatten? Vielleicht. Doch es tat mir auch ein wenig leid, ihn so zappeln zu lassen, also setzte ich zum Reden an.

"Ich habe bloß mit Jin gerangelt. Wir sind vom Bett gefallen und dann ist eben das passiert."
Ich deutete auf meine Wange.
"Verdammt.. Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein."
"Wieso nicht?"
Sein Blick verdunkelte sich und ließ mich meine schnippische Antwort fast bereuen, aber auch nur fast. Irgendwie mochte ich es auch, wenn er mich so ansah.

"Du solltest mich doch von dir wegstoßen, Yoongi. Sonst bereust du es noch.", schnaubte ich und sah schluckend zu, wie er einen Schritt auf mich zutrat.
"So war das nicht gemeint.", presste er hervor und es amüsierte mich, wie ich ihn provozieren konnte. Doch als ich realisierte, was er gerade von sich gegeben hatte, entglitt mir mein Gesichtsausdruck.

Wieso war das nicht so gemeint von ihm? Entsprachen Jins und Namjoons Theorien wirklich der Wahrheit? Ich wollte, konnte ihm aber nicht glauben.
"Jimin.. Ich bin doch nicht traurig darüber, dass ich dich nicht mehr von mir wegstoßen kann. Eigentlich will ich das auch gar nicht und einfach schauen, was die Zukunft für uns bringt. Aber ich habe Angst, so peinlich mir das auch ist."

Mein Mund stand ein Stück weit offen und ich sah hoch in seine Augen. Jetzt gerade wünschte ich mir fast, dass er mir endlich wieder seinen Hass zeigte, damit mein Herzklopfen aufhörte. Er konnte doch nicht einfach die Worte von sich geben, die ich mir schon immer gewünscht hatte. Wusste er denn nicht, was das mit mir machte? Mittlerweile glaubte ich aber, dass er mir die Wahrheit sagte.

"Yoongi?", hörte ich plötzlich eine Stimme, die der meines Gegenübers stark ähnelte und sah in die Richtung, von der sie kam. Ein älterer Mann stand dort, mit bereits vielen grauen Haaren auf seinem Kopf und guckte zwischen mir und wahrscheinlich seinem Sohn hin und her. Auch wenn er uns unmöglich bei irgendetwas erwischt haben konnte, wurde mir trotzdem mulmig zumute.

Als mein Blick wieder auf Yoongi fiel, verschlechterte sich das Gefühl um das doppelte. Er war noch blasser als sonst geworden, stand wie angewurzelt auf der Stelle und.. Oh Gott, seine Hand zitterte. Dass eine Person so viel Angst in ihm auslösen konnte, schockierte mich und war wirklich besorgniserregend.

Kam sowas nur durch Worte zusammen? Oder hatte sein Vater ihm gegenüber etwa Gewalt angewendet? Auch wenn ich das natürlich nie tun würde, hätte ich jetzt am liebsten Yoongis Hand genommen und sie fest gedrückt, um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine war.

"Papa."
Das Wort klang komisch aus seinem Mund. Normalerweise sprach man seinen Vater mit einem vertrauensvollen, meistens fröhlichen Ton an, doch Yoongi spuckte das Wort vollkommen ausdruckslos aus, als ob es ihm nichts bedeutete.

"Lass uns doch etwas essen gehen. Ayana wartet schon im Auto.", schlug der alte Mann vor und der Blonde neben mir nickte stumm. Er würdigte mich keines Blickes, als er seinen Adidas Rucksack Schulter und zu seinem Vater ging, der einen Arm um ihn legte. Yoongi aber zuckte kurz von der Berührung zusammen, so wie ich es zuvor bei seiner getan hatte.

Irgendetwas war gründlich in seiner Familie falsch gelaufen und ich musste dringend herausfinden, was.

Tja, wieso reagiert unser Yoongi wohl so😔

Still falling for you || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt