Wenn Louis jetzt wieder kommen würde, könnte er denken, dass ich einen Schneeengel machen wollte.
Denn so lag ich da.
Mit dem Rücken im Schnee, meine Arme und Beine weit von mir gestreckt und in den immer noch sternenlosen Nachthimmel blickend.
Ich wusste nicht, wann dieser Moment kam, aber irgendwann war alles weg.
Der ganze Druck auf meiner Brust, all die Tränen.
So als wäre ein Schalter bei mir umgelegt worden.
So als wäre schon um alle Sekunden meines Lebens geweint wurden.
Und nun lag ich hier wie ein energieloses Bündel im Schnee.
Aber es machte mir nichts aus.
Warum sollte es denn?
Immerhin war es nicht kalt und wenn ich Louis Glauben schenken konnte, brauchte ich mir auch um nichts mehr Sorgen machen.Sorgen. Das war auch schon wieder ein Begriff für sich selbst.
Wie war es eigentlich möglich, dass ich mich um irgendetwas sorgte, dass vielleicht nie stattgefunden hatte?
Louis war da ganz anders.
Vielleicht weil er sich schon damit abgefunden hatte, ich wusste es nicht.
Er machte sein Ding und ich sollte mein Ding machen.
Und das war der vernünftigste Gedanke, den ich in den letzten paar Minuten, Stunden oder Tage hatte.
Fand ich zumindest.
Oder versuchte ich mir einzureden.
Zumindest sollte ich es ausprobieren.
Langsam stand ich auf und klopfte mir den Schnee von meiner Hose.„Was machst du denn da?“ Louis Stimme klang beinahe überrascht, als er wieder auf die Lichtung kam.
Ich warf ihm nur einen schnellen Blick zu, konzentrierte mich dann aber weiter auf meine Aufgabe.
„Ich sortiere.“ Meinte ich so gleichgültig wie es ging.
„Ja, das sehe ich. Aber den Sinn verstehe ich nicht.“
Ich legte den Ast, den ich in meiner Hand hielt, auf den kleinen Haufen gestapelter Äste und antwortete Louis dann: „Ich sortiere Äste. Äste bestehen aus Holz. Holz brennt. Und wenn etwas brennt, entstehen Flammen. Und Flammen spenden Licht und Wärme. Das ist der Sinn dahinter.“
„Wow, seit wann bist du so sarkastisch?“ Bevor ich antworten konnte, kam er auf mich zu und inspizierte meinen Stapel. „Davon abgesehen, dass du überhaupt keine Ordnung in diesem Etwas von Stapel hast, hast du wohl auch vergessen, dass ich dir gesagt habe, meine Äste nicht anzufassen.“
Er bückte sich und griff nach meinen kleinen, mühsam aufgestapelten Ästen.
„Hey, Finger weg! Das sind nicht deine Äste. Ich habe sie mir aus dem Wald geholt.“ Erwiderte ich und riss ihm sie wieder aus den Händen.
Louis zog fragend eine Augenbraue hoch und sein Mund verzog sich zu einem belustigten Grinsen.
„Ach und das hast du geschafft ohne gegen einen Baum zu laufen?“
Er bückte sich um mit mir auf einer Augenhöhe zu sein und ignorierte dabei geflissentlich meine wütende Blicke.
„Außerdem ist das auch keine große Hilfe. Die anderen Stapel sind nicht ohne Grund am Lichtungsrand. Soll ich auch mal so nett sein und dir den Grund verraten?
Denn wir sind hier in der Natur. In der Natur gibt es Wetter. Wetter bedeutet auch Regen. Und wenn es kalt ist wird Regen zu Schnee. Also, meine aller liebste El, was wird wohl früher oder später passieren? Ja, genau, es wird schneien! Du hast zwar schon ganz toll geschlussfolgert, dass Holz brennt, aber nasses Holz brennt weniger gut. Also lass es lieber gleich bleiben.“
Er schnappte sich zwei von meinen Ästen wieder und stand auf.
„Das war auch nicht als Hilfe gedacht. Ich dachte du willst mich nicht hier haben und dann dachte ich…“
Mitten in seiner Bewegung blieb er stehen, drehte sich um und unterbrach mich. Dabei hielt er meinen mühsam aufgesammelten Ast in die Luft. „Und schon wieder benutzt du dieses Wort ohne dir darüber wirklich Gedanken zu machen. Also denkst du, dass ich dich nicht hier haben will? Oh, da hast du zufällig auch Recht, aber du denkst nicht weiter. Wenn ich dich nicht hier haben will, dann solltest du deine sieben Sachen, in diesem Fall deine sieben Äste, zusammen packen und von meiner Lichtung verschwinden. Wird dir jetzt der Begriff Denken klar?“
Er warf mir meinen Ast zu, der neben mir in den Schnee fiel. Dann drehte er sich wieder um, griff sich seine Decke und setzte sich an das Lagerfeuer.
Mich ließ er völlig überrumpelt zurück.
Denn so hatte ich es nicht geplant.
Hatte ich überhaupt irgendetwas genau geplant?
Mir wurde klar, dass icheinfach nur aus der Situation heraus gehandelt hatte und überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte.
Ich wollte auch nicht darüber nachdenken und ich wollte es jetzt auch nicht.
Und Louis?
Er war wahrscheinlich froh, einen Grund zu haben, um mich wegzuschicken.
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Lost souls • Elounor
FanfictionEs sah wie im Himmel aus, aber fühlte sich wie in der Hölle an. • • • Was würdest du tun, wenn du ohne jegliche Erinnerungen an dein Leben in einer Schneelandschaft aufwachen würdest? Was würdest du tun, wenn du auf einen Jungen triffst, der genau d...