Ylva
Ich war restlos überfordert mit der Situation und stellte mir immer wieder die gleiche Frage: Was war das hier? Was geschah hier? What happened?
Man könnte sagen, ich erlitt einen kleinen Nervenzusammenbruch, als ich da so auf dem Boden kauerte und langsam Klaustrophobie bekam – konnte man das so nennen, wenn man Angst hatte, nie mehr wegzukommen und von Gefühlen erdrückt zu werden, ohne sich bewegen und wehren zu können?
Wie sollte es einem auch anders gehen? Wenn man all die verrückten und verwirrenden Dinge aufzählte, die ich innerhalb der letzten Tage erlebt hatte, konnte man sicher sagen, ich hätte das alles nur erfunden. Ich meine, wer wird schon Zimmergenosse von einem reichen Rider-Kind, das mit einem goldenen Löffel im Munden geboren worden ist? War das nicht total abstrus? Noch dazu, wenn dieses Kind riesige Geheimnisse und Alpträume von einem Feuer hatte?
Warte, WAS?! Ich riss die Augen auf und sog scharf die Luft ein. Aber natürlich! Wie elektrisiert sah ich mich um. Dies hier war einer ihrer Alpträume! „Oh, heiliger Vollmond", murmelte ich betroffen, während ich fassungslos auf Lyas zusammengesunkene Gestalt vor dem brennenden Gebäude starrte, „was hat sie nur unter dir erleben müssen?"
Plötzlich sah ich, wie Lya kehrtmachte und mit großen, hastigen Sprüngen zum Dunkel des Waldes rannte. Wollte sie etwa die Ekelpakete von Wolf angreifen? Meine Gesichtszüge erstarrten für einen Moment und ich sah mich schon neben ihrem Sarg stehen, während er heruntergelassen wird, um für immer unter der Erde zu verschwinden.
Aber stopp! Einen Moment mal! Dies hier war ein Alptraum – ihr Alptraum.
Sie konnte hier drin gar nicht sterben.
„Yeah! Ihr verweichlichten Speichelheuchler! Ihr könnt Lya nichts antuen!" Fast hätte ich ihnen noch die Zunge rausgestreckt und alberne Grimassen geschnitten, erinnerte mich zum Glück aber noch rechtzeitig an mein Alter, und Ross mich zusammen.
„15! Beim Nordwind, Ylva! Nur Welpen machen noch solch einen Quatsch!", rügte ich mich harsch und schlug mir leicht vor die Stirn.Erschrocken zuckte ich zusammen, als etwas an mir zerrte, und mich wohl irgendwie in alle Richtungen gleichzeitig mitnehmen wollte. Aus Erfahrung, die ich ja mittlerweile durch den bunten und später feuerfarbenen Strudel hatte, gab ich mich jedoch nach kurzer Überlegung dem Sog hin und ließ mich mitziehen. Währenddessen fragte ich mich, wieso so etwas mir passieren musste. Nicht, dass ich das hier nicht voll toll fand – garantiert nicht! Ich fand das hier sogar extrem wölfisch!
Nur – warum durfte ich das erleben? Sollte das nicht jemand erleben, der ... nicht so unbedeutend und unerfahren wie ich war? Jemand, der mächtig, erfahren und ... besonders war? Einer vom Rat zum Beispiel. Die würden diesen Alptraum sicherlich mehr verstehen, als ich, und hinter sein Geheimnis kommen. Ich dagegen versuchte nur Dinge, die sowieso nichts brachten – wie die Wölfe anzuschreien, obwohl sie mich nicht hörten.
Eine grandiose Idee. Ironie.Ich stöhnte vor Verzweiflung einmal laut auf und raufte mir die Haare. Ich fühlte mich hier so falsch, wie Schnee im Sommer. Der würde nämlich auch schmelzen und könnte nichts ausrichten – wie ich, die nur unnötig und nichts weiter war.
Da spuckte der Sog mich auch schon wieder aus und ich blieb erschöpft und deprimiert auf dem Boden liegen. Mein Herz fühlte sich an, als würde es von tausend Steinen niedergedrückt werden, die mit ihren scharfen Kanten mein Selbstbewusstsein ankratzten. Dieser Traum war zu groß für mich! Die Aufgabe war zu groß – und ich zu klein und unbedeutend.
Sonst immer hatte ich mich besonders und stark gefühlt, da ich zu den Glücklichen mit einer zweiten Gestalt gehören durfte. Aber jetzt ... jetzt verstand ich, warum die meisten Menschen wohl so niedergeschlagen waren und verrückt wurden – weil die Welt der Menschen so riesig war. Es gab Abermillionen von Menschen, mehr, als man zählen konnte. Und in dieser erdrückenden Menge musste sich ein Mensch total unbedeutend fühlen. So, als wäre man nur ein weiterer Arbeiter in einer riesigen Ameisenkolonne, der leicht ersetzt werden konnte.Irgendwie hatte gerade nur ein Gedanke in meinem Gehirn platz: Dies war eine zu große Aufgabe. Zu große Aufgabe ... Zu große Aufgabe ... Es war, als würde ein Specht in meinem Kopf gegen eine Sperre dort klopfen und unbedingt wichtige Gedanken herauslassen wollen. Ich dachte scharf nach. Ach ja! ‚Keine Aufgabe zu groß, keine Pfote zu klein – Paw Patrol, wir greifen ein!'. Ich musste grinsen, als ich mich an meine Lieblingsserie von früher erinnerte. Aber war es ‚keine Aufgabe zu groß' oder ‚kein Auftrag zu groß' gewesen? Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Oder war es vielleicht sogar ‚keine Mission zu groß'?
Einen Moment dachte ich noch darüber nach, dann schüttelte ich energisch den Kopf und stand auf. „Genug gegrübelt!", sagte ich entschlossen zu mir, „jetzt wird gearbeitet!", und rieb mir tatkräftig die Hände.
„So", meinte ich gedehnt und sah mich um, „wo bin ich hier überhaupt?" Mit nachdenklich zusammengepressten Lippen betrachtete ich die Lichtung, auf der ich stand. Sie war eher klein, dunkel und hatte – wie es Lichtungen in Wäldern eben so an sich hatten – Bäume am Rande stehen. „Was tue ich hier?", fragte ich mich murmelnd. „Und wo ist Lya?" Ich zog eine Augenbraue hoch und kratzte mich nachdenklich am Haaransatz im Nacken. Und warum redete ich mit mir selbst? Ich presste die Lippen zusammen und so kam nur ein Prusten heraus. Meine Brust bebte und mein Mund zuckte, bis ich nicht mehr konnte und ein hysterisches Lachen aus mir herausbrach. „Paw Patrol", keuchte ich und wischte mir die Lachtränen aus dem Gesicht. „Wie alt bin ich? Fünf?".
Doch ein anderer Teil von mir arbeitete noch ruhig und konzentriert und ließ sich von dem hysterischen Teil nicht beeinflussen.
Stattdessen analysierte er mein Verhalten und zog Fazits daraus hervor.Dass ich Selbstgespräche führte, bedeutete, dass ich mich alleine fühlte und vielleicht sogar Angst hier hatte – so ganz ohne andere Stimmen.
Ich riss Witze, um mich von der Dunkelheit dieses Ortes und meiner Ungewissheit abzulenken.
Ich tat so, als würde ich mich nicht um Lya sorgen und als wäre sie mir egal, um mich davor zu schützen, vor lauter Angst um sie verrückt zu werden.
Ich sehnte mich nach meiner Kindheit, was die Paw Patrol-Erinnerung unterstrich, da früher alles so leicht erschien und ich nun überfordert war.
Mein hysterischer Lachanfall kam erstens daraus, dass ich mich hier so alleine und unsicher fühlte, und zweitens, dass ich mit der Situation überfordert war, und drittens - was zugleich auch ein bisschen erstens war –, dass ich Ablenkung brauchte.Diese Erkenntnisse ließen auch meinen anderen Teil kurz durchatmen, was ich rasch als Chance nahm, den gerade nützlicheren Teil von mir, den bis eben noch Analysierenden, weiter herauszuholen, bis ich endlich klares Wasser im Trüben sah. Erleichtert, dass ich wieder normal denken konnte, strich ich mir übers Haar.
Urplötzlich spürte ich wieder diesen Sog und ließ mich sofort fallen. Diesmal behielt ich aber meine Augen offen und betrachtete, was das Zeug hielt. Doch was ich endlich zu erkennen vermochte, verschlug mir die Sprache.
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1143 Wörter
Himmel! Da war wohl jemand etwas sehr durcheinander ...
Irgendwie mag ich Ylva 🥰
Ihr auch?Was glaubt ihr, was Ylva gesehen hat?
Einen Eisbären oder Eichhörnchen, die UNO spielen wahrscheinlich nicht, ... oder doch? 😉🤔
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Woodwalkers - Lyanna Rider
Fanfic'Ich senkte den Kopf und betrachtete meine ausgefahrenen Krallen, die sich in das weiche Gras bohrten. Ich spürte den Widerstand, den der Granit darunter mir bot. Leider konnte ich einen Verrat ihrerseits nicht ausschließen. Auf der Flucht war Naiv...