Kapitel 7

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Regieren

Wie von meiner Mutter geplant, blieb ich noch zwei Wochen bei Gordin und den Seinen. Es war eine Zeit des intensiven Trainings, es war aber auch eine sehr schöne Zeit. Verschiedene Kampftechniken und das Fliegen auf dem Drachen füllten meine Zeit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang aus. Abends fiel ich meist müde und geschafft ins Bett. Manchmal schlief ich auch bei Saphira, die sich dazu auf der Wiese niederließ und mich unter ihren Flügel nahm. In solchen Fällen schlief auch Horus in unserer Nähe. Er meinte, dies sei zu unserer beider Sicherheit. Ich dagegen war davon überzeugt, ihm ging es darum, in Saphiras Nähe zu bleiben. Die beiden waren sich sehr zugetan und ich war froh, dass sich die beiden so gut verstanden.

Eines Abends, als ich von einem Trainingsflug zurückkam, stand meine Mutter bei Sofia in der Küche. Die beiden lachten und scherzten ausgelassen. Mir bot sich in diesem Moment wieder dieses unbeschwerte Bild meiner Mutter. Es war schön, sie so gelöst zu erleben. Sie wirkte wieder wie ein junges Mädchen, wie ein Teenager und nicht wie eine Königin oder Mutter. Hier in der magischen Welt zeigte sie sich mir von einer ganz neuen Seite und ich war froh für sie.

Nach einem gemütlichen Abend voller Geschichten und Anekdoten aus ihrer Jugend, machten wir uns auf den Weg zurück ins Schloss. Nur schweren Herzens konnte ich mich von Saphira verabschieden. Wir hatten mehr als zwei Wochen lang jeden Tag und manchmal auch die Nächte miteinander verbracht. Nun würde ich sie für eine ganze Woche nicht mehr sehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich das schaffen sollte. Sie war mir ans Herz gewachsen, sie war zu einem Teil von mir geworden.

„Du wirst mich eine Woche beim Regieren unterstützen", erklärte mir meine Mutter auf dem Weg durch den Tunnel. „Morgen um 8 Uhr halten wir im Thronsaal Audienz."

„Wir beide? Warum?", erkundigte ich mich.

„Ich möchte, dass du einen Einblick in das Leben einer Königin bekommst."

„Was ist, wenn ich zum Schluss komme, dass mir das ganz und gar nicht gefällt?"

„Ich werde dich zu nichts zwingen", versicherte Mutter. „Wenn du der Meinung bist, es gefällt dir nicht, dann solltest du überlegen, ob du dieses Amt anders führen oder überhaupt nicht übernehmen willst. Ich werde dir dabei keine Vorschriften machen und egal, wie du dich entscheidest, werde ich dir niemals böse sein."

„Kann ich auch sagen, ich will das nicht?"

„Natürlich! Warum solltest du nicht diese Freiheit haben? Dann wird eben dein Bruder König oder wenn auch er nicht will, werden wir eine andere Lösung suchen müssen", erklärt sie ganz ruhig. „Du hast als Königin große Macht und kannst viel für dein Volk bewirken. Dazu aber musst du diese Würde mit Freude tragen. Königin zu sein, kann aber auch eine Bürde sein, es geht nicht nur einfach darum wahllos Befehle zu erteilen und Entscheidungen zu treffen, wie es einem gerade in den Sinn kommt. Man muss gut nachdenken und alle Konsequenzen in Betracht ziehen. Wenn dir das nicht liegt, dann lass es lieber."

„Du willst mich davon abhalten, Königin zu werden?"

„Ganz bestimmt nicht", lächelt meine Mutter. Sie dreht sich kurz vor der Tür ins Schloss zu mir um und nahm mich liebevoll in den Arm. „Ich will dir nur keine Illusionen machen. Wie alles im Leben hat das Regieren schöne Seiten, aber es ist auch kein Honigschlecken. Was mir ganz besonders wichtig ist, du sollst wissen, worauf du zugehst und dich dann frei entscheiden können."

„Würdest du heute, wenn du wählen könntest, nochmals Königin werden?"

„Ja, ganz bestimmt. Immer wieder würde ich es wollen. Mir liegt das Wohl unseres Volkes am Herzen und ich nehme die Schattenseiten gerne auf mich, wenn ich dafür etwas bewegen kann."

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