Kapitel 15 - Es ist kompliziert...

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Als wir vom Motorrad abstiegen, nahm Rafe meine Hand. „Komm bitte mit." sagte er. Ich zog meine Hand schnell weg und schaute mich um ob es jemand gesehen haben könnte. Niemand in Sicht. „Ich komme mit, aber bitte nimm nicht meine Hand. Niemand soll sehen, dass wir uns verstehen. Das würden sie nicht verstehen." sagte ich und lächelte aufmunternd. „Du hast recht" antworte er. Wir gingen ins Haus und in sein Zimmer und versuchten dabei unentdeckt zu bleiben. Rafe setzte sich auf sein Sofa und klopfte auf den Platz neben ihm, als Einladung, mich neben ihn zu setzen. Ich lächelte und setzte mich mit dem Rücken zur Armlehne neben ihn.  „Erzähl mir genau was passiert ist." sagte er. Ich nahm seine Hände und erzählte die ganze Geschichte. Wie wir ankamen und die Polizei aufm Steg stand und Ward auf der Druthers. Und wie er seinen Monolog in Tränen hielt, sich dann ins Schiff begab und wie es dann explodierte. Rafe liefen die Tränen. „Es tut mir leid, Rafe." sagte ich und nahm ihn in den Arm.
Nach einer Weile löste er sich aus der Umarmung und stand auf. Aufgewühlt lief er im Zimmer auf und ab. „Ich weiß nicht was ich jetzt machen soll, y/n. Sarah hasst mich. Und Wheezie wahrscheinlich auch. Sie werden nichts mehr von mir wissen wollen. Aber jetzt habe ich nurnoch die beiden." sagte er und spielte angespannt mit seinem Ring. „Sarah braucht Zeit." sagte ich und drehte mich zu ihm, sodass ich mich nun an die Rückenlehne lehnte.
„Ich weiß nicht viel, aber eins weiß ich ganz genau: Wheezies Glauben an das Gute im Menschen ist zu stark um dich zu hassen." fuhr ich fort. Rafe schaute zu mir und ging dann auf mich zu. Er blieb stehen und ließ sich vor mir auf seine Knie nieder. Dann nahm er meine Hände. „Ich bin froh dass du da bist." sagte er. Ich nickte und ihm strich die Haare von seiner Stirn. „Red mit Sarah." sagte ich und wischte ihm eine kullernde Träne von der Wange. „Versprochen?"
Er nickte.

Am nächsten Tag wachte ich in Rafes Bett auf. Ich schaute zu ihm aufs Sofa. Er schlief noch.
Seine Bettwäsche roch nach ihm: frisch und irgendwie.... zart. Ich ging in sein Bad und putzte mir die Zähne mit der Zahnbürste, die seit letztem Mal hier im Zahnputzbecher stand. Daneben stand sein Parfum. Ich nahm die Flasche in die Hand und roch am Zerstäuber. Plötzlich hatte ich ein Flashback von der Situation bei Kelce's Party, als ich und Rafe zusammengestoßen sind und ich mein Bier auf sein T-Shirt verteilte. Da trug er genau das Parfum.
Als ich fertig war ging ich zurück in sein Zimmer. Er saß auf der Kannte des Bettes, mit dem Rücken zu mir. Sein Blick nach unten gerichtet. Ich näherte mich ihm und als er mich bemerkte schaute er zu mir hoch und setzte ein Lächeln auf. Dann setzte ich mich neben ihn und legte meine Hand auf seinen Rücken. Rafe schaute auf unsere Knie, die sich berührten. Plötzlich klopfte es an die Tür. Vor Panik sprangen wir auf. Ich sprintete auf die andere Seite des Bettes und legte mich auf den Boden. Rafe ging zur Tür und öffnete sie. „Ja?" fragte er. Ich konnte nicht sehen wer es war. „Kommst du bitte runter? Wir vier haben was zu besprechen." es war Rose.
„Ok." antwortete Rafe und die Tür schloss sich wieder. Er ging zu mir und reichte mir die Hand. Ich zog mich an ihm hoch und wir standen uns gegenüber. „Ich hab Angst." sagte er dann. „Wovor?" fragte ich. „Vor Allem. Hauptsächlich vor Rose." sagte er und lächelte. Ich musste lachen.
„Wartest du solange hier?" fragte er. „Was habe ich für eine Wahl?" stellte ich als Gegenfrage.
Rafe nickte schmunzelnd. „Meinst du man hört unten wenn ich dusche?" fragte ich. „Ich glaub schon. Ich beeil mich, dann kannst du duschen wenn ich zurück bin, ok?" antwortete er.
Er ging zur Tür. Bevor er aus ihr raustrat atmete er noch einmal tief ein und aus.

Ich schaute durch sein Zimmer und meine Augen blieben an seinem Bücherregal hängen. Die Vorstellung, dass er manche davon wohlmöglich gelesen hat, wollte nicht in meinen Kopf rein. Rafe Cameron mit einem Buch in der Hand. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Einige der Bücher kannte ich sogar. Ein paar Klassiker wie 'Der Hobbit', 'Faust' und 'Das Parfum' . Auch einige von Hemingway. Aber auch etwas modernere Bücher. Von einem war ich sehr schockiert, dass er es besitzt: 'Kings of Colorado'. Das Buch war eins meiner Lieblingsbücher. Aber niemand den ich kannte hatte jemals etwas davon gehört.
Nach etwa 15 Minuten kam er wieder. Ich sah, dass er geweint hatte. „Und?" fragte ich leise.
„Dad hat ein Abschiedsvideo hinterlassen." sagte er, setzte sich aufs Bett und schaute mich an. Ich setzte mich zu ihm. Er nahm meine Hand und spielte nervös mit meinen Fingern. „Ich hasse ihn." sagte er. Das nannte ich mal eine den Umständen entsprechend, positive Entwicklung. Das sagte ich aber natürlich nicht. Anstelle dessen sagte ich jedoch : „Er war dein Vater."
„Ja, aber er hat uns alleine gelassen." antwortete er. „Vielleicht ist das ja was Positives." sagte ich in Gedanken versunken. Er schaute mich an. „Hast du mit Sarah gesprochen?" fragte ich behutsam. Er schüttelte wehmütig den Kopf. „Mach es, Rafe. Bitte. Jetzt wo euer Vater weg ist, kannst du dich endlich für die richtige Seite entscheiden. Du brauchst ihn nicht. Das hast du nie."
Rafes Tränen fingen wieder an zu kullern. Er versteckte sein Gesicht in seinen Händen. Obwohl er schon oft vor mir geweint hatte, viel es ihm immernoch schwer es zu zeigen. Er stand auf und räusperte sich. „Ok." sagte er. Ich stand ebenfalls auf und warf ein Blick aus dem Fenster. Unten stand Jjs Motorrad. Oh Gott, dachte ich, Jj vermisst sein Bike bestimmt schon. Dann sah ich Sarah den Kiesweg entlang zu ihrem Fahrrad gehen. „Rafe, ich würd mich beeilen, wenn du es jetzt tun willst. Sie geht gerade." Er ging zum Fenster und überprüfte meine Aussage. „Warte hier, ja?" sagte er und lief er aus dem Raum. Ich blieb am Fenster stehen und beobachtete Sarah. Sie stieg gerade aufs Fahrrad als Rafe rauskam. Sie fuhr in Richtung Tor und Rafe sprintete ihr hinterher. Als sie ihn bemerkte stieg sie ab. Sie diskutierten und Rafe ging auf sie zu. Daraufhin schubste sie ihn von sich weg. War das ne gute Idee, ihm zu raten mit ihr zu reden? Oder war es vielleicht doch zu früh? Ich lief so schnell ich konnte runter. Draußen angekommen blieb ich aus der Sichtweite der beiden.
„Sarah, bitte geh nicht, okay?" rief er.
„Dad ist weg." sagte er und machte eine kleine Pause. Dann fügte er hinzu: „und jetzt sind es nur noch du ich und Wheezie."
„Worauf willst du hinaus, Rafe."
„Ich weiß was ich getan habe. Aber hör zu, ich wollte es immer nur Dad recht machen, okay? Alles was ich getan habe, habe ich getan um ihm zu helfen, okay? Du hast ihn gehört im Video. Er hat gesagt wir sollen zusammenbleiben als Familie. Es war sein letzter Wunsch und jetzt ist er tot. Und ich schwöre, ich werde tun was ich kann um das möglich zu machen." seine Stimme zitterte. „Weißt du, ich kann....ich kann die Vergangenheit nicht ändern, aber ich werde mich ab jetzt ändern. Es tut mir leid."
Sarah schwieg. Dann kam Rafe um die Ecke. Er schaute auf den Boden. Als er mich entdeckte fing sein Kinn an zu zittern. Ich lächelte ihn aufmunternd an. „Das war gut." sagte ich. Ich ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. „Das war gut, Rafe." wiederholte ich und strich über seinen Rücken.
Ich löste mich von ihm. „Ich fahre jetzt nach Hause, okay?" sagte ich. „Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben?"
Ich schüttelte den Kopf. „Ich muss Jj das Motorrad wiederbringen." antwortete ich. „Aber du wolltest doch noch duschen." argumentierte er. Ich lächelte etwas amüsiert. „Das kann ich auch zuhause machen."
Er nickte enttäuscht. Ich umarmte ihn wieder. Dann legte ich meine Hand an seine Wange.
„Wir sehen uns." sagte ich. „Schreib mir wenn was ist, okay?"
„Okay." flüsterte er.

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