Kapitel 13 - Mit einer gestörten Psyche auf der Suche nach der Wahrheit

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Ylva

Mit offenem Mund starrte ich auf die Anblicke, die sich mir boten.
Erst war es bei jedem nur ein friedlicher Nachthimmel mit vereinzelten, hell leuchtenden Sternen, was ich sah, aber dann lichtete der Himmel sich und ich sah ... Zeitausschnitte.

Anders konnte ich es nicht beschreiben. Ich sah fröhliche, ausgelassene Momente, aber auch Düstere.
Ich sah Kinder, die um ein Lagerfeuer herumtanzten und laut zu einer poppigen Musik sangen. Aber ich sah auch einen kleinen Jungen, der allein in der Ecke saß und weinte.

Über all diesen Momenten hing ein verschwommener, mystischer Schleier. Ich hatte das Gefühl, ich würde Privates sehen, wozu ich kein Recht hatte.

Ich kniff die Augen zusammen. Warte, was? Meine Stirn runzelte sich quasi von alleine. Was dachte ich hier gerade bitte? Langsam drehte ich mich einmal ganz um und betrachtete dabei die Zeitausschnitte.

Meine Augen weiteten sich und angestrengt überlegend starrte ich auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne. Ein Gedanke, eine Überlegung, hatte sich in meinem Kopf festgesetzt, allerdings konnte ich sie nicht in Worte fassen. Es war wie eine starrköpfige Klette, die ich nicht sehen konnte, aber genau wusste, dass sie da war. Ich schüttelte den Kopf und versuchte damit irgendwie, meine Gedanken zu ordnen. Konnte das sein?

Da hatte ich es. Ja, konnte es. Nicht in der Lage, auch nur irgendein Wort von mir zu geben, klappte mir der Mund auf.
„Beim heiligen Vollmond", murmelte ich, „Oh, Katzendreck." Mir entgleisten alle Gesichtszüge. Nacheinander.
War das möglich? Überwältigt griff ich mir an den Kopf. Waren ... Ich keuchte auf. Waren das hier ... Träume?

Doch so schnell, wie mir die Sicherheit gekommen war, dass dies die richtige Erkenntnis war, verschwand sie auch wieder.

Unmöglich. Erinnerungen und Träume, die ich sehen konnte? War ich jetzt völlig verrückt geworden?

Ich drehte mich erneut um und schlenderte langsam durch die nächtliche Gegend, um mir Klarheit zu verschaffen. Schon kam mir der nächste Einfall: War ich vielleicht selber in einem Traum?
Abrupt blieb ich stehen. Das musste es sein. Eine andere Erklärung gab es schlichtweg nicht! In welchem realen Leben existierten schließlich bitte farbenfrohe Strudel, die einen von einer Erinnerung zur Nächsten zogen? Wo sonst konnte man so etwas geheimnisvolles erleben, das ganz bestimmt nicht echt sein konnte?

Zufrieden zog ich die Mundwinkel hoch und ging weiter. Im Sinne von ‚Problem gelöst, alles chiko!'. Aber dann erinnerte ich mich an etwas, dass mir mal meine Mutter erklärt hatte und zog ratlos die Nase kraus. In einem Traum konnte man nur Gefühle erleben und Gedanken bilden, wenn man tief schlief. Wie tief musste ich dann bitte schlafen, wenn ich sogar darüber nachdenken konnte, ob ich in einem Traum war oder nicht? Und wann hatte ich jemals so detailliert geträumt?

Verunsichert begutachtete ich einen Jungen, der unter dem Weihnachtsbaum saß und gerade mit einem grellgelben Bagger spielte, den er wohl geschenkt bekommen hatte. Auf einmal wuchs der Bagger und wurde zu einem süßen Wuschelhund, der mit seiner langen, rosa Zunge dem Jungen übers Gesicht schleckte. Dann gingen sie hinaus und draußen verwandelte sich der Hund in einen Bagger, in dem der Junge ein Autorennen gewann.

Ich lachte leise auf und schüttelte den Kopf. So etwas konnte man doch nur in einem Traum sehen und überhaupt erst erfinden. Oder? Ich schnitt eine entnervte Grimasse – so kam ich nicht weiter.

Mit einer Pro und Contra Liste allerdings schon. Entschlossen setzte ich mich und gab der Liste in meinen Gedanken die Überschrift ,Träume ich?'.
Also, was sprach dafür? Was war Pro? Definitiv, dass man nicht so detailliert träumen konnte. Das war ein Punkt. Außerdem konnte man sich garantiert nicht fragen, ob man träumte oder nicht. Oder überhaupt so genau und bewusst denken. Unmöglich. Bisher musste ich also wach sein.
Was für Contras gab es? Dagegen sprach auf jeden Fall, dass hier alles so mystisch und wie aus einem Fantasy-Buch entsprungen wirkte.

Woodwalkers - Lyanna RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt