Kapitel 18 - Der (tote) Feind

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Ich fuhr deutlich schneller als man durfte und wir waren in null Komma nix bei den Camerons.
Als wir zur Auffahrt aufs Gelände fuhren, fuhr Rose an uns vorbei. Hinten im Auto saß Wheezie und neben ihr lag: „Sarah!" sagte ich fassungslos. Ich legte den Rückwärtsgang ein und drehte. John B und Jj liefen hinter Roses Auto her und klopften wie wild an die Scheiben. Ich hielt an.
„Steigt ein!!" rief ich mit offener Tür. Pope öffnete seine Tür und die beiden quetschten sich ins Auto.
„Sie fährt zur Werft. Dort sind wir heute verabredet. Sie will mit uns abhauen, wie ich es dir erzählt hab. Da ist aber alles voll mit Security und wir werden nicht einfach so reinkommen."
sagte Rafe. „Also? Hast du einen Plan?"
„Wir halten und ihr geht nach hinten zum Kreuz. Ich fahre, mich kennen sie. Sie werden mich durchlassen." antwortete er.
Die Jungs schauten ihn misstrauisch an. John B schaute zu mir und schüttelte den Kopf.
„Warum sollten wir DIR vertrauen?" maulte Jj ihn an.
„Ich schätze wir haben keine Wahl, Jj." sagte ich.
Ich hielt den Wagen mit quietschenden Reifen an und sprang schnell raus. Dann lief ich nach hinten und öffnete die Tür. Die drei Jungs sprangen rein. Jj war der letzte und hielt mir die Hand hin. Ich nahm sie, sprang ebenfalls in den Truck und schloss die Tür hinter mir. Rafe fuhr los.

Nach etwa 10 Minuten hielt der Truck an und Rafe tauschte ein paar Worte mit ner männlichen Stimme aus. Dann setzte sich der Truck wieder in Bewegung. Kurze Zeit später hielt er endgültig und der Motor verstummte. Die Hintertür öffnete sich und Rafe stand vor uns. „Wir sind da." sagte er. Er schaute einmal rechts und links ob jemand da war der uns nicht sehen durfte. „Kommt raus." sagte er dann und reichte mir die Hand. Ich sprang raus ohne seine Hand. Die anderen folgten mir. „Ich schaue nach Sarah." sagte John B. „Wir auch." sagte ich und schaute Jj und Pope an. „Ok." sagte Rafe. „Ich rede mit Rose."

Wir hielten uns versteckt und sahen wie Rose mit ihrem Auto vor dem Steg, der zu einem riesigen Frachtschiff mit dem Namen „Coastal Venture" führte, parkte. „Ich kenn das Schiff, mein Vater hat dadrauf mal gearbeitet." sagte Jj. Rose stieg aus dem Auto aus und gab Sarah, die etwas verschlafen aussah, in die Hände von zwei Security's, die sie ins Schiff brachten.
„Da ist sie." sagte John B. „Jj wir brauchen einen Plan."
„Bin dabei." sagte er. „Also wir gehen darüber und dann müssen wir da lang ins Was-"
„Howdy"
Wir erschraken und drehten uns um.
Kie stand vor uns. „Oh mein Gott. Wie kommst du hierher? Woher wusstest du wo wir sind?"
fragte ich perplex. „Ich hab ihr unseren Standort geschickt." sagte Pope. „Ist das das Kreuz?" fragte ich. Die anderen schauten in die Richtung in die ich zeigte. „Fuck. Ich wusste, dass wir ihm nicht vertrauen können!" zischte Jj. Pope entfernte sich von uns. „Was hast du vor?"
„Ich hab eine Idee. Vertraut mir. Wir treffen uns gleich."
Wir versteckten uns hinter rostigen Metallcontainern. Nach ein paar Minuten hörten wir einen lauten Knall und sahen eine Riesen Flamme keine 20 Meter von uns entfernt. Pope rannte zu uns. Alle Arbeiter waren in Aufregung. „Der Container da wird gleich aufs Schiff geladen. Wir müssen da rein." sagte Pope.
Ohne bemerkt zu werden schlichen wir uns in den Container. Nachdem die Türen geschlossen wurden, setzte sich unser Versteck schwankend in Bewegung. Nach einer sich lang anfühlenden Achterbahn artigen Fahrt wurde der Container mit einem Rums auf dem Schiff abgesetzt.
„Und wie kommen wir hier raus?" fragte Jj.
„Pssschhht." ermahnte ihn Pope mit dem Zeigefinger vorm Mund. „Sei doch leise Mann ."

„Und jetzt?" fragte Jj leise nach einer Weile. „Wie sollen wir hier bitte wieder rauskommen?"
Pope antwortete nicht. „Toll durchdachter Plan, Pope!" fuhr Jj ihn an.
„Ich denke nach, Jj. Etwas was du auch öfter mal probieren solltest." entgegnete er genervt.
Die beiden fingen an sich zu streiten und ich sah wie Kie etwas entdeckte. Sie schob ein paar Kisten zur Seite und legte ein zuvor vedecktes Fenster frei. Sie schaute mich an. „Da werden wir wohl durchpassen." sagte sie triumphierend. Die Jungs waren zu sehr damit beschäftigt sich zu streiten um ihre Entdeckung zu bemerken.
„Leute."
Sie stritten weiter. John B sah an ihnen vorbei zu uns und dem Fenster. Dann stupste er die beiden Jungs an und deutete zu uns rüber. Die hörten auf zu streiten und folgten John Bs Blick.
Ohne zu zögern zückte Jj sein Taschenmesser und ging zum Fenster. Bevor er mit dem Messer den Fensterrahmen aus seiner Fassung hebeln konnte, hielt Pope ihn am Arm zurück. „Bevor wir irgendwas tun, sollten wir einen Plan entwickeln." sagte er.
„Vernünftig." gab Jj zu.
Ich sah wie es in Jjs Hirn zu rattern anfing. Jedoch war mir klar, dass sich darin nichts brauchbares zusammensponn. Dann fing es an aus ihm rauszusprudeln: „Okay. Wir plündern den Waffenschrank, kommen zurück und planen den nächsten Zug. Der Waffenschrank ist auf Deck 3 in der Nähe vom Wäscheraum. Los gehts." Noch bevor er den Satz beendet hatte, versuchte er wieder den Fensterrahmen aus seiner Fassung zu hebeln. Pope stoppte ihn erneut. „Jj, warte. Ich denke nicht, dass wir alle da rausgehen sollten. Zu riskant."
John B nickte. „Ja um ehrlich zu sein, denke ich du solltest hierbleiben, Jj."
Jj wollte ihnen gerade widersprechen, da fiel John B ihm ins Wort: „Ich bin hier um Sarah zu finden, Pope um das Kreuz zu holen. Und außerdem, wenn du da raus gehst, besteht eine 100 prozentige Wahrscheinlichkeit, dass du etwas dummes tust."
Jj versuchte John B davon zu überzeugen, dass es die richtige Entscheidung wäre, ihn mitzunehmen. Ich griff ein: „Jj wenn wir alle gehen und entdeckt und festgehalten werden, haben wir keine Chance mehr uns da raus zu retten. Ein Teil von uns muss vorerst versteckt bleiben."
„Danke." sagte John B. Jj schien nicht einverstanden, aber gab sich geschlagen. Bei dem Gedanken mit Jj und Kie alleine zu sein, wurde mir flau im Magen. Auch wenn Kie nicht davon wusste, was zwischen Jj und mir passiert war, fand ich die Situation unangenehm. „Ich komme mit euch mit, ok?"
„Ok." antwortete John.
„Achso sie soll mitkommen, aber ich ni-"
Er musterte mich und bevor er seine Beschwerde beendete, schien er zu verstehen und verstummte.
„Dann macht mal hinne jetzt." sagte er. Wir alle machten zum Abschied unseren Handschlag und verschwanden anschließend einer nach dem anderen aus dem Fenster. John B zuerst, dann ich und Pope bildete das Schlusslicht.
Wir duckten uns hinter alte Holzfässer bis die Luft rein war und wir weiterliefen.
Eine blaue Treppe führte uns unter Deck. Dort liefen wir Stück für Stück durch den Flur und mussten uns ab und zu hinter jeglichen Ecken und Türen verstecken um nicht entdeckt zu werden. Nonverbal beschlossen wir uns aufzuteilen. Jeder ging seinen eigenen Weg. Ich sah wie Pope in den Maschinenraum ging. Ich machte mich auf die Suche nach Aufenthaltsräumen oder Schlafräumen. Irgendetwas wo sich die Camerons aufhalten könnten. Ich wusste, dass ich nicht entdeckt werden dürfte. Von keinem von ihnen. Das wäre zu riskant. Ich lauerte in einer Ecke im Flur hinter einem Metallschrank und grübelte wie ich, ohne entdeckt zu werden, Sarah zu verstehen geben könnte, dass wir hier waren. Plötzlich hörte ich eine Stimme, die mir unangenehm vertraut vorkam. Ein Mann ging an mir vorbei. Ihm gehörte die Stimme aber nicht. Ein zweiter Mann folgte dem ersten. Ihre Konversation war angespannt. Ich quetschte mich noch mehr hinter den Schrank, damit sie mich nicht sahen. Als sie vorbei waren lugte ich aus meinem Versteck hervor. Ich erkannte den zweiten Mann, dessen Stimme ich gehört hatte. Meine Knie wurden weich. Das konnte nicht sein. Unmöglich. Ward Cameron lebt? Das werden die anderen mir niemals glauben.
Ich nahm mein Handy aus meiner Hosentasche und hoffte, dass es noch Akku hatte um ein Foto von ihm zu machen. Ich drückte den Knopf an der Seite, aber das einzige was erschien, war das Leerer-Akku-Symbol. Fuck.
Ich überlegte weiter, wie ich Sarah kontaktieren konnte ohne andere auf mich aufmerksam zu machen. Selbst wenn mein Handy noch Akku hätte: hier auf dem Meer war kein Empfang. Keine Chance. Ich wollte mein Handy gerade wieder in die Hosentasche schieben, da fiel mir das Polaroidbild in meiner Handyhülle auf. Sarah und ich waren darauf. Es war an ihrem Geburtstag vor ein paar Jahren entstanden. Ich konnte mich noch dran erinnern wie wir zwei Stück machten, damit jeder eins bekommt. Seitdem hatte ich meins immer in der Handyhülle. Sarah hatte ihres eingerahmt auf ihrem Nachttisch stehen.
Ich holte das Bild hastig aus der Hülle. Wenn ich es hier irgendwo platzierte und jemand von der Crew würde es finden, dann würden sie sich entweder nichts denken, oder Sarah darauf erkennen und es den Camerons geben. Einer von den Camerons würde denken es gehört Sarah. Wenn Sarah es bekommt, könnte sie möglicherweise ahnen, dass mindestens ich hier bin. Ich überlegte einen Moment und zuckte dann mit den Schultern. Nichts zu verlieren. Dachte ich dann und legte das Bild im Gang auf den Boden. Dann machte ich mich wieder auf den Weg nach oben.
Ungesehen an unserem Container angekommen, kletterte ich die Kisten hoch um durchs Fenster wieder rein zu schlüpfen. „Ey ich bin's, macht auf." flüsterte ich. Jj kam zum Vorschein und löste den Rahmen aus der Fassung. „Danke." sagte ich außer Atem.
„Alles ok?" fragte Jj. Ich nickte und schaute mich kurz um. „Sind die anderen noch nicht zurück?" fragte ich besorgt. „Nein." antwortete Jj. „Meint ihr Rafe hat sie entdeckt?" fragte Kie nervös. Ich schüttelte den Kopf. „Ich befürchte Rafe ist unser kleinstes Problem." sagte ich und wischte mir den Schweiß von der Stirn. „Was zur Hölle meinst du damit?!" entgegnete Jj. Ich schaute die beiden abwechselnd an. „Ward lebt."
In beiden Gesichtern bildeten sich verzweifelte Fragezeichen. „Wovon redest du? Ward ist tot, wir haben es mit eigenen Augen gesehen." sagte Jj dann. In dem Moment schob sich ein Schatten vor das Fenster. Wir erschraken. „Schhhh! Wir sind's." flüsterte Pope. Jj nahm den Rahmen erneut vom Fenster. Pope kletterte rein gefolgt von John B. Plötzlich kam ein weiterer Kopf zum Vorschein. „Was zur Hölle, wer ist das?!!" fragte Kie aufgeregt. „Beruhigt euch." sagte John.
Es war ein Mädchen, etwa in unserem Alter, vielleicht ein/zwei Jahre älter. „John B wer ist das?" harkte ich nochmal nach. Er erklärte uns, dass das Cleo war, ein Mädchen, das ihm und Sarah auf den Bahamas geholfen hatte und dass sie uns nun wieder helfen würde. Nach ein paar weiteren Erklärungen zum Thema Cleo und warum sie letztendlich hier auf das Boot mit der Crew gelangte, fingen wir an von unserer kurzen Erkundung zu berichten. „Bevor wir weiteres besprechen, erklärst du y/n, uns bitte was du eben damit meintest, dass Ward noch lebt." sagte Kie. „Wie bitte?" Pope schaute mich verwirrt an. John B richtete seinen Blick ebenfalls auf mich. „Du hast ihn auch gesehen?" fragte er. „Du auch?" entgegnete ich. Er nickte. Ich war zugegebener Maßen etwas erleichtert, denn das bestätigte mir, dass ich mir das nicht nur eingebildet hatte.
„Ward ist am Leben und auf diesem Schiff." verkündete John B schliesslich. „Ihr macht Witze." sagte Jj ungläubig.
„Sein Tod war eine einzige Inszenierung um Rafes Namen reinzuwaschen." sagte John.
„Ward hat das Gold, das Kreuz und Sarah. Wir lassen ihn nicht nochmal gewinnen." sagte Jj mit geballten Fäusten.
Wir überlegten uns einen Plan: Cleo und Pope überwältigen den Kapitän auf der Brücke. Sie zwingen ihn dem Rest der Crew zu befehlen sich in die Rumpfhalle des Schiffs zu begeben. Dort sperren wir sie ein, machen das Rettungsboot fertig, holen und Sarah und das Kreuz und hauen ab.
Pope und Cleo machten sich auf den Weg. „Wartet auf euer Signal." sagte er bevor er zum Fenster rauskletterte.

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