Das Reservat und der Boss

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Charlie stoppte einen Moment überrumpelt, dann folgte er ihr. „Du sagtest, dass hier wäre ein lizensiertes Reservat. Kannst du mir die Unterlagen zeigen? Ich werde sie vermutlich brauchen, wenn ich meinen Boss kontaktiere."

„Klar, sicher. Du kannst meinen Floh benutzen, wenn du möchtest. Der Kamin im Wohnzimmer ist angeschlossen. Ich glaube da ist noch Feuerholz. Ansonsten kannst du dich neben dem Haus bedienen. Du wirst vermutlich gesehen haben, wo ich mein Feuerholz aufbewahre." Sie deutete auf ihre Wohnzimmer und verschwand die Treppe nach oben. Dabei schien sie an einer Stufe hängen zu bleiben, denn es polterte und Charlie konnte sie leise fluchen hören.

Kopfschüttelnd, aber grinsend ging er in den Raum, den sie ihm angezeigt hatte. Der Raum war warm und ähnlich mystisch wie der Rest des Hauses. Pflanzen standen überall herum, mit bunten Blüten geschmückt. Windspiele erzeugten Lichtspiele und leise Klangmusiken. Bei den grünen und braunen Sofamöbeln musste sich Charlie verkneifen, dass er sich darauf fläzen wollte.

Der Kamin war hinter einem Bild einer Landschaft im asiatischen Stil verborgen, dass er einfach zur Seite stellte. Im Kamin war nur kalte Asche, aber sie hatte Recht behalten. In einem Korb neben dem Kamin waren noch ein paar Holzscheite, die er geschickt aufstapelte und mit einem Zauber entzündete. Während die kleinen Flammen um das Holz züngelten, nahm er den kleinen, beschrifteten Behälter aus dem Regal neben dem Kamin.

Als das Flohpulver die Flammen berührte, färbten sie sich grün ein und die Wärme ging zu einem angenehmen Level zurück. Charlie rief den Namen des Reservatkamins und gab das Passwort an. Die Flammen stiebten in einem Haufen an Funken auf. Charlie steckte den Kopf in die Flammen, die Augen geschlossen, bis er wieder kühle Luft auf der Haut spüren konnte. Als er die Augen wieder öffnete, sah er in das Chaos seines Bosses.

„Boss?" Charlies Stimme klang ungewohnt durch das Feuer, das Fluchen und folgende Poltern war dagegen gewohnt. Charlie grinste, als sein Boss durch sein eigenes Chaos stolperte und einen weiteren Stapel zum Fallen brachte, ehe er vor dem Kamin stand und zu ihm hinuntersah. Einmal mehr erschien ihm das Flohnetz als ziemlich unpraktisch.

„Charlie. Brauchst du Unterstützung? Gibt es da wirklich einen Drachen."

„Boss. Es ist so weit alles in Ordnung. Ich bin hier, ja. Und es gibt hier auch einen Drachen. Aber der ist überhaupt nicht aggressiv. Sie ist unglaublich friedlich und hat ihr Gebiet auf einer kleinen Insel. Man benötigt ein Boot, um sie zu erreichen, aber nur eine Person hat in diesem Reservat ein Boot."

„Stopp. Ein Reservat? Der Drache in Frage lebt in einem Reservat und da gibt es dennoch Beschwerden über." Charlies Boss raufte sich die Haare und seufzte hörbar. „Sollte es dort überhaupt ein Reservat geben?"

„Es ist scheinbar Recht neu. Und es ist ein Naturreservat, kein designiertes Drachenreservat. Und der Drache ist... ich weiß kaum, wie ich es beschreiben soll. Sie ist ein Wasserdrache, aber kein bekannter Drache. Ich habe noch nie einen Drachen wie sie gesehen. Nicht einmal eine verwandte Art. Und sie ist unglaublich friedlich. Sie lässt die Person hier sie berühren. Fawn ist nicht von dem Drachen bedroht und auch sonst niemand."

„Du hast den Drachen also wirklich gesehen?" Sein Boss raufte sich die Haare und sank zurück auf die Fersen. Hinter sich hörte Charlie ein Geräusch und sah sich um. Fawn hatte sich auf das Sofa gesetzt. Ein paar Papiere in den Händen lächelte sie ihm zu, blieb aber still. „Hast du die Dokumente für das Reservat gesehen?"

„Nicht jetzt, aber ich habe sie gebeten sie zu holen. Sie ist im selben Raum. Soll ich sie ansehen?"

„Frag nach, ob ihr Kamin gesichert ist. Ansonsten komme ich durch und sie kann mir die Dokumente zeigen. So gut du als Drachenhändler bist, du hast keine Ahnung von der Papierarbeit, die damit verbunden ist." Charlie lachte und gab seinem Boss Recht. Nach kurzer Rücksprache mit Fawn gab er seinem Boss durch, dass Fawns Kamin nicht gesichert sei und wie er ihn erreichen konnte.

Er zog den Kopf zurück und hockte auf dem Boden. „Ich machte deinen Teppich dreckig."

Fawn setzte sich neben ihn und lachte, befreit in den Kopf in den Nacken geworfen. „Was denkst du, warum genau dieser Teppich hier liegt. Weil er einfach zu waschen ist. Dadurch habe ich nicht überall Asche, sondern nur auf dem Teppich. Oh, guten Tag." Sie nickte Charlies Boss zu, dessen Kopf in ihrem Feuer ruhte.

„Guten Tag junge Dame. Ich nehme an, dass du die Besitzerin dieses Reservates bist?"

„Ja. Sie sind sein Chef? Er meinte Sie würden die Unterlagen sehen wollen?" Sie sah auf die Papiere in ihrem Schoss hinab, schielte nur in die Richtung des Kamins. Während des folgenden Gesprächs, machte Charlie es sich auf dem weichen Teppich bequem. Er verstand nichts von dem, über das die anderen beiden sprachen und wusste nicht, welche Dokumente Fawn seinem Boss zeigte, aber er schien mit jedem zufrieden zu sein.

„Charlie. Die junge Dame hat mir gesagt, du konntest den Drachen nicht identifizieren?" Charlie zuckte, als das Wort plötzlich wieder an ihn gerichtet wurde.

„Ja." Er rieb sich den Nacken. „Ich habe noch nie einen solchen Drachen gesehen. Ich kenne sämtliche beschriebene Wasserdrachenarten, aber diesen... nein. Sie hat noch Flügel, ist dem Wasser ansonsten aber angepasst. Fawn meinte, dass sie nicht fliegen kann und von ihrer Flügelgröße hätte ich das auch gesagt."

Sein Boss rieb sich das Gesicht, sah dann wieder zu Fawn. „Der Drache mag friedlich sein und ich wünschte, dass ich deinem Wort dabei einfach glauben könnten. Aber ich kann leider nicht. Drachen können aggressiv werden, wenn etwas passiert. Manchmal sind sie für kurze Perioden friedlich und dann wieder nicht."

„Ich verstehe." Fawn nickte und sah den Boss an. „Sie werden jemanden schicken, um den Drachen zu beobachten, nicht wahr? Ich wurde gewarnt, dass so etwas passieren könnte. Das man Experten schickt, um mich oder die Bewohner zu beobachten."

„Es ist schon jemand bei dir. Charlie, du wirst für eine Weile dortbleiben und wöchentliche Berichte senden. Ich nehme nicht an, dass irgendetwas passieren wird, aber mit Drachen kann man es nie riskieren. Und dabei sind wir schon unterbesetzt. Na gut." Charlie konnte die Anspannung in der Stimme seines Bosses hören.

„Kann ich diese Berichte nutzen, um sie an die Kommission zu schicken? Dann schicken die vielleicht niemanden. Ihr seid immerhin Experten." Fawn zuckte mit den Schultern, als Charlie sie ansah. „Was? Die Leute der Kommission sind nicht unbedingt die freundlichsten. Wenn die nicht kommen müssen, dann finden das beide Seiten gut. Die mögen mich nämlich auch nicht unbedingt."

„Lass dir von Charlie Kopien geben. Das sollte die tatsächlich ruhigstellen. Ich muss jetzt den anderen Reservaten Dampf untem Hintern machen. Einen Beschwerdebrief zu ignorieren, wenn es da wirklich einen Drachen gibt. Wie unverantwortlich kann man sein? Das ist..." Seine Tirade wurde unterbrochen, als er den Kopf aus dem Kamin nahm und das Gespräch unterbrach.

Charlie sah Fawn in der plötzlich entstandenen Stille an. Sie ordnete ihre Papiere und sah ihn dann an. „Ich habe ein Gästezimmer. Ich muss es nur vorbereiten. Ich nehme an, deine Freunde werden dir deine Sachen schicken?" Sie strich eine lose Strähne hinters Ohr und sah zum Fenster, während sie aufstand.

„Ich hoffe es. Aber meine Freunde sind manchmal nicht sonderlich hilfreich." Er hörte sie kichern und das Geräusch ließ sein Herz flattern.

Drachen tanzen nicht nur am HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt