Kapitel 6 - Zu Gast

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Am nächsten Morgen wachte ich ziemlich spät auf. Als ich auf die Uhr schaute war es 12:00 Uhr. Ich hatte ein wenig Kopfschmerzen. Ich sah neben mich. Das Bett war leer. Sarah war schon wieder nicht da. Oder immernoch nicht?

Ich stand auf, machte die Zimmertür auf und vernahm Stimmen von unten. Ich dachte mir nicht viel dabei und ging ins Bad. Mit geputzten Zähnen und noch zerwuschelten Haaren machte ich mich auf den Weg nach unten.

Ich schaute um die Ecke den Flur hinunter, um die Stimmen zu identifizieren. Die hatten aber aufgehört zu sprechen.

Plötzlich sah ich Ward um die Ecke, aus einem der hinteren Zimmer kommen und versteckte mich hinter einem Schrank der neben der Treppe stand. Ich hatte so kurz nachm Aufstehen keine Lust ihm zu begegnen geschweige denn mit ihm zu reden. Ich mochte ihn irgendwie nicht. Er war irgendwie... beängstigend.

Als er außer Reichweite war kam ich aus meinem Versteck und ging den Flur hinunter bis ich an dem Zimmer angelangte, aus dem er eben kam. Die Tür war offen und da saß.... Hä? Ich war verwirrt. „John B?!"

John erzählte mir von letzter Nacht und wie sein Treffen mit Sarah dank eines ungebetenen Gastes im Krankenhaus geendet hat. Und er erzählte wieso er nun hier mit all seinen Sachen saß.

„Mr. Cameron hat mir angeboten mein Vormund zu sein." sagte er. Ich setzte mich sprachlos auf die Bettkannte als er fortfuhr: „Damit bin ich das Jugendamt los."

Ich schaute misstrauisch drein. Das merkte er: „Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll.. ich glaube er weiß von unserer Sache. Beziehungsweise, Sarah hat ihm wohl schon einiges erzählt." sagte er.

„Fuck Mann, erst feuert er dich und dann findet er heraus wonach wir Suchen und nimmt dich plötzlich bei ihm Zuhause auf.....das irgendwie beunruhigend........wenigstens geht es dir halbwegs gut. Ich meine du bist vom Falkennest gefallen. Ich glaub du bist unsterblich, John!" ich umarmte ihn. Mir war wirklich unwohl dabei, dass Ward über die Sache Bescheid wusste. Wieviel wusste er?
Ich schaute ausm Fenster. Es war ein sonniger Tag. Vielleicht würde ich heute surfen gehen. Mal sehen.

Ich ging in die Küche um mir einen Kaffee zu machen. Sarah hatte scheinbar den gleichen Gedanken gehabt, denn sie stand vor der Kaffeemaschine als ich reinkam.

Als sie mich bemerkte, drehte sie ihren Kopf zu mir. „Guten Morgen, Schlafmütze!" sagte sie. „Morgen" sagte ich noch immer etwas schläfrig. „Du glaubst garnicht, was du verschlafen hast!" sagte sie und gab mir den Kaffee den sie eigentlich für sich gemacht hat. „Danke" ich trank einen Schluck. Sie drückte erneut auf die Taste, um sich selbst einen zu machen. Nichts ging über einen Kaffee aus dieser Kaffeemaschine. „Euer neuer Mitbewohner hat mir schon alles erzählt." ich nahm einen weiteren Schluck. Ich wollte sie fragen, was mit ihr und John B ist, ließ es dann aber lieber sein. Schlechter Zeitpunkt.
Als die Tasse leer war stellte ich sie in die Spülmaschine. Sarah war duschen gegangen. Ich machte einen Schritt aus der Terassentür in den Garten. Es war wirklich ein schöner Tag. Die Sonne strahlte, die Luft war angenehm warm und duftete frisch und sommerlich. Ich bemerkte zwei Personen im Garten etwas weiter von mir entfernt. Sie schienen zu diskutieren. Die eine Person war Rafe, das erkannte ich. Neben ihnen stand sein Motorrad. Ich ging etwas weiter ran um die andere Person zu erkennen. Na klar.... Barry. Ich hörte zwar nicht was sie sagten, aber es ging vermutlich um das Geld für die Drogen, die Rafe sich letztens, als ich die beiden belauscht habe, bei Barry ausgeliehen hat. Zumindest war Barry nicht wirklich gut drauf -wär ich auch, wenn man mir so viel Geld schulden würde- und Rafe sah aus als würde er ihn anflehen. Oh man... was für ein erbärmlicher Anblick. Ich schmunzelte, zündete mir einen Joint an und ging langsam näher ran. Endlich konnte ich verstehen was sie sagten. Nicht, dass ich neugierig war oder so...
„Wie kommts, dass du lauter schönes Zeug hast," -Barry zeigte auf Rafes Motorrad- „aber mein Geld hast du nicht?"
Er griff aggressiv Rafes Arm und zog ihn. „Ey, ey was machst du da?" Rafe wehrte sich mit Händen und Füßen. „Komm her" sagte Barry und drückte Rafes Arm auf den Auspuff. Der schien noch heiß zu sein, denn es zischte und dampfte als sein Arm damit in Berührung kam. Rafe schrie vor Schmerz: „Hör auf, stop, hör auf!!" Barry hörte nicht auf. „Na wie gefällt dir das" fragte er. Schließlich ließ er Rafe los. Der fiel, vor Schmerz ächzend, auf den Boden. „Betrachte das hier als Anzahlung" Barry nahm den Helm und setzte sich aufs Motorrad. „Du hast drei Tage" fügte er verärgert hinzu und fuhr weg. Ich bekam etwas Mitleid, ging zu Rafe, der immernoch vor Schmerzen wimmernd aufm Boden lag, und reichte ihm die Hand. „Ach Rafe! Bist wirklich dumm genug um dich mit Barry anzulegen." Er schaute mich finster und mit wässrigen Augen an, griff aber mit seinem unverletzten Arm nach meiner Hand und zog sich an ihr hoch. „Erst verpasst du mir das" - er zeigte auf sein blaues Auge - „und dann hilfst du mir?".
„Ja stimmt, die Hilfe hast du nicht verdient. Das Auge allerdings hast du verdient, Rafe. Und das da wahrscheinlich auch" - ich deutete auf die Verbrennung, die Barry ihm soeben zugefügt hat.
Ich machte mich gerade wieder auf den Weg ins Haus, als ich dann doch nochmal stehen blieb und umdrehte. Rafe schaute mich fragend an. Er hielt gequält seinen verletzten Arm. „Hier" ich streckte ihm meinen Joint entgegen „gegen die Schmerzen" sagte ich . Er nahm ihn, zog dran und schaute mich an. „Kalte Apfelessigwickel sollen bei Verbrennungen helfen" sagte ich, drehte mich um und ging wieder los. „Y/n?" rief Rafe kurz bevor ich am Haus angelangt war. Ich drehte mich erneut um und schaute ihn an. „Danke" sagte er mit einem leichten, aber aufrichtigen Lächeln. Ich lächelte zurück, drehte mich ein letztes Mal um und ging ins Haus.
Drinnen in Sarahs Zimmer sammelte ich meine Klamotten vom Abend davor ein. Sarah gab mir etwas frisches zum anziehen. Eine luftige Leinenshorts und ein bauchfreies, enges T-Shirt.
Es klopfte an der Tür. „Ja?" rief ich. Die Tür öffnete sich und John B stand im Türrahmen. „Y/n kommst du mit ins ‚Wreck'? Operation ‚Gold'." fragte er.
„Ich weiß nicht..." sagte ich nachdenklich während ich nach einer fehlende Socke von mir suchte. Ich hätte es komisch gefunden einfach bei Kiara aufzutauchen und so zu tun, als hätten wir uns den Abend davor nicht übelst gestritten. „Ich glaub ich bin noch nicht bereit mit Kie zu reden." ich fand die fehlende Socke und steckte sie in meine Stofftasche.
„Das solltet ihr aber. Anders löst sich die Sache nicht." sagte er. „ Das werden wir auch, John. Aber...halt..... jetzt noch nicht."
Er atmete einmal laut aus. „Ok." er klang enttäuscht.
„Dann berichte ich dir später, was wir herausgefunden haben.....was machst du dann heute?"
„Surfen vielleicht." sagte ich schulterzuckend. „Ohne Wind?" fragte John B belustigt. Ich schaute einen Augenblick prüfend aus dem Fenster. Er hatte Recht. Fast windstill. Mist. Kein Wind, keine Wellen. Ich stöpselte mein Handy vom Ladekabel ab. Ich hatte gestern Abend die Gelegenheit genutzt und habe es aufgeladen. „Dann lese ich halt ein Buch." John B musste lachen. „Haha ok"
„Was ist daran so lustig?!" fragte ich. „Dass du lieber ein blödes Buch liest, als mit uns ein Abenteuer zu erleben." bei dem Wort ‚Abenteuer' musste ich schmunzeln. Obwohl er Recht hatte. Wie immer. Ich hätte viel lieber mit denen nach dem Gold gesucht, als alleine ein Buch zu lesen. Aber ich war immer noch sauer auf Kie. Und das würde sich so schnell nicht ändern.

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