Eine Begegnung der unerfreulichen Art

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Mit einem Ploppen erschienen sie wieder und rollten übereinander. Charlie blieb auf einem Stein liegen, der ihm in den Rücken bohrte, Fawn auf seiner Brust liegend. Sie keuchte und hob dann den Kopf. „Bei dir noch alles dran? So plötzlich zu apperieren ist kein Spaß." Sie rollte sich von ihm herunter, blieb aber neben ihm liegen.

„Ich bin okay. Und angenehm war es nicht, aber so wie du gehandelt hast, will ich die Fuchsmutter nicht kennenlernen, oder?" Charlie setzte sich auf.

„Nein. Die können wirklich gemein sein. Und sie sind giftig, wenn sie erwachsen sind. Irgendwas ganz Komisches. Wenn ich mich nicht ganz irre, dann vergiften sie die Seele? Den Geist? Irgendwie sowas. Man wird dann komisch, ganz melancholisch und depressiv und so etwas. Und deren Mäuler sind meistens nicht die saubersten. Also holt man sich auch noch eine Blutvergiftung."

„Du hattest mich schon bei der vergifteten Seele. Eine Blutvergiftung brauche ich wirklich nicht nochmal." Charlie stand auf und rieb sich den Rücken.

Fawn hielt ihm eine Hand hin, die er ergriff und sie auf die Beine zog. „Du hattest schon einmal eine Blutvergiftung?"

„Kommt mit dem Beruf. Wunden sind bei Drachenpflegern meist nicht sauber. Drachen sind nun einmal nicht die allersaubersten Tiere. Sind eben Fleischfresser." Charlie zuckte mit den Schultern und Fawn prustete.

„Klingt nach einem guten Grund. Versu..." Ein Geräusch ließ sie aufsehen. Charlie folgte ihrem Blick, konnte aber nichts erkennen. Das Geräusch erklang erneut. Brechende Äste. „Oh, bitte nicht schon wieder. Das wäre jetzt echt ein Stimmungskiller." Sie ballte die Fäuste und stapfte in die Richtung, aus der das Geräusch erklang.

Charlie folgte ihr schnell und griff ihre Hand. „Wenn du sie so fest ballst, dann wirst du dich verletzen." Er strich ihr über die Finger und sie entspannte diese wieder etwas. Sie atmete durch und zwang die Anspannung aus ihrer Gestalt. Doch als sie zwischen ein paar Bäumen hervor traten, spannte sie sich sofort wieder an.

Charlie erkannte auch sofort, was das Problem war. Er hatte die beiden Jugendlichen noch nie gesehen, aber er wusste, wer sie waren. Allein, dass sie Äste von den Bäumen abbrachen und eine Hütte errichteten, sagte es ihm nur zu gut.

„Ich habe euch bereits mehrere Male gesagt, dass es verboten ist auf meinem Land die Bäume zu beschädigen und Hütten zu errichten. Ihr habt euch nicht darangehalten und ich habe euch verboten mein Land zu betreten. Wie oft muss ich die Polizei noch rufen, damit ihr das lernt?!" Fawn stützte die Hände in die Hüften und sah die beiden Jugendlichen an, die zuckten, als sie ihre Stimme hörten.

„Wir haben keine Äste abgebrochen! Die waren schon abgebrochen! Du willst uns nur wieder was anhängen! Wir haben nichts falsch gemacht! Wir haben die Erlaubnis!" rief der Ältere der beiden aus. Charlie schätzte ihn auf 15 und er fragte sich, wie man in dem Alter sich so verhalten konnte.

„Ich weiß nicht, wer du bist, aber du verhältst dich wie ein Fünfjähriger. Ich war mit ihr gemeinsam unterwegs. Wir haben das Brechen der Äste gehört. Ja, die sind alle frisch gebrochen. Und zu der Hütte haben sie sich auch sicher nicht von selbst aufgeschichtet. Und hier seid ihr Zwei, beide mit Ästen in den Händen. Und es ist nicht nur, dass ihr die Äste gebrochen habt und eine Hütte errichtete, obwohl es verboten ist. Ihr habt ein Verbot dieses Land nixht zu betreten und seid dennoch..."

„WIR DÜRFEN HIER SEIN! MISTER FIN HAT ES UNSERER MUTTER VERSPROCHEN! DASS ES IMMER SO SEIN WÜRDE!" kreischte der Jüngere der beiden Jungs. Charlie verdrehte die Augen.

