Kapitel 8 - Schulden

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Wheezie und ich saßen auf dem Motorrad von Jj mit dem er den Abend zuvor zu mir gekommen war. Nachdem Wheezie mich überredet hat, mit ihr mit zukommen, weckte ich Jj und bat ihn um Erlaubnis sein Motorrad zu nehmen. Natürlich erzählte ich ihm nicht die Wahrheit darüber wohin wir wollten. Zu meiner Erleichterung war er noch zu verschlafen um nochmal nachzuhaken.
Auf Figure 8 angekommen fragte ich Wheezie wolang wir jetzt mussten um zu Rafes aktuellen Aufenthaltsort zu gelangen. Als Wheezie anfing mir eine grobe Wegbeschreibung zu geben überlegte ich es mir jedoch anders. „Wheezie, ich glaub ich gehe alleine zu ihm. Kennst du die Adresse auswendig wo er jetzt ist?"
„Ja"
„Ok ich setze dich in Tannyhill ab und fahr dann zu ihm ok?"
„Ok"

Als ich Wheezie bei ihr Zuhause absetzte nannte sie mir die Adresse. „Woher weißt du überhaupt, dass er da ist?" fragte ich. „Ich bin ihm vorhin gefolgt. Er weiß aber nicht, dass ich es weiß." antwortete sie. Ich seufzte. Sie tat mir leid. Sie machte sich Sorgen um ihren Bruder und sie hatte es nicht verdient, sich solche Sorgen zu machen. „Soll das ein Geheimnis bleiben, dass du sein Versteck gefunden hast?"
„Ne, ich gehe morgen vielleicht eh zu ihm."
Ich lächelte ihr aufmunternd zu. „Ok, ich mach mich dann auf den Weg"
„Danke" sagte sie anschließend und umarmte mich. Ich ließ mein Handy bei ihr um es in der Zeit, in der ich bei Rafe war aufzuladen.
Die Adresse war nicht weit von Tannyhill entfernt, ich fuhr höchstens 6 Minuten mit Jjs Bike. Dort angekommen stellte ich es in der Auffahrt des Hauses ab und versuchte die Tür zu öffnen. Und sie war tatsächlich nicht abgeschlossen. Wheezie hatte mir gesagt, das Haus gehörte Freunden von den Camerons, die aber über den Sommer woanders waren.
Ich schaute mich im Erdgeschoss um, fand aber niemanden. Also ging ich die Treppen hoch. Im Obergeschoss sah ich Rafe draußen auf der Dachterasse sitzen. Ich ging in Richtung draußen und blieb vor der Türschwelle stehen als er mich entdeckte. „Was ma-?" er stoppte und fing nochmal von vorne an: „Wie kommst du denn hier her?". Er saß auf einem Sessel und hatte eine Bong vor sich stehen. Ich trat über die Türschwelle.
„Mit dem Motorrad" sagte ich und stellte meinen Baumwollbeutel am Boden ab.
„Woher zu Hölle weißt du wo ich bin?"
„Deine Schwester hat dich beobachtet. Sie macht sich Sorgen."
„Sarah? Das wag ich zu bezweifeln." antwortete Rafe trotzig mit roten, glasigen Augen. Seine Pupillen waren riesig von den Substanzen, die eingeworfen hatte. „Nein.... Deine andere Schwester... Louisa."
Er nickte und schaute auf den Boden.
Ich setzte mich im Schneidersitz auf einen Sessel neben seinem und kramte meine Metalldose mit Zigaretten aus meiner Hosentasche raus. Rafe reichte mir sein Feuerzeug ohne, dass ich ihn darum bat. „Danke"
„Wofür willst du dir Geld von ihr leihen?" fragte ich ihn und zündete mir meine Zigarette an.
Statt auf meine Frage zu antworten, fragte er mich nach einer Zigarette. „Kann ich eine?" Ich warf ihm meine Metalldose zu. Sie landete in seinem Schoß. „Und du gibst es ihr wieder?"
„Ja das ist das Konzept vom Leihen." sagte er schmunzelnd mit der Zigarette im Mund. Da war er wieder: der Rafe den ich so verabscheute.
„Du wirst es für Drogen ausgeben und ihr nie wiedergeben. Das weißt du."
Ich zog an der Zigarette, legte meinen Kopf in den Nacken und bließ den Rauch aus. Ich löste meine Beine aus dem Schneidersitz und rutschte mit dem Po etwas weiter nach vorne im Sessel, sodass ich meinen Kopf auf die Rückenlehne legen konnte. Ich schaute zu Rafe rüber ohne meinen Kopf zu heben. „Nimm kein Geld von Wheezie." hakte ich etwas lauter nach.
„Ich brauch es aber!" er passte sich meiner Stimmlage an und klang sehr eindringlich.
Ich rollte mit den Augen, seufzte und schloss sie genervt. Ich wusste, dass das hier nichts bringt.
„Nicht für Drogen." sagte Rafe jetzt ganz ruhig. Ich schaute zu ihm und er sah mich an. „Ich muss damit meine Schulden bei Barry begleichen." stellte er klar.
„Ich dachte dein Vater hätte das geregelt, bevor er Barry zusammengeschlagen hat." antwortete ich. „Ja, aber ihr wart so dumm und habt 25.000 von ihm gestohlen." sagte Rafe genervt. „Und jetzt muss ich es geradebiegen, weil Barry weiß, dass Sarah was damit zutun hat."
„Sarah hat damit nichts zu tun. John, Kie, Pope und ich auch nicht. Wir können nichts für Jjs hirnlose Ideen. Aber er hat es nicht einfach so geklaut und das weiß Barry auch. Der kriegt sich schon wieder ein."
Rafe beugte sich über den kleinen Tisch der vor ihm stand und kratzte ein wenig weißes Pulver zusammen bis eine Line entstand. Dann nahm er einen zusammengerollten Geldschein und zog die Line durch die Nase. Er schniefte ein bis zweimal, rieb seine Nase und legte seinen Kopf in den Nacken. „Wieso erzählt sie ausgerechnet dir, dass sie sich um mich Sorgen macht?" fragte er nach einem kleinen Moment. „Wen soll sie sonst um Hilfe bitten? Deine Freunde? Hast du überhaupt wirkliche Freunde?" fragte ich scharf. Auf die Fragen ging er nicht ein. „Naja aber wie kommt sie darauf, dass du mir helfen kannst?"
„Sie hat uns gesehen."
Rafe schrak etwas überrascht hoch und schaute mich an. Ich fuhr fort: „Als Barry bei euch war und das gemacht hat." ich deutete auf seine Brandwunde am linken Arm. Er nickte.
Ein kurzes Schweigen.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm und musterte ihn aufmerksam. „Wie geht's dir?" fragte ich.
Ohne zu mir zurückzugucken zuckte er mit den Schultern. „Siehst du nicht? Mir gehts einwandfrei" Erst nachdem er den Satz beendet hat schaute er zu mir und zog ein weiteres mal an seiner Zigarette.
Er hatte noch etwas Pulver an seiner Nase. Nach einer Weile Schweigen wurde ich ungeguldig und beschloss zu gehen. „Ok" sagte ich und drückte mich aus dem Sessel. Es hatte keinen Sinn. Mit ihm kann man nicht reden.
„Ich gehe dann mal wieder." fuhr ich fort und ging durch die Tür wieder ins Haus.
„Wohin?"
Ich blieb stehen, schaute zu ihm und antworte: „Zu deiner kleinen Schwester um ihr zu sagen, dass ihr Bruder ein hoffnungsloser Junkie ist und niemals mehr sein wird wie früher."
Rafe ging nicht darauf ein.
Stattdessen stand er auf und sagte: „Kannst du bleiben?"
Warum fragte er das? Hatte er wirklich niemand anderen der bei ihm sein konnte? Wenn er nicht alleine sein wollte, warum ging er dann nicht zu seinen Freunden?
„Nein, ich hab noch einiges zu tun." antwortete ich.
Seine Mundwinkel sanken noch etwas weiter, als sie ohnehin schon waren. „Verstehe." sagte er wandte seinen Blick ab und setzte sich wieder in den Sessel und schaute aufs Wasser. Seinen Augenbrauen formten Sorgenfalten auf seiner Stirn und seine Augen wurden glasig. Ich ging zu ihm rüber und hockte mich vor ihn. „Rafe du kannst doch nicht ernsthaft von mir erwarten, dass wir, nach all dem was du getan hast, Freunde sind oder, dass ich dich wie einen Freund behandle. Du hast Pope fast krankenhausreif geschlagen. Und du behandelst meine anderen Freunde wie Dreck. Du behandelst Sarah wie Dreck. Sie ist deine Schwester."
„Sie behandelt mich auch wie Dreck." ihm kullerte eine Träne die Wange runter. „Sie ist das Problem. Sie denkt sie wär die Beste. Dad stellt sie über alles. Und er hasst mich." jetzt liefen ihm die Tränen nur so das Gesicht runter. Ich schüttelte den Kopf. „Er liebt dich."
„Genau. Deshalb schmeißt er mich auch raus."
„Er weiß wahrscheinlich nicht, wie er sonst mit die umgehen soll."
Ich nahm seine Hände. „Bitte versuch endlich mal klarzukommen. Du warst schon immer ein verwöhntes Arschloch, aber in letzter Zeit übertriffst du dich echt selber. Mach nicht alles von Ward abhängig. Übernimm mal ein bisschen Eigenverantwortung."
Rafe stand auf und zog mich an den Händen hoch, sodass wir gegenüber standen. Dann umarmte er mich. Eine irgendwie komische Situation, aber auch irgendwie heilend. Für beide.
Nach einer Weile löste ich mich langsam aus der Umarmung und ging in Richtung Terassentür.
Ich kramte in meinem Baumwollbeutel rum und holte ein leeres Kaugummipapier und einen Stift raus. Ich kritzelte meine Nummer drauf und reichte es ihm.
„Hier..... falls irgendwas ist."
Er nahm es, schaute es sich an und lächelte ganz leicht. „Du hast hier noch ein bisschen Zeugs." sagte ich und fasste mir an die Nase um zu demonstrieren wo. Er wischte seine Nase leicht über seinen Handrücken. „Weg?"
„Weg." ich musste lächeln.
Dann verstaute er meine Handynummer in seiner Hosentasche und schaute zu mir.
„Krieg es in den Griff" sagt ich. „Ich hab alles im Griff" antwortete er trotzig. Ich legte meinen Kopf schief. „Belüg dich nicht selbst, Rafe".

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