Kapitel 1

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Eine völlig neue Welt

„Mama, bist du gerne Königin?", erkundigte ich mich.

„Eines Tages, mein Kind, wirst du die Königin dieses Landes sein und du wirst erkennen, dass auch das, wie alles im Leben, Vor- und Nachteile hat. Es gibt angenehme Aufgaben einer Königin, solche die man wirklich gerne macht, aber es gibt leider auch solche, auf die man lieber verzichten würde, die aber trotzdem erledigt werden müssen.

Es ist für mich immer eine Genugtuung, wenn ich sehe, dass ich vieles richtig mache und dass das Volk zufrieden ist. Du sollst als Königin nie vergessen, dass du für das Volk da bist und dafür Sorge tragen sollst, dass es ihm gut geht. Es geht nicht um dich, es geht um die Gemeinschaft und du musst dabei auch ab und an unliebsame Entscheidungen treffen. Wenn du überzeugt davon bist, dass etwas gut ist, dann tue es, egal ob das Volk deine Einschätzung teilt. Regieren ist manchmal sehr schön, kann aber auch eine Last sein, das will ich nicht abstreiten oder beschönigen", erklärte mir Mutter.

„Tante Luna macht immer einen so entspannten Eindruck, wenn sie hier ist. Du hingegen scheinst deine Aufgabe viel ernster zu nehmen."

„Wenn ich bei Tante Luna zu Besuch bin, dann bin ich auch entspannt, weil ich nicht an meine Aufgaben denken muss."

„Wann darf ich endlich einmal Tante Luna in ihrem Land besuchen? Ist es weit weg?"

„Du wirst sie schon in ein paar Wochen besuchen. Es ist langsam an der Zeit, dass ich dich auf deine Aufgabe vorbereite und du alles erfährst, was du wissen musst, um eines Tages eine gute Königin zu sein. Du bist die Erstgeborene und feierst heute deinen 16. Geburtstag. Aus diesem Grund möchte ich anfangen, dir einige Dinge zu erklären und dir näherzubringen. Du wirst heute und in nächster Zeit Dinge sehen und erfahren, die du bisher nicht für möglich gehalten hast. Die Welt ist so viel mehr und so viel schöner, als wir es uns je vorstellen können.

Du wirst mich fragen, warum ich es dir nicht schon viel früher gezeigt habe. Die Antwort ist einfach. Bisher habe ich versucht, die Last des Regierens von dir fernzuhalten. Du solltest eine unbeschwerte Kindheit erleben. Nun aber möchte ich dich langsam auf deine Aufgaben vorbereiten. Dir soll es nicht so ergehen, wie mir. Deshalb möchte ich dich früh genug darauf vorbereiten, Verantwortung zu übernehmen."

„Das klingt aber ernst. Was möchtest du mir zeigen? Wie ist es dir ergangen?"

„Langsam, langsam, meine Liebe, das wirst du alles noch erfahren. Komm mit!", sagte meine Mutter.

Sie nahm mich bei der Hand und führte mich in einen Gang im Schloss, der recht abgelegen lag und wo nur äußerst selten jemand hinkam. In diesem Teil des Schlosses soll es einmal gebrannt haben. Davon ist aber nichts mehr zu sehen.

Plötzlich blieb sie stehen und griff einer der kleinen Statuen in die Augen. Noch bevor ich fragen konnte, was das werden sollte, sprang auch schon eine Tür auf, die ich bisher nie bemerkt hatte. Ich staunte nicht schlecht, war aber auch ein wenig beunruhigt. Hinter der Tür herrschte völlige Dunkelheit und eine kühle Luft wehte aus dem Raum dahinter zu uns herüber. Irgendwie wirkte alles gespenstisch.

„Was ist das?", erkundigte ich mich.

Meine Mutter zog mich, ohne eine Antwort zu geben, durch die Tür und entzündete eine bereitliegende Fackel. Dann zog sie hinter uns die Tür ins Schloss und wir standen in einem mir unbekannten Raum. Meine Augen mussten sich erst an das spärliche Licht gewöhnen, welches die Fackel uns bot. Die Wände bestanden aus nacktem Felsen, so als wäre dieser Raum direkt in den Berg geschlagen worden. Wurde er vermutlich auch, wurde mir allmählich klar. Wo waren wir?

Erst nach einiger Zeit erblickte ich einen Tunnel, der, so wie es aussah, in den Berg hineinführte. Ich hätte nie gedacht, dass es in diesem Schloss einen Geheimgang geben würde, denn nur um einen solchen konnte es sich handeln.

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