„Das mag sein, aber es wurde nicht im Kaufvertrag niedergeschrieben. Damit ist jeder mündliche Vertrag nichtig, da Fawn ihm nicht zugestimmt hat. Sie ist die Besitzerin des Landes und jeder Vertrag, der nicht mir ihr geschlossen wurde, ist nicht mehr gültig. Also folgt ihren Anordnungen." Charlie baute sich vor den beiden Jungen auf, die ihn mit großen Augen ansahen.

Dann aber verzog sich das Gesicht des Älteren wütend. „Wir haben ein Recht das Land zu nutzen! Es wurde uns versprochen! Wir haben das immer so gemacht!"

Charlie hob eine Hand und rieb sich die Stirn. Mit einem Mal konnte er perfekt verstehen, was Fawns Problem war. Er konnte spüren, dass er Kopfschmerzen von der Situation bekommen würde, wenn die sich noch lange weiterziehen würde.

„Das ist schön für euch. Aber wie euch von verschiedenen Personen bestätigt wurde, ich habe das Land gekauft und alles, was nicht mit mir abgemacht wurde, ist nichtig. Wenn ich jemandem verbiete etwas zu tun, dann dürfen die das auch nicht tun, egal ob das zuvor normal war oder nicht. Und ich habe euch verboten mein Land zu betreten. Also verlasst es jetzt bitte. Ich möchte wirklich keine Probleme, aber wenn ihr nicht geht, dann muss ich die Polizei rufen." Fawns Stimme war bestimmend und unerweichbar.

„Das werden wir Mutter sagen." drohte der Jüngere, seine Faust in Fawns Richtung schüttelnd.

Charlie zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme. „Was denkst du, dass deine Mutter hier anrichten kann? Ist sie mehr im Recht als ihr beiden? Nein. Bei weitem nicht. Die einzige Person hier im recht ist Fawn. Da kannst du heulen, schreien, mit dem Fuß aufstampfen oder wie ein Baby zu deiner Mama rennen. Es wird nichts daran ändern, dass ihr im Unrecht seid."

„Lass es. Sie werden es nicht verstehen. Ihr Zwei, kommt mit. Wir bringen euch bis zur Grenze. Dahinter ist euer Land. Da könnt ihr tatsächlich tun, was ihr wollt. Aber nicht auf meinem Land." Sie wies in Richtung der Grenze und die beiden Jugendlichen setzten sich grummelnd in Bewegung. Charlie konnte ihre Worte nicht klar hören, aber was er erkannte, schienen Beleidigungen in Fawns Richtung zu sein.

Sie reagierte nicht darauf und folgte den beiden Jugendlichen, die den Weg zu kennen schienen. Sie hoben die Füße kaum, wühlten teilweise die Erde auf und nun war es an Charlie die Fäuste zu ballen. Immer wieder stoppten die beiden, drehten sich triumphierend um und starrten Fawn an. „Ihr wisst es bereits. Die Grenze ist noch ein Stück weiter. Müssen wir wirklich erneut einen offiziellen Beamten herbestellen, damit der euch die Grenze des Landes zeigt? Die halten euch vermutlich dann für ziemlich dämlich."

Das brachte die beiden dazu weiterzugehen und vor sich hin zu murmeln. Sie wurden immer lauter, nicht dass sie einfach gesagt hätten, was sie dachten, aber ihr Wispern wurde verständlicher. Fawn ließ sich neben Charlie zurückfallen, warf einen Blick zu ihm und legte dann einen Arm auf seinen Unterarm. „Lass es gut sein. Sie werden es nicht mehr lernen. Mach dich selbst nicht straffällig." meinte sie mit einem Kopfschütteln.

Sie erreichten die Grenze und Charlie erkannte sie. Die Bäume hier waren mit Runen markiert, die ganz klar die Grenze anzeigten. Kein Wunder also, dass Fawn meinte, dass ein Beamter die Jungen für dumm halten würde. Wenn man ein solche auffälliges Zeichen hatte, dass die Grenze markierte, dann sollte man nicht tun, als wäre man im Recht, wenn man es nicht war.

Die beiden Jungs schlurften über die Grenze und im nächsten Moment bereiteten sich triumphierende Grinsen auf ihren Gesichtern aus. Charlie ahnte bereits, dass er nicht mögen würde, was nun passierte.

Drachen tanzen nicht nur am HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt