05

4.4K 184 47
                                    

- ANA -

„Was machst du?"

Das würde ich auch gerne wissen.

„Ich treffe mich mit Favio", wiederhole ich die Lüge, die ich vorhin auch schon Mamá aufgetischt habe.

„Ach? Er ist wieder in der Stadt?" Enrique sieht mich aus zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Ja. Seit ein paar Tagen", erwidere ich.

„Na dann." Mein Bruder wendet sich von mir ab und fängt an ein Glas zu spülen.

Ich seufze. Unser Verhältnis ist seit unserer Diskussion über Darío García angespannt und dass ich jetzt vorgebe, mich mit Favio zu treffen, macht es auch nicht besser. Enrique kann Favio nicht ausstehen, aber ihm zu sagen, dass ich mich jetzt gleich unfreiwillig mit Darío García treffe, ist auch keine Option. Den kann er schließlich auf den Tod nicht ausstehen.

Langsam öffne ich die Eingangstür des Santiagos, schlüpfe hindurch und lasse sie hinter mir wieder zu fallen. Anschließend lasse ich meinen Blick schweifen, bis er an dem schwarzen Mercedes hängen bleibt, in den ich Darío García schon ein paar Mal habe einsteigen sehen, und an dem der schwarzhaarige Mafiose gerade auch grinsend lehnt.

Mit einem raschen Blick über die Schulter in das Café stelle ich fest, dass Enrique sich gerade nicht mehr im Hauptbereich des Santiagos befindet, weswegen ich Gott im Inneren danke, während ich die Straße überquere. Mein Bruder und auch sonst niemand aus meiner Familie sollte sehen, wie ich vermutlich in den Wagen eines Mafiosen steige. Dass sie mich nicht mit Darío García sehen sollen, ist auch der einzige Grund, wieso ich jetzt hier bin und nicht drinnen. Ich traue dem schwarzhaarigen Mafiosen mittlerweile nämlich durchaus zu, dass er, wie gestern angekündigt, wirklich erneut in unser Café kommt und mich einfach herausträgt, was mir viel zu viel Ärger mit meiner Familie einbringen würde, weswegen ich dieses verdammte Date einfach so schnell wie möglich und ohne Aufmerksamkeit hinter mich bringe und hoffe, dass er uns danach in Ruhe lassen wird.

„Schade. Ich hatte mich schon darauf gefreut, dich rauszutragen", grinst Darío García. „Dann eben ein ander Mal."

Da haben wir es.

Anstatt auf seine Bemerkung einzugehen, lasse ich meinen Blick einmal schweifen und bemerke, dass die Luft rein ist, weswegen ich hastig die Beifahrertür aufreiße, in den Wagen klettere und die Beifahrertür wieder zu schlage. Anschließend lasse ich mich in den Sitz sinken.

Von draußen vernehme ich ein raues Lachen, bei dem sich mir die Nackenhaare aufstellen, ehe die Fahrertür geöffnet wird und Darío García ins Auto steigt. „Vorsicht, man könnte fast meinen, du willst nicht mit mir gesehen werden."

Meine Mundwinkel beginnen bei seinen Worten verräterisch zu zucken, weshalb ich den Blick von ihm abwende und mich umständlich, weiterhin in geducktem Zustand, daran zu schaffen mache, nach dem Anschnallgurt zu greifen und mich anzuschnallen.

Währenddessen startet der Mann neben mir den Wagen und fährt der Tempobeschränkung gemäß die Straße hoch.

„Wohin fahren wir?", möchte ich nach ein paar Minuten Stille wissen.

„Lass dich überraschen", erwidert der Mafiose neben mir.

„Ich hasse Überraschungen", murmle ich.

„Was?" Ein entsetztes Luftschnappen ertönt neben mir. „Wie kann man Überraschungen hassen?"

„Überraschungen kommen unerwartet und überrumpeln einen", erkläre ich, während ich mich vorsichtig im Sitz aufsetzte. „Sollten sie als Mafiose Überraschungen nicht ebenfalls hassen?"

Du wirst mein seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt