13

27 2 0
                                    

Stolz lege ich den Geschichtstest auf den Küchentisch vor meinem Vater, selbstverständlich lasse ich mir das aber nicht anmerken. Ich schaue ihn recht neutral an, obwohl ich weiß, dass er mich für die zwei plus nicht schlagen kann. Doch was er dann tut, reißt mich dennoch in Stücke, denn alles was er sagt ist "Schön". Das wars. Kein Lob, nicht das geringste bisschen Wertschätzung, sondern einfach nur ein beiläufiges "Schön", er hat sich den Zettel nicht einmal richtig angeschaut.

Wofür mache ich das alles überhaupt, wenn ich eine schlechte Note schreibe, schlägt er mich und bei einer Guten bekomme ich nicht einmal ein Lob? Aber ich muss mich dennoch anstrengen, schließlich schlägt er mich vermutlich zu Tode, wenn ich es an keine Oberschule schaffe.

Aber der Drang mich zu verletzen gewinnt trotz dieser Erkenntnis, sodass ich in meinem Bad verschwinde und die Klinge aus dem Versteck hole. Tief schneide ich in meinen Arm, quer über die ganzen alten, verheilten Narben. Ich bereue das ganze noch während ich anfange, da Namjoon vor kurzem erst stolz auf die verheilten Narben war, aber ich kann nicht aufhören. Ich weiß nicht einmal wieso es gerade so schlimm ist. Vermutlich weil der Gedanke, ich sollte einfach sterben, bevor ich überhaupt meinen Abschluss mache, wieder an Macht gewinnt.

Doch nach zig mehr Schnitten wache ich endlich aus dieser Trance auf. Ich darf diesen verdammten Gedanken nicht Überhand gewinnen lassen, das kann ich Namjoon einfach nicht antun. Doch ich bin mir im Klaren darüber, dass ich ihn jetzt auch nicht anrufen kann, denn dann findet er heraus, dass mein Vater mich schlägt. Ich mache das hier ja nur, weil ich bei einer guten Note nicht einmal ein Lob kriege und sonst geschlagen werde. Ohne diese Info könnte Namjoon das hier ja nicht einmal nachvollziehen, sondern eher etwas falsch verstehen. Das würde alles nur unnötig verkomplizieren.

Daher mache ich mich irgendwie selbst daran, mir einen Verband anzulegen, sodass es aufhört zu bluten. Es dauert zwar deutlich länger als bei Namjoon, aber irgendwie schaffe ich es dann doch, sodass ich mich vollkommen erschöpft auf die kalten Fliesen fallen lasse und schlussendlich einschlafe.

-

Am Tag der Prüfung konnte ich nur vier Stunden schlafen, ich hatte einfach viel zu viel Angst. Dadurch bin ich jetzt noch übermüdetet als sonst, was schlussendlich erst nach zwei Tassen Espresso und einer Tasse normalem Filterkaffee auf dem Weg zur Schule besser wird.

Die Prüfung schreiben wir erst ab der zweiten Stunde, weshalb ich eine halbe Stunde vorher die Tabletten nehmen kann. Ich werde ein klein wenig mehr nehmen, als sonst wenn ich habe jetzt schon beinahe Panik und es dauert noch eine ganze Stunde bis die Prüfung anfängt...

"Darf ich kurz auf die Toilette?" Der Lehrer nickt bloß, sodass ich, die Tablettenpackung in der Tasche, aus dem Raum gehen kann. Bisher habe ich nicht ein einziges Wort gehört, was er von sich gegeben hat, da ich nur auf die Uhr gestarrt habe.

Nachdem ich mich vergewissert habe, dass niemand in der Nähe ist, schließe ich mich in eine der Kabinen ein und schütte mir drei der Tabletten in die Hand und schlucke sie zusammen mit dem Wasser aus dem Wasserspender auf dem Flur herunter. Ich hoffe das war nicht zu viel, aber wie schlimm sollen die Nebenwirkungen schon sein, außerdem sind die Tabletten nur schwach.

-

Zu Beginn der Prüfung läuft alles gut, ich verstehe die meisten Fragen und kann über die Hälfte beantworten. Die Stimmen in meinem Kopf sind vollkommen weg, ebenso die Nervosität und die Panik. Eventuell war das doch ein bisschen zu viel, aber jetzt gerade läuft es immerhin ganz gut. Endlich lenkt mich wirklich mal nichts ab und ich kann auch endlich mal abrufen, was ich so gelernt habe. Das habe ich ja schließlich alles nicht um sonst gemacht, eigentlich beherrsche ich auch das meiste nur wegen dem Druck hatte ich ständig einen Black Out.

Als ich zu Namjoon blicke, kommt er mir ebenfalls relativ entspannt vor, er wirkt genauso wenig nervös wie sonst auch. Dann läuft es immerhin noch für alle von uns gut.

Dachte ich zumindest. Denn ungefähr auf der Hälfte der Prüfung wird mir schwummerig und schon geht der Fokus verloren. Benommen versuche ich irgendwie noch einiges zu beantworten, aber meine Sicht verschwimmt immer wieder, sodass ich von neuem anfangen muss. Verdammte scheiße, so bekomme ich doch eine schlechte Note!

Bei der letzten Aufgabe verschwimmt meine Sicht jedoch vollends und ich kann mich nur noch darauf konzentrieren nicht ohnmächtig zu werden, obwohl sich alles um mich herum dreht...

"Dann gebt jetzt bitte alle ab, ich wünsche euch noch einen schönen Tag."

Schwankend gehe ich hinter Namjoon her nach vorn um das Heft abzugeben, zwischendurch halte ich mich an den Tischen fest und mein Blick haftet am Boden. Auch auf dem Weg nach draußen kann ich nur schwer geradeaus laufen.

"Jin, geht es dir gut, du bist irgendwie blass."

"Ja klar, ich habe nur ein bisschen zu wenig geschlafen." Gezwungen lächele ich ihn an, obwohl ich weiß, dass er es mir nicht glaubt. Ich weiß ja auch nicht, ob ich es so überhaupt bis nach Hause schaffe...

Das Gegenteil erweist sich, als ich mich, während ich mit Namjoon nach Hause laufe, an einem Straßenschild abstützen muss. Er sieht mich besorgt an und sagt irgendwas, was ich aber nicht verstehen kann. Er greift mich bei den Schultern, doch schlussendlich verschwimmt alles so sehr, dass alles schwarz wird und ich in mich zusammensacke...

-

A+ Student° ~ Jin FF, Side Story für Sociophobia° Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt