„Wie du geschaut hast, als er dich ins Wasser geworfen hat. Als hätte er dich verraten. Selten so was Bedröppeltes wie dich da gesehen." Fawns Lachen hallte laut durch das kleine Haus. Sie stecke bis über beide Ellenbogen in einer großen Schüssel mit Teig, während Charlie am Küchentisch saß und sich mit einem Handtuch die Haare trocken rubbelte.
„Bist du immer noch nicht darüber hinweg?"
„Nein. Dazu war das viel zu lustig. Dass es gerade dich erwischt hat, wo du doch Kälte nicht so gerne hast." Fawn lachte und brach in Husten aus, als Mehl aufstaubte und sie es ins Gesicht bekam. Jetzt war es an Charlie zu lachen und nach ein paar Momenten hatte sich auch Fawn wieder beruhigt und lachte mit ihm.
Ein trauriges, helles Trillern ließ beide aufsehen. Fawn warf einen Blick auf die Uhr über dem Tisch. „Er bekommt wieder was zu essen. Kannst du das übernehmen? Ich bin..." Sie hob ihre Hände, voller Mehl und Teig, und zuckte mit den Schultern.
„Klar." Charlie stand auf, ließ das Handtuch auf seinem Stuhl liegen, und verschwand kurz aus der Küche. Als er zurückkam, hatte er einen Haufen an Lumpen in den Händen, aus dem tschirpende Geräusche und Trillern erklang. Vorsichtig setzte er den Haufen auf dem Tisch ab und im nächsten Moment schob sich ein Kopf hervor, der sich umsah und dann ein bettelndes Piepsen von sich gab.
„Der kleine Prinz will nicht allein gelassen werden." lachte Fawn und besah das Wesen mit einem liebevollen Blick.
„Ich kann wirklich nicht verstehen, wie die als Babys noch hässlicher sein können als ausgewachsene Exemplare." Der kleine Vogel schlug aufgeregt mit den Flügeln, als sich Charlie wieder setzte.
„Augureys sind nicht hübsch, aber ich denke, der Kleine beschwert sich. So hässlich ist er ja auch nicht. So ein lieber, kleiner Zwerg." gurrte Fawn den kleinen Vogel an, der seinen Schnabel in Charlies Richtung aufsperrte.
Charlie hatte eine kleine Schüssel und eine Pinzette in den Händen. Mit der Pinzette griff er eine Fliege aus der Schüssel und verfütterte sie an den kleinen Vogel. „Er ist ein Nimmersatt und hat nur Hunger. Er versteht Menschen nicht. Ich bin noch immer baff, dass der Drache es kann. Aber du kannst mir nicht erklären, dass du einen Baby Augurey dazu bekommen kannst, menschliche Sprache zu verstehen."
„Ich denke nicht, dass er menschliche Sprache versteht. Aber ich denke, dass sie alle Körpersprache lesen können. Und natürlich den Tonfall eines Menschen verstehen. Darüber müssen wir uns glaube ich nicht streiten."
„Das sie den Tonfall verstehen? Nein. Das ist durchaus bekannt. Im Reservat dürfen wir fluchen, wenn wir es in positiven Tonfällen sagen. Dann stört es die Drachen nicht." kommentierte Charlie und Fawn warf ihm einen überprüfenden Blick zu, ehe sie lauthals lachte.
„Ich kann nicht glauben, dass du das ernst meinst. Dass Drachen darauf hereinfallen. Ich denke nicht, dass meine Schöne sich davon täuschen lassen würde."
„Deine Schöne ist ein ganz besonderer Drache. Und ich bin mir sicher, dass sie tatsächlich jedes deiner Worte versteht. Im Gegensatz zu allen anderen Drachen. Die sind nicht so intelligent."
Fawn baute sich stolz größer auf und Charlie schüttelte den Kopf. „Du benimmst dich wie eine stolze Mutter. Dabei hast du hier nicht wirklich etwas dazu beigetragen."
„Ich habe sie gepflegt und mit ihr gesprochen und sie hat mich lieb genug, um von selbst wieder hierher zu kommen... aber du hast Recht. Meine Schöne wäre auch ohne mich der schönste und intelligenteste Drache."
„Ich würde dich jetzt gerne triezen, aber ich habe das Gefühl, dass du da Recht hast. So einen intelligenten Drachen habe ich noch nie getroffen und ich kenne einige. Also muss ich deine Aussage einfach so hinnehmen. Autsch. Ja, ja. Ich füttere dich da. Du hast einen scharfen Schnabel, Kleiner." Charlie wand sich wieder dem Augureybaby zu, dass weiter nach Futter verlangte.
„Ist es eine schlimmere Verletzung?" fragte Fawn und versuchte Charlies Hände zu sehen, ohne ihre eigenen aus der Schüssel zu nehmen, wo sie noch immer Teig knetete.
Charlie winkte mit einer Hand ab. „Nein. Er hat nicht mal meine Haut durchbrochen. Dazu fehlt ihm die Kraft. Und ich habe ihn wohl schnell genug abgelenkt." Er fütterte den gierigen kleinen Vogel weiter.
„Dann sollte ich dich vermutlich nicht mehr weiter ablenken. Nicht das der Kleine deine Finger noch für das bessere Essen hält."
„Da müsste er sich aber ordentlich anstrengen, dass er meine Finger essen könnte. Ich habe nicht so dünne Finger wie du. Da hätte der Kleine keine Probleme. Aber bei meinen Fingern?" Charlie hob seine Hand und besah sich unter Fawns Lachen seine eigenen Finger.
„Okay. Punkt für dich. Wobei ich im Moment nicht besser für den Zwerg wäre. Ich denke nicht, dass er Brotteig fressen sollte. Der würde ihm nicht gut tun." Sie schüttelte den Kopf und wand sich wieder dem Teig zu, den sie mit neuer Konzentration knetete. Charlie fütterte den kleinen Vogel, bis der das Insekt verweigerte und das Köpfchen auf dem Rand seines Lumpennestes legte. Charlie griff den Vogel, nahm ihn hoch und massierte ihm mit zwei Fingern den Bauch. Der Vogel piepste protestierend und vergrub sich in den Lumpen, als Charlie ihn zurücksetzte.
„Jetzt ist er böse auf dich." schmunzelte Fawn.
„Bis er wieder Hunger hat, vielleicht. Wenn überhaupt. Vermutlich hat er das nach seinem Schlaf wieder vergessen. Aber spätestens, wenn er wieder Hunger hat, bin ich wieder sein bester Freund."
„Das ist wohl wahr. Ein leerer Magen ist eine gute Motivation, um zu verzeihen."
Charlie musterte sie kritisch. „Ich hoffe wirklich, dass du das nur auf die Tiere beziehst. Das ist kein guter Ansatz, um mit Menschen umzugehen."
„Ich weiß. Hunger ist ein mächtiger Motivator. Aber einer der nie an Menschen genutzt werden sollte. Das weiß ich nur zu gut." Sie sah auf ihre Hände und sprach leise. Mit der Schulter wischte sie sich die einzelne Träne von der Wange, die aus ihrem Augenwinkel lief.
„Möchtest du darüber reden?" fragte Charlie vorsichtig nach und sie schüttelte den Kopf. Er ließ sie und für ein paar Momente waren sie still. Nur die kleinen Schuffelgeräusche des Augureybabys und des Teigknetens, dass Fawn beinahe mechanisch weiter machte, waren zu hören. Dann erklang die Melodie der Türglocke.
DU LIEST GERADE
Drachen tanzen nicht nur am Himmel
FanfictionDer Krieg ist vorbei und Charlie Weasley ist zurück im Drachenreservat. Das Leben geht seinen gewohnten Gang, zwischen der Arbeit mit den Drachen und den Anrufen seiner Familie, die nun nicht mehr so sehr von dem Tod eines der Zwillinge und mehr mit...