Seelengespräche

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Als sie sehen konnte, warum er geschrienen hatte, brach sie in Gelächter aus. Charlies Hände waren um ein Tier geschlossen, dass auf seinen Kopf gesprungen war und sich in seine Haare krallte. Er sah sie überrascht an, als sie lachte. „Kannst du mir helfen und dann lachen?"

„Sicher. Aber wirklich Hilfe brauchst du im Moment nicht. Die sind neugierig und manchmal wirkliche eine Pest, aber sie sind nicht gefährlich. Lass sie einfach machen. Außer vielleicht ein Biss im schlimmsten Fall wird nichts passieren." Fawn zuckte mit den Schultern, als sie zu ihm kam, eine Hand hob und dem kleinen Wesen über das Fell strich.

„Du weißt, was das für Wesen sind?" Charlie schielte nach oben, konnte das Wesen aber nicht sehen. Langsam nahm er die Hände runter, als das kleine Wesen vergnügt quietschte und begann seine Haare zu untersuchen und zu ordnen.

„Ich kenne ihren Namen nicht. Sie sehen aus wie Otter, leben wie Otter und ich habe noch nicht herausgefunden, was ihre magischen Kräfte sind. Aber sie machen andere Geräusche, können von magischen Schilden nicht abgehalten werden und sie erkennen Magier. Ich weiß nicht wie, aber sie interessieren sich nur für Magier und zeigen sich auch nur uns." Erneut zuckte sie mit den Schultern und wollte schon den Arm sinken lassen, als das Wesen ein protestierendes Geräusch von sich gab.

Es ließ Charlies Haare in Frieden und drückte sich gegen Fawns Hand. „Okay, okay. Ich werde nicht aufhören dich zu streicheln. Aber ich muss meinen Arm runternehmen. Er ist verdammt groß und so fällt mir der Arm ab." Sie nahm den Arm tatsächlich runter und rieb ihn, ihr Gesicht zeigte, dass es nicht angenehm sein konnte.

Das Wesen auf Charlies Kopf fand das Ganze nicht lustig. Es quietschte protestierend und kletterte auf Charlies Schultern, um sich von dort zu Fawn lehnen zu können. Sie stand ein bisschen zu weit weg und das Wesen, das tatsächlich aussah wie ein Otter, streckte sich weiter und weiter. Charlie hatte Angst, dass es das Gleichgewicht verlieren würde und zu Boden fallen würde. Die Höhe war genug, um das Wesen zu verletzen.

Er machte einen Schritt nach vorne und die Vorderpfoten des Wesens erreichten Fawns Schultern. Es fiepte vergnügt und rieb den Kopf gegen Fawn, die langsam aber sicher immer röter wurde. Sie stand nur wenige Centimeter von Charlie entfernt und dieser machte keine Anstalten sich demnächst zu bewegen. Im Anbetracht der Tatsache, dass das Wesen noch immer auf seinen Schultern saß und sich mit den Vorderpfoten bei Fawn abstützte, wäre das auch keine gute Idee.

Ein schrilles Keckern ließ das Wesen stoppen und den Kopf heben. Es sah sich um, ging dann aber zurück und ordnete Fawns Haare in ein neues Chaos. Das Keckern aber erklang noch einmal, diesmal mehr bestimmend und das Wesen stoppte. Es setzte sich auf und sah sich um. Dann kletterte es an Charlie herunter und rannte ins Wasser. Die beiden Menschen sahen ihm nach, als es zu einer Gruppe solcher Wesen stieß.

Ein großes, lautes Keckern und Zwitschern ertönte. Fawns Lippen zeigten ein verträumtes Lächeln, als sie die Gruppe beobachteten, die miteinander spielte und raufte. Das Geplansche und der Lärm des Ganzen zog die Aufmerksamkeit von allem in der Umgebung auf sich, sodass Vögel über dem Ganzen kreisten.

„Wie können die verborgen sein? Die sind Chaos und Lärm und ..." Charlie sah zu Fawn hinunter, die im selben Moment zu ihm hinaufsah. Ihre Augen fanden einander und hielten den Blick des anderen gefangen. Sie lehnten sich zueinander. Ein Windstoß erfasste sie und Fawns langen Haare entkamen dem Haarband. Sie peitschte um Fawns Kopf und durch Charlies Gesicht.

Sie sahen sich überrascht an, als der Wind nachließ und ihre Haare Fawn selbst ins Gesicht fielen. Sie strich sich die Haare zur Seite und suchte seinen Blick. Kaum hatte sie seine Augen gefunden, da brachen beide in Gelächter aus. Fawn hielt sich den Bauch und ließ sich zurückfallen. Auf dem Boden sitzen lachte sie, bis ihre die Tränen über die Wangen liefen.

„Oh. Ich habe schon lange nicht mehr so viel gelacht. Es ist schön einmal mehr Gesellschaft zu haben. Und noch viel schöner, dass ich welche habe, die mich zum Lachen und nicht zum Weinen bringt." Ihr Gesicht sank und sie sah über das Wasser, ihren Blick auf den weit entfernten Horizont gerichtet.

Als sich Charlie neben sie setzte, sanken ihre Schultern herunter. Sie zog die Knie an die Brust und umschlang sie mit den Armen. Charlie legte einen Arm um sie und zog sie an seine Seite. Zuerst passierte nichts, doch dann lehnte sie sich in die angebotene Wärme.

„Ich hatte nicht das schönste Leben. Das hast du vielleicht schon gedacht. Aber ich dacht zu mehr als nur einem Punkt, dass ich meinen Platz in der Welt gefunden hätte. Das sich Leute um mich sorgen würden. Das sie mich mögen würden. Nur um jedes Mal bitter enttäuscht zu werden und noch tiefer in das Loch aus Einsamkeit gestoßen zu werden. Wann immer jemand eine Wahl treffen musste, nie wählte man mich. Ich wurde immer allein gelassen."

Sie schluckte schwer, deutlich hörbar. „Ich gehörte nicht dazu. Ganz gleich wie sehr ich mir das wünschte, wie sehr es mir vorgegaukelt wurde. Ich war immer anders als alle anderen. Und das wurde mir auch gezeigt. Wann immer ich tat, was ich selbst wollte, wurde mir gesagt es sei falsch. Es sei nicht richtig. Ich würde Fehler machen. Ich wüsste nicht, was gut für mich wäre." Sie schluchzte und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

Charlie strich ihr über den Rücken. Sie rieb sich heftig das Gesicht und hob den Kopf wieder. „Ich weiß heute, dass ich mich mit den falschen Personen umgeben habe. Aber ich kann nicht entscheiden, ob eine Person gut für mich ist oder nicht. Ich kann meiner eigenen Entscheidung nicht mehr wirklich vertrauen. Aber ich tue jetzt, was mich glücklich macht. Und hier sind keine Menschen, die mich dafür kritisieren können. Und den Tieren ist es egal." Mit blitzenden Augen sah sie zu Charlie.

„Das stimmt wohl. Die Tiere interessieren sich nicht für Dinge, die Menschen eben tun. Sie halten uns Menschen vermutlich wegen allem für komisch, da stört sie so manch komische Sache nicht mehr." Charlie seufzte. „Ich kann nicht nachvollziehen, wie es ist, allein gelassen zu werden, das war ich nie. Ich hatte immer Freunde um mich herum, und meine Familie. Aber ich weiß, wie es ist kritisiert zu werden, für was man selbst will oder ist."

Er atmete tief durch. „Meine Mutter war gegen meinen Wunsch Drachenzähmer zu werden. Es sei zu gefährlich. Ich sei zu weit weg von der Familie. Ich würde Narben riskieren und keine Frau finden. Es gab immer wieder Streit. Es wurde nur schlimmer, als ich Angebote von Quidditchclubs bekam professionell für sie zu spielen. Wie ich so etwas ausschlagen könne. Ruhm, Reichtum, nahe Zuhause. Ich würde definitiv eine Frau finden."

„Das hört sich an, als wolle deine Mutter Enkelkinder." Fawns Ton war leise und vorsichtig.

Charlie lachte laut, aber nicht wirklich amüsiert. Es war ein hässliches Geräusch. „Das ist vermutlich sogar wahr. Und vermutlich mehr als jede andere Familie. Nur um irgendwas zu haben. Meine Geschwister haben bereits Kinder und trotzdem werde ich immer nach einer Frau gefragt, wenn sie mich über meine Schwester erinnert. Sie..." er brach ab und sah über das Wasser.

„Möchtest du mir davon erzählen? Wenn nicht dann nicht. Aber, ich bin fremd. Ich kenne sie nicht. Aber ich kann dir zuhören, wenn du dir deine Sorgen von der Seele reden möchtest." bot Fawn zögerlich an.

Drachen tanzen nicht nur am HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt