Es vergingen drei Wochen nach Taras Abreise und ich kann kaum noch schlafen. Ich höre nichts von ihr. Gar. Nichts. Direkt nach ihrem Flug schrieb sie mir noch, dass sie gut angekommen ist, aber seitdem herrschte Funkstille. Meine Nachrichten wurden nicht gelesen, und meine Anrufe landen jedes Mal auf der Mailbox.Es ist zum verrückt werden, und so langsam habe ich wirklich das Gefühl meinen Verstand zu verlieren. Ich bin sogar versucht, jemanden damit zu beauftragen, nach ihr zu sehen, aber das kommt mir dann doch noch leicht übertrieben vor. Also halte ich diese drei ellenlangen Wochen durch und steige gerade aus dem Flieger in New York.
Sofort steige ich in ein Taxi und nenne dem Fahrer Taras Adresse. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir da sind. Der Verkehr scheint heute noch schlimmer zu sein als normalerweise, und das genau jetzt, wo ich es eilig habe, zu meiner Tara zu kommen. Wahrscheinlich gerade deshalb... Ich mache mir nicht nur große Sorgen, ich vermisse sie auch so sehr, dass es mir Angst macht.
Ich gebe dem Taxifahrer einen Fünfziger und steige aus, noch bevor er das Wort Wechselgeld sagen kann. Ich sprinte beinahe die Treppen zu ihrer Wohnung hoch, obwohl es wahrscheinlich auch nichts ändern würde, wenn ich in normalem Tempo ginge.
Mein Herz stolpert, kann nicht mehr richtig schlagen, als ich ihre Wohnungstür sehe. Schlampe, steht mit roter Farbe quer über das schöne, alte Holz geschrieben. Obwohl ich weiß, dass es sich um Farbe handelt, bekomme ich Gänsehaut, denn es sieht wirklich aus wie Blut.
Ich klopfe. Laut und unnachgiebig und ich höre nicht auf, bis ich neben mir ein Geräusch vernehme. »Sie wird nicht aufmachen.« Neben mir streckt ein blonder, junger Mann mit leicht schief sitzender Brille seinen Kopf aus der Tür. Taras Nachbar Daniel. Sie erzählte mir von ihm. Sie mag ihn.
»Ist sie nicht zuhause?«, will ich wissen und mache mir direkt noch mehr Sorgen. »Doch, ist sie. Um genau zu sein, hat sie ihre Wohnung seit über zwei Wochen nicht mehr verlassen...« Daniel senkt seinen Kopf und hebt ihn wieder an, um direkt in meine Augen zu schauen. »Ich weiß wer Sie sind und ich mag Tara sehr gerne. Ihre Fans aber... sie sind grausam.«
Mir wird kalt, ich habe Angst vor dem, was er mir jetzt erzählen könnte. »Tara war einkaufen und schon das war eine Überwindung für sie, nachdem sie online so sehr angegriffen wurde. Vor allem weil jemand ihre Adresse herausgefunden und online veröffentlicht hat und die Leute sie auch hier terrorisiert haben. Sie hat ihre Klingel nach einem Tag ausgestellt.«
Daniel schluckt und runzelt seine Stirn. Ich erkenne Besorgnis und Mitleid in seinen hellblauen Augen. »Sie war also einkaufen und wurde angegriffen. Eine Frau, ein großer Fan von Ihnen, hielt Tara für eine Hure. Sie glaubte alles, was in diesen furchtbaren Foren stand. Auch Ihr – zugegeben gutes – Video hat kaum geholfen...« Der junge Mann kommt ganz auf den Flur und lehnt sich an den Rahmen seiner Tür. »Tara kam mit einem blauen Auge nach Hause. Sie hatte es gerade mal einen halben Block weit geschafft, bevor die Frau sie attackierte.«
Ich lehne den Kopf in den Nacken, schaue an die vergilbte Tapete, die aus irgendeinem Grund auch an der Decke klebt, und hoffe, dass das alles nur ein wirklich schlechter Scherz ist. »Sie wurde angegriffen?«, frage ich nach, hoffend, dass ich mich nur verhört habe und er mich jetzt total verwirrt anschaut. Aber er nickt und senkt dann den Kopf. »Oh Gott«, das kann doch alles nicht wahr sein!
»Ich studiere Medizin. Ich kam gerade aus der Uni, als ich sie sah und habe sie verarztet. Es war ein paar Tage echt fies angeschwollen und ihre Nase fing auch immer wieder an zu bluten, aber seit ungefähr einer Woche ist kaum noch was zu sehen.«
Ich möchte heulen. Ich bin ein erwachsener Mann, der so einiges erlebt hat, und ich möchte mich auf den Boden setzen, die Beine an meine Brust ziehen und hemmungslos weinen. Sie sind zu weit gegangen. Sie haben die Frau verletzt, die ich liebe. Das war's. Ich bin raus. Endgültig. Es bricht mir das Herz und diese Fans folgen wahrscheinlich auch noch dieser verqueren Vorstellung, sie täten das alles für mich! Da wird mir richtig übel von.
»Danke«, murmle ich und Daniel nickt mir zu, bevor er in seine Wohnung geht. Ich klopfe wieder an Taras Tür, energischer diesmal, und rufe durch das Holz ihren Namen. »Tara! Mach mir auf! Bitte!« Aber keine Reaktion. »Tara, ich weiß, dass du da bist! Daniel hat mir alles erzählt! Bitte mach mir auf...«, versuche ich es sanfter, aber auch das nützt nichts. »Tara, ich schwöre, ich breche diese Tür auf!«
Ich höre, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wird, dann öffnet sich die Tür einen Spalt. Sanft, aber unnachgiebig schiebe ich sie weiter auf, trete einfach ein und reiße die Frau, die mit gesenktem Kopf vor mir steht, in meine Arme.
Es ist, als hätte ich einen Damm gebrochen, denn sobald ihre Stirn an meiner Brust liegt, fängt sie an zu schluchzen und bricht zusammen. Sie weint so schlimm, dass ich mit ihr auf die Knie sinke und sie einfach halte, und versuche sie zu beruhigen. »Schht, es wird alles gut, Sweetheart. Ich bin hier. Niemand wird dir weh tun...«
Es dauert eine Weile, aber irgendwann hat Tara sich soweit beruhigt, dass wir aufstehen und ich ihr Gesicht umfasse. Meine Daumen wischen die salzigen Tränen von ihren geröteten Wangen, dann presse ich meine Lippen auf ihre Stirn. »Oh mein Sweetheart, es tut mir so unendlich leid«, flüstere ich und ziehe sie erneut an meine Brust.
Ihr zierlicher Körper an meinem, ihre dunklen Haare unter meinem Kinn, als ich meinen Kopf auf ihren stütze, und ihre Hände, die sich in mein Shirt krallen, als hätte sie Angst, ich könnte mich jederzeit umdrehen und einfach wieder gehen. Endgültig. Aber das würde ich nicht tun. Niemals.
Aber der Moment ist kurz. Zu kurz. Und was danach kommt, macht mir Angst, lässt mein Herz schneller schlagen und gleichzeitig stehen bleiben.
Sie löst sich von mir und macht ein paar Schritte zurück. Sie sieht mich an. Unter ihrem linken Auge kann ich noch einen leichten Grünschimmer erkennen, der mich wütend und traurig zugleich macht. Ihre wunderschönen Augen sind mit Tränen gefüllt und neben der Liebe, die sie für mich empfindet, ist ihr Blick vor allem voller Angst. Sie hat so viel Angst, dass es mein Herz mit eisiger Faust zerquetscht.
»Fühlst du genug?«, haucht sie und die erste Träne löst sich aus ihrem Augenwinkel und rollt über ihre Wange. »Was meinst du?«, frage ich nach und bin kurz überrascht, wie rau und heiser meine Stimme klingt. »Fühlst - empfindest du genug für mich, dass es sich lohnt zu kämpfen?« Tara weint und schlingt ihre Arme um ihren Oberkörper, als würde sie sonst auseinander fallen.
Ich seufze und mache einen Schritt auf sie zu, aber sie weicht zurück und schüttelt mit ihrem Kopf. »Nicht«, flüstert sie und ich bleibe sofort stehen. Ich räuspere mich, dann sehe ich ihr fest in die Augen.
»Die Frage ist doch eher, ob du genug fühlst, um an meiner Seite für uns zu kämpfen. Denn Tatsache ist, dass ich dich schon jetzt genug liebe, um jede mögliche Konsequenz in Kauf zu nehmen. Also? Liebst du mich genug?«
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𝐇𝐄𝐀𝐓
FanfictionTara Jones ist Fotografin. Aus einem Job mit Robert Downey Junior werden schnell ein heißes Sex Tape und eine leidenschaftliche Liebe mit ungewisser Zukunft... ❀ ❀ ❀ (die Story beruht auf einem meiner Ones...