"Ich bin weg.", rief ich über die Schulter, auch, wenn es vermutlich eh keiner mitkriegen würde. Mutter war schon längst arbeiten und hatte Amaya zur Schule gebracht. Ikuto würde bestimmt wieder verschlafen, auch, wenn ich wie verrückt an seine Tür gehämmert hatte.
Ich steckte meine Bento Box ein und ließ die, die ich für meinen Bruder gemacht hatte, wie immer auf dem Tisch neben der Küche stehen, ehe ich im Flur meine Schuhe anzog und das Haus verließ. Draußen stand Kuroo bereits an die Mauer gelehnt, Kenma schlenderte gerade über die Straße zu ihm herüber, seine Augen auf seine Konsole gerichtet.
Ich stemmte meine Hände in die Hüfte und sah ihn tadelnd an. "Hey, Kenma! Du sollst doch gucken, bevor du über die Straße gehst.", mahnte ich ihn lauthals.
Kuroo prustete und lachte, während Kenma mich nur mit einem neutralen Blick ansah. "Jetzt ist es, als hätte ich nicht nur einen übereifrigen Patenvater, sondern auch eine Patenmutter.", murmelte der blonde Junge leise und sah zwischen Kuroo und mir hin und her. Stimmte schon, Kuroo pfiff Kenma auch häufig zusammen. Die zwei waren allerdings auch schon seit Ewigkeiten befreundet. Verlegen lächelte ich. "Sorry. Aber ich mag meine Freunde einfach gerne lebendig und nicht von einem Auto überfahren.", erwiderte ich ruhig.
Es waren inzwischen zwei weitere Wochen vergangen und ich hatte mich an der Nekoma- Oberschule deutlich schneller eingewöhnt, als ich es für möglich gehalten hatte. Mit den anderen Jungs im Volleyball Team, kam ich ebenfalls sehr gut zurecht. Auch, wenn sie manchmal etwas stürmisch und albern sein konnten. Die neuen Erstklässler schienen ebenfalls alle sehr nett zu sein. Einer stach mit seinem Selbstbewusstsein und seiner kindisch-enthusiastischen Art ein wenig heraus. Lev Haiba war sein Name. "Ach, Kuroo? Dieser neue Trainer von der Karasuno hat wieder angerufen, meinte Herr Naoi gestern.", erzählte ich, während wir zur Bahn schlenderten. Kuroo hob seine Augenbrauen. "Echt? Wieder? Der ist ja hartnäckig." Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf die Lippen des dunkelhaarigen Jungen. "Gut so. Ich hätte Lust darauf, sie bei einem Trainingsspiel fertig zu machen." Kenma sah von seiner Konsole auf und auch ich sah Kuroo gespannt an. "Geht es dir dabei einfach darum, alle zu besiegen, oder darum, dieses bestimmte Team fertig zu machen?", fragte ich amüsiert. "Beides.", stellte er klar. Überrascht hob ich meine Augenbrauen. "Die Karasuno und die Nekoma sind schon länger Rivalen, als wir geboren sind." Eine Rivalität, die über Generationen hinaus ging? Das klang vielversprechend. "In den letzten Jahren hat die Karasuno Mannschaft etwas abgebaut, aber wer weiß. Auch die Nekoma hatte zwischendurch einen kleinen Durchhänger. Davon kann jetzt aber nicht mehr die Rede sein." Mit einem breiten Grinsen, klopfte Kuroo seinem Kindheitsfreund auf den Rücken. "Vor allem nicht mit unserem Team-Hirn hier.", stellte er zufrieden fest. Kenma sah entrüstet von seiner Konsole auf, auf der sich ein kleines Game Over abbildete und erwiderte Kuroos Blick unbeeindruckt. "Ist es nicht eh egal, ob wir gewinnen oder verlieren würden? Ist doch nur ein Trainingsspiel." Kuroo schüttelte eifrig seinen Kopf. "So motiviert wie eh und je.", sprach ich lächelnd.
In der Schule angekommen, quälten wir uns ein wenig durch den Unterricht, ehe wir uns nach Schulschluss alle in der Sporthalle versammelten. "Hallo (d/nn)-san~." Es war Taketora, der mir begeistert entgegen lief, als ich aus der Umkleide in die Halle trat. Ich erwiderte seinen Enthusiasmus mit einem freundlichen Lächeln. "Hey Yamamoto.", begrüßte ich ihn, ehe ich mich meinen Aufgaben widmete. Ich spürte noch eine Weile seinen Blick auf mir, doch daran hatte ich mich inzwischen gewöhnt.
Als die Trainer die Halle betraten, stellte ich meine Tätigkeiten ein und gesellte mich zu ihnen. Die Spieler stellten sich alle brav im Halbkreis auf und verbeugten sich höflich. "Ich wollte euch nichts versprechen, bevor es nicht fest steht, doch nun ist es offiziell: Ende dieser Woche geht es in ein kleines Trainingscamp, übers Wochenende. Ihr werdet auch auf ein Team stoßen, welches eurer Generation von Spielern noch unbekannt ist.", sprach Herr Nekomta direkt. Ich weitete überrascht meine Augen. Aufgeregtes Tuscheln machte sich breit. Mein erstes Trainingscamp... "Welches?", fragte Kuroo ruhig, doch vermutlich kannte er die Antwort bereits. "Karasuno." Auf Herr Nekomatas Gesicht breitete sich ein ehrgeiziges Grinsen aus. "Lange ist es her. Es wurde mal wieder Zeit.", sprach er, in Erinnerungen schwelgend. "Ihr werdet euch gut darauf vorbereiten müssen." Die Jungs verschränkten kritisch ihre Arme. "Sind die nicht total schwach?" "Das wird ein Kinderspiel." Herr Nekomata unterbrach das aufkeimende Getuschel jäh mit einem lauten Räuspern. "Sie zu unterschätzen wäre ein böser Fehler.", stellte er direkt klar. Sofort hatte er die Aufmerksamkeit aller Spieler. "Sie mögen in der Vergangenheit ein wenig abgebaut haben, doch so ging es uns auch mal. Erst vor kurzem haben sie sich überraschend gut in dem Trainingsspiel gegen die Aobajosai geschlagen." Anerkennendes Raunen schlich sich durch die Reihen. "Wie sieht der Plan aus?", fragte Kuroo weiter. Er schien sich von dem Getuschel gar nicht beirren zu lassen. Auch, wenn er manchmal hitzköpfig und laut sein konnte, war er in seiner Rolle als Kapitän der Mannschaft absolut richtig. Ich legte leicht meinen Kopf schief und bemerkte gar nicht, dass ich ihn anstarrte. "Freitag Abend, nach der Schule und nach dem Training, nehmen wir den Bus in die Präfektur Miyagi. Dort kommen wir in einer Unterkunft unter. Samstag spielen wir gegen die Shirato, Sonntag gegen Karasuno.", erklärte Herr Naoi und Kuroo nickte. Als er meinen Blick auf sich bemerkte, sah er mit einem breiten Grinsen zu mir herüber. Ich wich seinen Augen eilig aus und ignorierte die Röte, die mir ins Gesicht stieg. Ihm dabei zuzusehen, wie er als Kapitän arbeitete, fand ich schon von Anfang an irgendwie anziehend. "W-W-Wartet mal! Heißt das, dass (d/nn)-san etwa auch mitkommt?!", Taketora hatte sich zu Wort gemeldet und die anderen stiegen begeistert mit ein. Kuroo trat mit einem Grinsen neben mich und legte mir einen Arm um die Schulter. "Klar, (d/nn) gehört doch mit ins Team.", erklärte er und erntete ein begeistertes Jubeln. Verlegen lächelte ich und blickte in die Runde. Ich musste eigentlich erst noch meine Mutter fragen... Doch die schien sich bisher nicht an meinen Club Aktivitäten zu stören. Kurz sah ich zu Kuroo hoch. Sein muskulöser Arm war noch immer um meine Schultern gelegt, während er in ein Gespräch mit seinen Teammitgliedern verwickelt war. Warum wir einander noch immer mit Nachnamen ansprachen, wusste ich selbst nicht so genau. Kenma und ich hatten das bereits nach einer Woche abgelegt. Eventuell hing es damit zusammen, dass ich in Kuroos Gegenwart immer dieses seltsame Flattern in der Brust verspürte und auch jedes Mal ziemlich aufgeregt war, bevor das Training startete. Eventuell war es meine... - oder unsere - Art und Weise, eine gewisse Distanz zu wahren. Mochte ich ihn etwa... etwas? Immerhin brachte mich eine kleine Berührung schon immer ziemlich schnell aus dem Konzept. Oder, wenn er mich Kitten nennt... Alleine der Gedanke trieb mir die Röte tiefer ins Gesicht, also löste ich mich leicht aus Kuroos Griff. Völliger Unsinn. Selbst, wenn ich Kuroo eventuell ein kleines bisschen mochte, so würde er diese Gefühle mit Sicherheit nicht erwidern. Mir war nicht entgangen, was für einen Ruf er an dieser Schule inne hatte. Er war ein Mädchenschwarm. Er hatte keine Probleme damit, eine Freundin zu finden, wenn er es wollte. Eine attraktive noch dazu. Und beliebte Jungs waren nicht unbedingt mein Ding. Nicht nach dem, was ich schon durchgemacht hatte. Kuroo fiel auf, dass ich mich aus seinem Griff gelöst hatte und warf mir einen unauffälligen Blick zu. "Alles okay, Kitten?", raunte er leise und beugte sich leicht zu mir hinunter. Ich hob meine Hände und hielt sie leicht zwischen unsere Gesichter, um die noch immer bestehende Röte meiner Wangen zu verdecken. "J-Ja klar.", sprach ich eilig und lächelte leicht. Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, er könnte meine Gedanken lesen und sprach mich deshalb in genau solchen Augenblicken an. "Ich muss heute etwas früher nach Hause! Ich gehe schon mal los.", sprach ich und eilte zur Umkleide. Ich brauchte frische Luft - und ein wenig Abstand. Außerdem musste ich mit Mutter sprechen. Ich winkte dem Team zu, welches gerade dabei war, die Bälle einzusammeln. "Bis morgen.", rief ich. Kuroo sah mich etwas verwirrt an, doch ich wandte mich bereits zum Gehen ab.
Zu Hause angekommen, stellte ich meine Schuhe im Flur ab und ließ die Einkäufe, die ich unterwegs eingesammelt hatte, auf den Küchentisch sinken. "Ich bin zu Hause.", sprach ich und hörte die Schritte meiner Mutter aus dem Wohnzimmer erklingen. "Hallo (d/vn).", begrüßte sie mich mit einem Lächeln und half mir dabei, die Tüten auszuräumen. Heute Abend würde ich Curry machen. "Wie lief dein Tag?" Ich sammelte allen Mut zusammen und schloss den Kühlschrank, in den ich gerade den Einkauf einordnete. "Es lief gut. In Englisch haben wir einen Test geschrieben - lief gut.", hielt ich mich kurz. Ich wollte zum wesentlichen kommen. "A-Also Mama...", begann ich zögerlich. Aufmerksam hob sie ihren Blick und sah mich an. "Mein Team hat am Wochenende das erste Trainingscamp des Schuljahres. Es geht von Trainingsende am Freitagabend, bis Sonntagabend. Ich würde als Managerin mitfahren dürfen. Es... findet sogar in Miyagi statt!", gab ich bekannt. Bei dem Gedanken, in meine alte Heimat zurückzukehren - obgleich die Präfektur auch relativ groß war - spürte ich ein freudiges Kribbeln in meiner Brust. "Ich würde natürlich separat von den Jungs schlafen. Und bestimmt haben die anderen Teams auch Managerinnen..." Meine Mutter hob ihre Augenbrauen und lehnte sich mit der Hüfte am Küchentisch ab. "Nun ja, ich habe dir ja im Prinzip schon erlaubt, als Managerin zu arbeiten. Und das gehört ja auch dazu, das weiß ich. Aber..." Sie seufzte leise. Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. "Sind die Jungs wirklich nett zu dir?" Ich nickte eifrig. "Und sie bedrängen dich auch nicht?" Ich wurde rot. "Nein Mama, sie sind wirklich alle sehr nett." Hinter mir ertönte ein leises prusten. "Als würde sich jemand freiwillig mit dieser Nervensäge auseinandersetzen wollen." Ich warf einen Blick über die Schulter und erkannte Ikuto, der offenbar gerade duschen gewesen war. "Auch hallo.", murrte ich leise. Unsere Mutter stieß ein leichtes Seufzen aus und lächelte dann entschlossen. "Weißt du, eigentlich habe ich eine gute Idee.", sprach sie. Oh je... Wenn sie das schon so sagte, hieß es sicher nichts gutes. "Ich denke, es ist wichtig, dass du mitgehst. Und du musst mich auch nicht jedes Mal um Erlaubnis bitten, sondern mir nur bescheid sagen. Aber damit mein Gewissen beruhigt ist, möchte ich, dass Ikuto Freitagabend vorbei kommt und dich zum Bus begleitet." Mein Bruder und ich stießen gleichermaßen ein entrüstetes "Ehhhh" aus. "Ich habe Freitagabends besseres zu tun. Habe ein Date.", protestierte Ikuto sofort. Mir kam es auch zugute, wenn er nicht auftauchen würde. Bisher hatte ich ihn erfolgreich von meinen Freunden ferngehalten und auch sonst schien in der Schule keiner zu wissen, dass wir Geschwister waren. "Du sollst sie nur vom Training abholen und sie als sorgsamer, älterer Bruder, verabschieden. Dabei kannst du ganz unauffällig einen Blick auf ihre Teamkameraden werfen und mir am nächsten Tag Bericht erstatten." Puh, immerhin war sie ehrlich. "Du möchtest also Ikuto, meine Teamkameraden ausspionieren lassen?", seufzte ich. Wieso vertraute sie nicht einfach auf meine Worte? "Ach was." Mutter hob ihre Hand und wedelte vor ihrem Gesicht hin und her. "Doch nur so zehn Minuten, bis ihr abfahrt. Das überlebt ihr zwei schon. Ikuto kann danach zu seinem Date und du mit deinen Teamkameraden losfahren.", versprach sie ruhig.
Unzufrieden sah ich zu meinem Bruder herüber, doch widersprach nicht weiter. Ich war schon dankbar, dass ich überhaupt mitfahren durfte. "Nervensäge.", grummelte Ikuto und wandte sich ab. "Du schuldest mir etwas." Genervt sah ich ihm nach. Ich will doch nicht mal, dass du mitkommst, du Genie...
Als ich mit Mutter fertig gekocht hatte und wir alle gemeinsam gegessen hatten, duschte ich und warf mich anschließend, nur in ein Handtuch gehüllt, erschöpft auf mein Bett. Ich hob mein Handy vor mein Gesicht, als es vibrierte und weitete leicht meine Augen, als ich auf dem Display drei Nachrichten von Kuroo erkannte.
18:07 Kuroo: Hey (d/nn). War eben alles okay, Kitten? Du bist einfach abgehauen.
18:56 Kuroo: 🐈?
19:51 Kuroo: Hör auf mich zu ignorieren. Und wenn du nur im Handtuch rum rennst, mach deine Vorhänge zu. Ich habe gehört, in der Nachbarschaft soll es eine Spannerin geben...
Ein flammendes Rot erschien auf meinen Wangen. W-Was zum...?! Sofort sprang ich auf und trat in eiligen Schritten zu meinem Fenster. Im gegenüberliegenden Fenster stand Kuroo, breit grinsend und wedelte leicht mit seinem Handy. Ich realisierte, dass ich noch immer im Handtuch da stand und zog in einer panischen Bewegung den Vorhang zu.
19:54 (d/vn): Wer ist hier ein Spanner?!
19:54 (d/vn): Ich rufe die Polizei!19:56 Kuroo: Keine Sorge, Kitten. Habe nichts gesehen.
19:56 Kuroo: Also? War alles okay?
19:57 (d/vn): Ja, alles gut. Habe nur mit Mama sprechen müssen, wegen des Ausfluges. Und war noch einkaufen.
19:57 Kuroo: Und? Hat sie ja gesagt??
19:58 (d/vn): Nein.😢
19:58 Kuroo: Verpasster Videoanruf.
19:59 (d/vn): Ich bin nach wie vor nur im Handtuch, Kuroo...
19:59 Kuroo: Ein Grund mehr, den Anruf anzunehmen.
20:00 Kuroo: Heißt das etwa, du darfst nicht mit...?
20:01 (d/vn): Genau, wegen so perversen Jungs wie dir.
20:01 (d/vn): Spaß. Kann mit, alles gut. 🙃20:03 Kuroo: Seit wann bist du so frech?!
20:03 Kuroo: Ich bin erleichtert, dass du mitkommst...
Ich legte mein Handy auf meiner Brust ab und lächelte leicht. Er ist erleichtert? Freute er sich etwa?
Kurz überlegte ich mir, ob ich ihm erzählen sollte, dass mein nerviger, großer Bruder mich vom Training, bis zum Bus bringen würde. Doch ich entschied mich dagegen. Eventuell tauchte Ikuto ja gar nicht auf. War schon unangenehm genug.
20:05 (d/vn): Ich auch. 😊
20:06 (d/vn): Ich muss noch lernen und gehe dann schlafen. Gute Nacht.
20:08 Kuroo: Uääh, Streber. Bis morgen.
Ich kicherte leicht und legte mein Handy bei Seite, ehe ich mein Mathematik Buch aufklappte.
22:02 Kuroo: Schlaf gut, Kitten. 🐈_____
Ahhh, als nächstes schreibe ich den Ausflug. ^-^ Ich gebe mir Mühe, mich an die Anime Vorlage zu halten, aber leichte bis mittlere Abweichungen gibt es immer mal wieder. Habe vorhin nochmal den Teil der ersten Staffel geguckt, um es halbwegs akkurat schreiben zu können... xD
Auch, wenn ich gerade total im Flow bin, gehe ich jetzt schlafen und schreibe morgen weiter.
Ich führe hier vermutlich Selbstgespräche, aber egal: Gute Nacht :D
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Eins zu sieben Milliarden (Kuroo x Reader)
FanfictionWie hoch ist die Chance, dem einen Menschen zu begegnen, den man aus tiefster Seele lieben wird? Auf der Welt leben über sieben Milliarden, einzigartige Menschen. Keiner gleicht dem anderen, jeder hat seine eigenen Gedanken, Passionen, Vorstellungen...