Teil 3

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POV Harry

,,Lauf, Harry! LAUF!!! Bring dich in Sicherheit." , höre ich meine Schwester mit schmerzverzerrter und brüchiger Stimme schreien. Ich schaue nochmal nach und sie liegt auf dem Boden. Auf ihrer weißen Bluse bildet sich immer mehr Blut, welches auf den Boden sickert. Bald darauf bildet sich unter ihr eine Pfütze ihres Blutes. Ein letztes Mal sehe ich ihr in ihre eisblauen Augen, welche schon jegliche Farbe und Glanz verloren haben. Sie ist tot. Meine Hände beginnen zu zittern und meine Augen füllen sich mit Tränen. ,,NEIN, NEIN, NEIN. BITTE NICHT!", schreie ich vor lauter Verzweiflung. Meine Hände balle ich zu Fäusten und schlage auf die Fliesen ein. Dann ein Geräusch. Ich reiße meinen Kopf herum. Nein, ich will nicht auch noch sterben. Da steht der Mann, der laut der Waffe zu urteilen auch meine Schwester erschossen hat. Ich will ihm an die Gurgel, ich will ihn töten, ich will schreien, ich will rennen. Doch nichts kann ich tun. Er kommt näher, immer näher. An meinem Kopf spüre ich das kalte Metall der Waffe. Dann ein Schuß. Ich schreie. Blut sickert meinem Kopf entlang und als ich zu Boden falle, kann ich nur noch sein teuflisches Lachen hören. Alles schwarz. Der schlimmste Schmerz durchzuckt meinen Körper und..."

Ich sitze kerzengerade in meinem Bett. Schweiß läuft meine Schläfe entlang und ich muss mich zehnmal vergewissern, dass es kein Blut ist. Mein Puls ist erhöht und ich schaue mich nervös um.

,,Okay, es war nur wieder einer dieser blöden Träume. Alles ist gut Harry." , versuche ich mich selbst zu beruhigen.

Immer wenn das vorkommt, scheint dieses Haus so viel größer und einsamer zu wirken, als es sowieso schon ist.

Ich schaue auf meinen Wecker. 05:08 Uhr zeigen mir die digitalen Zahlen an. Mein Schädel brummt. Einschlafen kann ich vergessen, also stehe ich auf.

Leise tapse ich die Treppen hinunter und gehe in die Küche. Sie ist so groß und ohne Leben. Nachts ist fast alles ohne Leben.

Nur ich nicht. Ich bin immer ohne Leben, sei es Tag oder Nacht.

Mit immer noch zitternden Händen nehme ich mir ein Glas aus der Vitrine und befühle es mit kaltem Wasser. Schluck für Schluck nehme ich die kalte Flüssigkeit in mir auf und mein Körper entspannt sich ein wenig. Als es leer ist, stelle ich es auf der Theke ab und mustere es.

Es ist so leer. Genauso leer, wie ich.

Ich nehme es und werfe es zu Boden.

Es ist kaputt. Genauso kaputt, wie ich.

Ich hebe eine Scherbe auf.

Die Scherbe ist bedeutungslos. Genauso bedeutungslos, wie ich.

Ich lasse sie zurück auf den Boden fallen und ein Klirren ertönt.

Unbeeindruckt verlasse ich die Küche, um wieder nach oben zu gehen. Dort angekommen hole ich mein Handy aus meinem Nachtschränkchen, um mich mit meinen Terminen vertraut zu machen. Liam Payne, mein Manager, lässt sie mir immer ordnungsgemäß zukommen.

Am 25 März gebe ich ein Konzert hier in LA. Sonst kann ich nur Fotoshootings und einige Termine für Interviews erkennen.
Ich lege es wieder zurück und begebe mich in mein Bett. Wie so oft in letzter Zeit, liege ich nur da und starre die Decke an.

Um 06:30Uhr kommt Niall.

Niall Horan, mein Koch und mein bester Freund. Den einzigen Freund den ich habe. Liam ist eher so eine gute Bekanntschaft. Wir verstehen uns dennoch gut.

Stille. Immer nur Stille. Und Einsamkeit.

Früher war ich nicht Einsam. Früher war es nicht still. Früher lebten meine Eltern und meine Schwester noch.

Ein tragischer Unfall und alles aus.

Es war der 10. Oktober 2010. Meine Familie entschied sich ein Ausflug nach Griechenland zu machen. Um genau zu sein nach Athen. Wir hatten schon immer viel Geld und konnten uns es daher bequem leisten. Zu dem Zeitpunkt war ich 16 Jahre alt. Wir fuhren also recht früh zum Flughafen und flogen in die griechische Hauptstadt Athen. Am Flughafen angekommen stand schon das zuvor gemietete Auto bereit und wir wurden zu unserer Villa gebracht. Alles war gut, es gab keinen Grund zur Sorge.
Unsere Villa befand sich auf der Halbinsel Attika. Die Region um Athen. Hier waren hauptsächlich nur luxuriöse Menschen unterwegs.
Am Abend des ersten Tages ging ich mit meiner Gitarre alleine zum Strand hinunter. Ich liebe es in Ruhe und in der Natur zu spielen. Ich suchte mir ein ruhiges Plätzchen und begann zu spielen. Es war alles okay, dachte ich...
Gegen 22:00Uhr betrat ich unsere Villa und erschrak mich zu Tode. Vor mir lagen Mama, Papa und meine Schwester, blutend und mit offenen Augen auf den kalten Fliesen. Ein Schauer überläuft mich und dann ist alles schwarz.

Ich habe Jahre gebraucht um das irgendwie zu verarbeiten. Mit Musik habe ich mich quasi am Leben gehalten und so wurde ich demnach berühmt. Leider hilft mir Musik nicht mehr so wie damals...dafür habe ich jetzt andere Substanzen.

Völlig in Gedanken und an der Decke starrend, bemerke ich nicht wie sich die Haustür öffnet und Niall das Haus betritt.
Erst als er einen Schrei loslässt und besorgt ,,Harry?" ruft, erwache ich aus meinen Gedanken.

,,Scheiße, das kaputte Glas." , fluche ich leise vor mich hin.

Ich ziehe mir schnell etwas über und gehe nach unten in die Küche, wo mein bester Freund mich seltsam mustert. Seine Augen wandern immer wieder von den Scherben zu mir. Als würde er meinen Körper nach Wunden absuchen.

,,Guten Morgen Niall.", sage ich gekonnt fröhlich.

Diese Maske hatte ich mir über die Jahre angeeignet und sie ist perfekt. Nichtmal mein bester Freund kann mich durchschauen. Perfektes Spiel, niemand kann etwas wissen.

,,Ich habe das Glas versehentlich zerbrochen, als ich mir etwas zu essen aus dem Kühlschrank nehmen wollte. Dabei ist es mir runtergefallen. Hab vergessen es aufzukehren. Tut mir leid."

,,Kein Problem, ich mache das schnell sauber und dann zaubere ich uns ein wunderbares Frühstück."

Bevor ich etwas sagen kann, ist Niall auch schon verschwunden und kommt mit einem Kehrblech inklusive Handfeger zurück.

Als er fertig ist und die Scherben entsorgt hat, kommt er mit zwei vollen Einkaufstüten herein.

,,Heute essen wir eine italienische Spezialität aus dem Restaurant Bay Cities Italian Deli & Bakery. Diese werde ich selbst zubereiten, nachdem ich letzte Woche in Italien war und mir einige Kochkünste habe zeigen lassen. Berühmt ist der Laden für die „Godmother". Das bedeutet Genua-Salami, Prosciutto, Mortadella, Coppacola, Schinken und Provolone-Käse auf italienischem Brot."

Als Niall mit seinem kleinen Vortrag über mein heutiges Frühstück fertig ist, muss er grinsen und sein Magen gibt ein lautes grummeln von sich. Er liebt einfach das Essen und ist mit Leib und Seele dabei.

Wir verfallen in Gelächter und bald darauf essen wir gemeinsam die ,,Godmother".

Verbrechen der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt