7. Kapitel

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     Nachdem alles Formelle erledigt war, fand Damir, Dardan und ich uns auf dem Weg zum Strand wieder. Unsere Taschen hatten wir in Damirs Auto gelassen, dass vor unserem Bungalow stand. Brütende Hitze begleitete uns und trieb den Schweiß auf meine Stirn und auf meine Beine, die noch immer die in die Jogginghose gehüllt waren. Damir hatte mir keine Zeit gegeben sie los zu werden. Er hatte uns einfach gleich weitergezogen. Dardan sah sich neugierig am Campingplatz um, betrachtete die verschiedenen Wohnwägen und Wohnmobile. Kinder fuhren lachend den Hügel hinab, andere gingen mit ihren Hunden spazieren, Pärchen hielten Händchen.
     Trotzdem war es anders als sonst. Die Leute blicken immer wieder zum Festland hinüber, wo sich die dunklen Wolken bereits türmten und Unheil versprachen. Der Wind heulte bereits in den Bäumen und trug den Geruch von Meer und Pinien heran. Ein Geruch, den ich liebte. Ein Geruch, den ich gerne inhalieren würde, wenn es denn möglich wäre. Leider war es das nicht, womit ich leben musste. Es würde wohl nie möglich sein. Frauen sowie Männer starrten Dardan an, Damir schien neben ihn in den Hintergrund zu rücken, was für mich seltsam war.
     Damir war schon immer ein Frauenschwarm gewesen, doch er... er hatte sich nie sonderlich darum gekümmert oder gesorgt. Er mochte Frauen, doch er fing nie etwas ernstes mit ihnen an. Manchmal glaubte ich, dass es an Phoenix lag. Damals war er zwar erst 16 gewesen, doch schon damals hatte er sie mit dieser Wärme angesehen, die nicht mal ich von ihm bekam. Für Phoenix hatte er immer einen ganz eigenen Blick gehabt. Den Blick, den ich seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte. Diese Wärme, diese Zuneigung, diese Vergötterung. Sie war nicht mehr zu sehen.

     Stattdessen waren seine meeresblauen Augen verschlossen. Früher waren sie das Tor zu seiner Seele gewesen. Ab und an ging er mit einer Frau weg, aber niemals zu sich nach Hause. Er blieb niemals über Nacht und versprach nichts. Die Frauen wussten das, doch einige träumten davon Damir zu ändern. Allerdings glaubte ich, dass sein Herz vergeben war. An sie. Noch immer. Er sprach nie über sie und doch hatte er die alten Bilder von damals noch. Selbst das alte Motorrad von damals hatte er noch, obwohl es öfter kaputt war als er damit fahren konnte.
     Nur sprach ich ihn nie darauf an. Er musste es selbst wissen. Nur ich wollte nicht, dass er sein ganzes Leben lang auf sie wartete... Denn Phoenix... sie war so erpicht darauf endlich zu heiraten. Ihr ganzes Leben war nur darauf aus und sie... ich wusste nicht mal, ob sie noch an ihn dachte. Manchmal glaubte ich, dass ich es tat, denn wenn sie mich mit ihm telefonieren hörte, hörte sie manchmal genau zu und wenn ich seinen Namen sagte, dann leuchteten ihre Augen auf und sie starrte zu mir, in der Hoffnung, dass sie ihn hören könnte. Einmal hatte ich fast gedacht sie würde mir das Handy aus der Hand schnappen, um mit ihm zu sprechen.
     Das war aber nie passiert. Phoenix hatte einen Plan für ihr Leben und vermutlich hatte ich mir viele Dinge nur eingebildet. Das Meer vor meinen Augen bildete ich mir aber nicht ein, als wir das Ende der langen Hauptstraße erreichten und am Strand ankamen. Motorenlärm drang zu mir heran und mein Blick glitt zu dem Boot des Campingplatzes, dass vier Reifen hinter sich herzog. Vier Leute ließen sich ziehen und hatten den Spaß ihres Lebens, während sie über die Wellen sprangen.

     Die Wellen schlugen bereits an den Strand, höher als sonst. Der Wind frischte auf, doch noch war alles in Ordnung. »Was möchtest du mir zeigen? In dieser Jogginghose komme ich mir langsam echt dumm vor«, richtete ich mein Wort an Damir. Dieser grinste nur und lief nach links, in Richtung der offiziellen Bootsvermietung des Campingplatzes, die mit der Bootsvermietung in Cres verbunden war. Fragend folgte ich ihm. Dardan folgte uns ebenfalls, den Blick auf das Meer gerichtet.
     In seinen Augen sah ich so etwas wie Bewunderung. Er liebte diese Aussicht anscheinend. Genau wie ich. Immer, wenn ich auf das Meer sah, fühlte ich mich frei und gelöst. Als könnte keiner Sorge der Welt mich nach unten ziehen. Er war so in den Anblick vertieft, dass er nicht auf die Leute achtete, die ihm entgegenliefen. Sein Blick war noch immer auf das Meer gerichtet. Ehe er in sie reinlaufen konnte, legte ich meine Hand an seinen Arm und zog ihn näher zu mir. Überrascht keuchte er auf, seine braunen Augen weiteten sich in Überraschung. Doch dann bemerkte er, was er beinahe getan hätte.
     Ein Lächeln zog seine Lippen nach oben und ich schluckte schwer. Dieses Lächeln... es würde noch mein Tod sein. Oder so ähnlich jedenfalls... einen Moment lang verlor ich mich in diesem Lächeln, genoss das Kribbeln, dass durch meinen Körper jagte, doch dann lenkte Damirs kroatische Begrüßung meine Aufmerksamkeit wieder in die Realität. Er begrüßte seine Kollegen und schlug mit ihnen ein. Alle sahen zu mir und grinsten breit.
     »Bok!«, begrüßte ich sie und wank ihnen zu. Sie grinsten nur noch mehr. Dardan winkte ihnen zu, nicht bereit das kroatische, informelle Wort für „Hallo" auszusprechen. Alle drei sahen ihn an, musterten ihn von Kopf bis Fuß. Ich hörte sie auf Kroatisch flüstern, ob er mein Freund sei und wer er war. »Prestati!«, fauchte ich. Sofort verstummten sie und sahen zu Boden. Damir lachte.

Das Rätsel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt