Er hatte den Wein tatsächlich einfach nur runtergespült. Wenn er das länger tat, würde er sicher schnell betrunken werden... außer wenn er abhängig von dem unfassbar teurem Wein war. Das würde mich aber auch nicht wundern, musste ich mir eingestehen.
>> Ich hatte es auch nicht vor zu verstecken.<< versuchte ich Thranduil mit einer möglichst gleichgültigen Miene mitzuteilen. Er schüttelte den Kopf und kam mit langsamen Schritten auf mich zu. Ich wappnete mich. Doch wofür fragte ich mich? Er schlenderte jedoch nur geradewegs an mir vorbei und strich leicht meinen Arm mit seiner dunkelgrauen, schillernden Robe.
Denn nun trug er keine glänzende Rüstung mit dem langen Umhang, sondern eine lange silberschwarze Tunika und den dazu passenden Umhang, wie auch die silberne Tiara, die schon fast einer Krone glich, mit einem blauen, hellen Stein an der Stirn. Sie passte wirklich gut zu seinem hellen Haar. Man musste ihm lassen, dass er wusste, was er zu tragen hatte oder die Elben, die ihm seine Kleidung rauslegten.
Ich war erleichtert, als er auf dem hölzernen Stuhl, der fast einem kleinen Thron mit dem außergewöhnlichem Kopfteil glich, platz nahm. Wenigstens war genug Abstand zwischen uns, sodass ich klar Denken konnte...
Er musterte mich unentwegt. Von oben bis unten und wieder hoch, sodass ich nervös von einem Fuß auf den anderen trat. >> Weshalb sollte ich mitkommen? << wollte ich die unangenehme Stille verscheuchen. Er hielt in seiner Analyse, die schier unerträglich war, inne und blickte mir in die Augen. Diese hellblauen Augen waren wahrlich wunderschön... doch woran dachte ich bitte? Ich sollte mich besser Konzentrieren und nicht Abschweifen.
So versuchte ich seinem Blick standzuhalten, welches mir einiges Abverlangte, aber irgendwie so einfach war, wie Atmen. Doch er war noch immer still, sodass ich nervös anfing auf meiner Unterlippe zu kauen. Er bemerkte dies sofort, weshalb ich damit auch gleich wieder aufhörte, als er mir auf die Lippen starrte und schluckte.
Nun stand er jedoch ohne ein Wort auf, aber auch ohne den neu aufgebauten Blickkontakt zu unterbrechen. Ich blieb stumm stehen, als er mit großen Schritten auf mich zukam und kurz vor mir stehen blieb. Meiner Meinung nach etwas zu nah, aber ich wollte nicht weichen. Erstens, da ich ihm nicht den Eindruck schenken wollte, dass er mich etwas einschüchterte, andererseits da ich seine Nähe auch... mochte.
>> Ich lasse dir neue Kleidung in dein Zelt legen. << gab er mir mit leicht gerümpfter Nase zu verstehen. >> Und mehr Seife. << fügte er hinzu. Ich schnaufte nur. >> Danke. Ich weiß, dass ich stinke. Es ist nunmal nicht zu vermeiden, wenn man unentwegt die gleichen Klamotten trägt. << >> Und mit einer Horde Zwerge unterwegs war. << fügte er streng hinzu. Darauf verzog ich meinen Mund zu einem geraden Strich und wandte den Blick ab, um stattdessen gegen eine Zellwand zu starrten. Darauf konnte man schließlich nicht antworten und entschuldigen kam überhaupt nicht infrage.
>> Du hast mir ziemliche Kopfschmerzen bereitet. << gab er mir mit kratziger Stimme zu verstehen. Fast so, als würde er sich an die angeblichen Gefühle, wie mir die nette Heilerin zu verstehen gab, zu erinnern, die er bei meiner Abwesenheit empfunden hatte.
>> Verdient. << murmelte ich in Gedanken. >> Wie bitte? << fragte er etwas schärfer, als er eigentlich beabsichtigt hatte.Er wollte sie eigentlich nicht hier haben, um sie für ihr Verhalten zu tadeln. Er hätte schließlich auch so gehandelt. Er machte ihr keine Vorwürfe. Er hatte sich falsch verhalten und wollte sich erklären. Alles. Auch das, was er sich selbst kaum eingestehen wollte. Einfach alles. Ihre Abwesenheit hatte ihm gezeigt, was er für sie Empfand, auch wenn er sich versprochen hatte, nie wieder so für jemanden zu empfinden. Nie wieder. Für sie und für ihn selbst. Doch er konnte nicht anders.
>> Ich sagte, dass du das verdient hast.<< wiederholte ich unbeeindruckt und wandte mich ihm wieder zu. Es blitzte in seinen Augen auf. Ich vermutete, dass es Angriffslust war. Doch bevor er mir wieder irgendwelche blöden Bemerkungen an den Kopf warf, wollte ich ihm zuvorkommen.
Ich duzte ihm bewusst, als ich mit ihm sprach, da er es selbst auch tat. >> Zumal du schon bei unserer ersten Begegnung in Bruchtal unfreundlich warst, wobei wir uns nicht einmal kannten. Du warst es, der solche blöden Regeln aufgestellt hatte, dass ich nicht alleine ausreiten konnte und du mit deinem Verhalten warst es, der dafür gesorgt hatte, dass ich diesen blöden Handel einging. Du warst es doch, der mich am Tag des Sternenlichtfests angeschrien hatte und mich letztendlich abgeschoben und auf ein Zimmer gesperrt hatte! Also wunder dich nicht, warum ich von einem Moment auf den Anderen verschwunden war! << Zum Ende hin wurde ich immer lauter, da ich mich immer mehr in Rage geredet hatte und mich erinnerte... an die Gefühle... die Enttäuschung.
Ich hatte mehr von ihm erwartet und es schmerzte, da ich ihn in den paar Wochen der Ruhe wirklich lieb gewonnen hatte, auch wenn er stets distanziert geblieben war. Er hatte mir zugehört, wenn ich mit ihm gesprochen hatte und sich nie über mich lustig gemacht, wie ich ihm zugehört hatte.
Doch nun funkelten wir uns beide böse an. Die Wochen fast vergessen. Er erwiderte nichts, sondern atmete nur hektisch, sodass ich wütend hinterher schob. >> Wir sind hier fertig! << und mich nach draußen abwandte. Ich war bereits am Gehen, als er mir hinterherrief. >> Warte! << Doch ich ging weiter, hinaus aus der Zeltöffnung. >> Arien! Warte! << hörte ich ihn aufgebracht hinter mir rufen. Aber ich drehte mich nicht um, sondern steuerte in die Richtung meines Zeltes. Ich drehte mich auch nicht um, als ich es laut aus dem Zelt Krachen hörte, wie einen wütenden Aufschrei, der schon fast etwas verzweifelt klang. Doch ich glaubte es mir nur einzubilden.
——
In meinem Bett wieder angekommen versuchte ich bereits den Tag zu vergessen und weiter zu schlafen. Ich sollte mich schließlich für den ganzen Tag schonen. Morgen dürfte ich eigentlich erst wieder mich belasten, hatte die braunhaarige Elbin mir zu verstehen gegeben.
Doch ich kam einfach nicht zur Ruhe, als ich bereits eine gefühlte Ewigkeit in den angenehm kühlen Laken lag. Viel zu sehr beschäftigte mich Thranduils Reaktion auf meine Worte.
Hatte ich ihn etwa verletzt? Aber er hatte mich verletzt. Er hatte das verdient und ich hatte zu meinem Verhalten jedes Recht. Doch war ich nicht doch etwas zu weit gegangen? Was wenn er doch Gefühle für mich hatte, wie es die Heilerin angedeutet hatte? Wie vielleicht auch ich... Was, wenn er es bereute und ich ihn mit meinen Worten nur noch mehr verletzt hatte? Vielleicht wollte er mir vorhin alles erklären, doch ich war zu engstirnig und stolz gewesen, als ihm zuzuhören...
Gedanke um Gedanke, Frage um Frage kreisten in meinem Kopf herum, der eigentlich nach Ruhe verlangte.
So stand ich nun doch wieder schwungvoll auf und zog mich schnell an. Jedoch nicht mit den Klamotten, die ich die letzten Tage trug, sondern mit denen, die bereits von einer kleinen Elbin hereingereicht worden waren.
Es war eine einfache, enganliegende, braune Stoffhose und ein weißes Seidenhemd mit Perlen an Kragen und Ärmelsaum. Dazu trug ich meine eingestaubten Stiefel mit dem Mantel, den mir Legolas geschenkt hatte. Wo war er eigentlich? Ich hatte ihn hier noch nicht gesehen. Ich sollte mich morgen nach ihm erkunden.
Nun jedoch machte ich mich in der Dunkelheit auf den Weg zu dem Zelt des Königs. Ich hatte wahrlich ein schlechtes Gewissen, was mich einfach nicht ruhen ließ. Hoffentlich würde ich es nicht bereuen und danach beruhigt einschlafen können.
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Thranduil FF || DIE BESTIMMUNG - Mond und Sterne
FanficArien wurde als Mensch geboren und lebt in der Gegenwart mit ganz normalen Sorgen, bis eines Tages zwei Fremde auftauchen und sie in eine neue Welt schleppen. Mittelerde. Dort erwartet sie ein Leben, das sie sich nicht im Geringsten vorgestellt hat...