Ein nebeliger Morgen im Drachenreservat

1.4K 51 7
                                    

Der neblige Morgen war friedlich, wenn auch klamm durch den tiefhängenden Nebel, bis das Brüllen eines aufgebrachten Drachen sämtliche Mitarbeiter des Reservates aufschreckte. Charles „Charlie" Weasley schlug sich den Kopf an der Unterseite des Kamines an. Hastig rief er seiner Mutter eine Entschuldigung zu, rappelte sich auf und rannte aus der Tür, während er seinen Zauberstab zog.

Vor der Tür stieß er beinahe mit seiner Kollegin zusammen, die ihren Zauberstab ebenfalls gezogen hatte. „Was ist los?" brachte Charlie hervor und rieb sich den Hinterkopf.

Sie sah ihn an, die Haare nur auf einer Seite geflochten und mit noch kleinen Augen. „Sehe ich aus, als würde ich das wissen?!"

Ein erneutes Brüllen unterbrach sie und sie duckten sich reflexartig. Nun aber konnten sie die Flammensäule sehen, die blendend hell mehrere Meter hoch in die Luft gespienen wurde. Die Flammen erhellten die nebelige Umgebung und warf schaurige Bilder aus Schatten über alles. Die beiden Kollegen waren still und näherten sich vorsichtig, aber mit festen Schritten der Gegend um den Drachen.

Der Drache röhrte und von den knarzenden Geräuschen, die von absplitternden Teilen von Bäumen kamen, konnte man darauf schließen, dass er mit dem Schwanz peitschte. Das war gefährlich, dass wusste jeder Mitarbeiter nach seinem ersten gereizten Drachen. Auch jetzt flogen wieder spitzen Holzteile durch die Luft und bohrten Löcher in die Stellen, an denen sie einschlugen.

Charlie warf sich zu Boden, um einem solchen Geschoss zu entgehen und landete ein einer Pfütze, von der er nicht wissen wollte, aus was sie bestand. Was er sofort wusste, war, dass er froh war, nicht gefrühstückt zu haben. Bei dem Geruch wäre ihm sofort wieder alles hochgekommen. Er rappelte sich hoch und stellte fest, dass der Ekelerregende Geruch nun an ihm haftete und ihn fatalerweise an Ginnys Kochversuche erinnerte. Er liebte seine Schwester, aber sie sollte niemals erlaubt sein eine Küche zu nutzen.

Gemeinsam gingen sie weiter, auch wenn sie den Drachen nun nicht mehr hören konnten. Als sie zu einer Lichtung kamen, konnten sie auch sehen warum. Eine Gruppe Mitarbeiter in Uniform waren um einen am Boden liegenden Drachen versammelt, besonders um sein linkes Hinterbein, dass Charlie durch die gedrängten Körper nur erahnen konnte.

„Oh, wovon haben wir euch zwei den weggeholt?" Ein Mann kam auf sie zu, ein lässiges Grinsen auf den Lippen, seinen Zauberstab hinter einem Ohr, während er seine Robe abklopfte.

„Hast mich vor einem längeren Gespräch mit meiner Mutter gerettet. Lieber ein aufgebrachter Drache, als eine Tirade meiner Mutter. Oder meiner Schwester, weil die Liebe ihres Lebens noch immer verschwunden ist." Charlie verdrehte die Augen und steckte seinen Zauberstab weg.

Der andere Mann schaute ihn perplex an, dann lachte er. „Immer noch? Sollte sie nicht langsam mal über ihn hinwegkommen? Ich meine ja nur, aber sie hat doch schon vor was... drei Jahren? Vier Jahren? Darüber getobt. Er wird nicht zurückkommen, wenn er bis jetzt nicht zurückgekommen ist. Das sollte sie doch begreifen."

„Sollte sie, hat sie aber nicht. Und das lässt sie an jedem aus, der sich nicht wehren kann. Also unserer Familie, weil niemand Mum sauer machen will. Und die wird für ihre kleine Prinzessin immer sofort sauer. Keine Ausnahme."

„Oh man. Manchmal bin ich wirklich froh, dass ich keine Geschwister habe. Char, du stinkst. Kümmere dich darum. Und Emelie, ich glaube du hast noch was mit deinen Haaren zu tun."

„Ha ha ha, Tony. Wirklich witzig. Was war denn überhaupt los?" Emelie versuchte um Tony herum zu dem Drachen zu schielen, doch Tony stand ihr dabei enorm im Weg.

„Oh, nichts weiter. Der Gute hat sich das Hinterbein verletzt und sich nicht helfen lassen wollen. Als er uns gesehen hat, hat er sofort angefangen zu bocken. Kann ja nicht jeder so eine Drachenflüsterer sein wie du, Char." Tony legte seinen Ellenbogen auf Charlies Schulter.

„Ich bin kein Drachenflüsterter."

„Alle Geschichten sprechen dafür. Du kannst mit ihnen reden und deshalb mögen sie dich so sehr." Charlie verdrehte bei Tonys Worten die Augen, schubste seinen Ellenbogen von seiner Schulter und stapfte durch das Unterholz zurück zu seiner Hütte. In seinem Kamin flackerte noch der Rest des Feuers, das Holz knackte laut in der Stille.

Charlie schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden, die versuchten von ihm Besitz zu ergreifen. Wie schön es wäre, wenn jemand auf dem Sofa auf ihn warten würde, mit einem Buch in den Händen oder vielleicht einer Tasse heißem Tee, dessen Geruch den gesamten Raum füllen würde. Wie sie den Kopf zu ihm drehen würde und ihn mit einer warmen Stimme begrüßen würde und ihm ein Lächeln schenken würde.

Er schloss die Augen und tappt ins Bad, wo er die Klamotten in Richtung des Wäschekorbs pfefferte und sich unter die Dusche und das heiße Wasser verzog. Der Raum füllte sich mit Dampf und dem Geruch nach Tannennadeln, der von seinem Shampoo kam. Das Prasseln der Tropfen übertönte jedes Geräusch und als er zurück in den Wohnraum kam, ein Handtuch über den roten Haaren und nur in lockerer Hose, saß Tony auf seinem Sofa.

„Was machst du denn hier? Solltest du nicht noch mit dem verletzten Drachen rangeln?"

Tony machte eine wegwerfende Handbewegung. „Kaum hatte er verstanden, dass wir die schmerzenden Dinge aus seinem Bein entfernen, da war er zahm wie ein Lämmchen. Hat keine Probleme mehr gemacht und alles war schneller vorbei als gedacht."

Charlie ließ sich in seinen einzigen Sessel fallen, einen breiten weichen, der absolut nicht zu seinem Sofa passte, und begann seine Haare trocken zu rubbeln. „Das erklärt nicht, was du hier willst."

„Kann ich dich nicht einfach mal so besuchen."

„Könntest du. Tust du aber nicht. Du kommst nie ohne Hintergedanken oder etwas. Also, spucks aus."

„Der Boss will dich sehen. Hat eine internationale Eileule bekommen. Du hast doch nicht etwa etwas ausgefressen. Sag bloß du hast jemand geschwängert. Die Gerüchte sagen ja, du wärst im geheimen verheiratet mit einer afrikanischen Prinzessin. Oder du hättest eine Affäre mit einer tibetanischen Nonne."

Charlie schüttelte den Kopf. „Wer hat sich den Quatsch denn ausgedacht. Das wird nie passieren, also halt deine Gedanken im Zaum." Er warf das Handtuch Richtung Bad, wo er es später wegräumen musste, und verschwand in seinem Schlafzimmer. Tonys lautes Lachen folgte ihm, schallend und raumfüllend wie immer.

„Ja ja. Ich halte meinen Mund. Aber du weißt ja wie es ist. Einmal ein solches Gerücht und es wird nie wieder verschwinden." Charlie erstarrte, als er das hörte. Er musste an die grünen Augen denken, die ihn damals schon beeindruckt hatten. So gefüllt mit Stärke und Entschlossenheit. Aber später auch gebrochen von falschen Worten und bösartigen Wispern, die ihn nicht allein ließen.

„Mhhhm." brummelte er und stülpte sich das Hemd über, ehe er die Robe darüber schloss. Die kühle Drachenhaut war familiär und schützend, nicht nur wegen der inliegenden Magie, sondern wegen des Selbstbewusstseins, die sie einem verlieh. Man erhielt sie nur für das Abschließen aller Prüfungen, auf keinem anderen Weg war es möglich.

„Du hörst mir überhaupt nicht zu." Tony erschien im Türrahmen und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen.

„Du hast mir gerade gesagt, dass der Boss mich persönlich sprechen will, ohne Grund. Was denkst du denn, wo meine Gedanken gerade sind?"

„Mit braungebrannten Schönheiten an weißen Stränden?" Charlie warf ihm einen Todesblick zu und Tony kicherte. „Okay, okay. Man ist hier heute jemand mit dem falschen Bein aufgestanden. Dann mach dich mal grummelig auf den Weg zum Boss. Du willst ihn ja nicht warten lassen." Tony zwinkerte Charlie zu und der deutete wortlos auf die Tür. Kichernd hüpfte Tony zu der Tür, zog sie auf und verschwand nach draußen, schief einen Theatersong nachsingend.

***

Mein diesjähriger Adventskalender. Ich hoffe, dass ich jeden Tag ein Kapitel uploaden kann. Ich kann nicht sagen, dass die Kapitel später nicht vielleicht länger werden. Ich bin noch nicht ganz fertig mit der Geschichte.

Drachen tanzen nicht nur am HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt