Kapitel 14 - Freiheit

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Mit aufgerissenen Augen starrte ich Ylva an. Wo kam die denn plötzlich her? Verwirrt schaute ich zwischen ihr und einem unbestimmten Punkt hinter ihr, aus dem sie gerade irgendwie reingekommen war, hin und her.

Während mein Gehirn nach einer Lösung suchte, wie Ylva so plötzlich erschienen war, konnte ich diese nur schockiert anstarren.

Aber hatte sie gerade gesagt ...? ‚Ja, hat sie', antwortete mein Menschen-ich düster. Oh, Eulendreck.

Wäre ich in meiner ersten Gestalt gewesen, hätte man nun in aller Deutlichkeit sehen können, wie mir ein Gesichtszug nach dem Anderen entgleiste, als ich nach und nach kapierte, was das bedeutete.

Fassungslos und verunsichert blickte ich zu Ylva hoch.
Und da fing sie auch schon an.

„Also, Lyanna. Berglöwen-Wandlerin und wahrhaftige Rider." Toller Einstieg in die Qual der Wahrheit. Sah sie mich jetzt nicht mehr als Freundin oder diente mein ganzer Name nur der Vollständigkeit der objektiven Zusammenfassung meines Lebens?

„Alles fing mit der Geburt deiner Schwester an."

Oh, Eulendreck, bitte. Nicht das! Ich schloss reuevoll die Augen und legte schützend die Ohren an. Prompt erschien das knuffige Gesicht meiner kleinen Schwester vor meinem inneren Auge und mein große-Schwester-Beschützerinstinkt regte sich. Sie konnte nichts dafür und trotzdem hatte ich sie allein gelassen ...

Sehnsüchtig legte ich mein Kinn schräg auf meine übereinander verschränkten Pfoten und sah stumm gegen die weiße Wand, während sich in mir ein Kloß formte. Sie hatte nichts dafür gekonnt ...

„Sie hat euer Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt, bis ihr eine finanzielle Notlage hattet", machte Ylva unerbittlich weiter. „Dein Vater hat euch schließlich aus diesem Tief herausgeholt, aber da war es schon zu spät".

Nein! Ich schloss die Augen und versuchte, mich zu beruhigen. Ich wusste, was gleich kommen würde. Und davor hatte ich Angst.

Langsam hob ich meinen Kopf und starrte Ylva eindringlich an. Probierte, allein durch Körpersprache und Gefühlsmitteilung sie umzustimmen. Ich konnte das nicht.

Ylva...?!, wollte ich ansetzen, aber sie strafte mich mit einem mahnenden Blick, der mich sofort wieder verstummen ließ. Wenigstens wurde sie nun auch nervös und lief im Zimmer auf und ab. Ihr war es wohl unangenehm. Mir auch. Ich seufzte tonlos.

Abermals holte Ylva tief Luft, und ergeben ließ ich meinen Kopf wieder sinken und starrte weiter stumm gegen die Wand. Irgendwie würde ich das schon durchstehen.

„Du bist vom Weg abgekommen und hast dich einer Gang angeschlossen."

Ich seufzte.
Ja. Aber auch nur, weil sie mir Geld versprochen hatten, was wir in unserer damaligen Situation sehr gut hätten gebrauchen können, erwiderte ich, ohne den Blick von der Wand zu lösen.

„Allerdings war das nur ein leeres Versprechen", fuhr Ylva fort. Leider.
„Zufällig war es eine Woodwalker-Gang aus Wölfen. Der Alpha war ein Timberwolf?", meinte sie mit leicht fragendem Unterton.

Ich seufzte resigniert in ihren Kopf hinein. So fühlte es sich also an, bloßgestellt zu werden. Mein ganzes Leben war scheinbar ein offenes Buch, das Ylva in die Hände gefallen war. Wie eigentlich? Verwirrt legte ich meinen Kopf schief.

Woodwalkers - Lyanna RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt