19. Kapitel

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     Meine Sorge schien unbegründet zu sein. Dardan saß am Boden des Bootes und sah zu, wie ich das Boot über das Meer steuerte. Wir fuhren nicht schnell. Schrittgeschwindigkeit. Trotzdem war er am Anfang zusammengezuckt, als ich etwas Gasgegeben hatte, um einen anderen Boot auszuweichen. Trotzdem schien er langsam entspannter als zu anfangen. Seine Hände waren in seinem Schoß noch immer zu Fäusten geballt, doch er sein Kiefer war nicht mehr angespannt. Stattdessen lag da ein Lächeln auf seinen Lippen, als er mich beobachtete. Lächelnd und grinsend.
     Lange Zeit sah ich ihn an und wusste nicht genau, was ich davon halten sollte. Dieses Lächeln... wieso lächelte er mich an? Es brachte mich etwas aus der Fassung, weswegen ich den Blick abwandte und mich lieber auf den Verkehr konzentrierte. Ein kleiner Fehler und wir beide könnten unter den Bug eines größeren Bootes geraten. Deswegen sah ich mich um. Es war noch nicht viel los, was gut so war. Es war wirklich gut. Sonst hätte ich noch mehr auf den Verkehr achten müssen.
     Dardan schwieg die paar Minuten der Überfahrt, bis ich ihn bat aufzustehen, um mir beim Anlegen am Steg zu helfen. Wacklig kam er auf die Beine und sah mich unsicher an. Ich deutete auf die Leine. »Du musst sie nur an einem Ring festmachen. Du kannst dich dabei auf den Bug setzen und das Boot näher heranziehen.« Unentschlossen nickte er, verweilte noch an Ort und Stelle, während ich langsamer wurde und auf den Steg zufuhr. Langsam bewegte er sich nach vorne, ein Zittern lief durch seinen Körper.

     Er war unsicher. Wirklich unsicher. Angst schien ihm im Körper zu stecken, doch er wollte sie nicht zeigen. Wollte nicht zeigen, dass er Angst hatte. Stattdessen kniete er sich auf die Matte am Bug und wartete, bis der Steg in Reichweite kam. Vorsichtig zog er den Ring heran und kurz darauf zog er die Leine hindurch und führte sie wieder zum Boot, während ich die Heckleine festgemacht hatte.
     Erstaunt sah er mich an und wartete, bis ich zu ihm kam, um die Bugleine am Boot festzumachen. Seine Hand zitterte, als ich ihm die Leine abnahm und in seinem Blick lag blankes Erstaunen, als hätte er nicht damit gerechnet es zu schaffen. »Das war... unglaublich...«, murmelte er, als hätte er wirklich nicht gedacht, dass er es schaffen würde, was ich nicht verstand. Mir war klar gewesen, dass er das schaffen würde, sonst hätte ich ihn nicht darum gebeten. Sein Gesicht war etwas bleich, doch er wirkte zufrieden mit sich selbst. Zufrieden mit seiner Tat.
     Mit etwas wackligen Beinen erhob er sich, schnappte sich seine Schuhe und stieg von Bord. Am Steg zog er sich seine Schuhe an und nahm erst meine, dann seine Tasche. Noch einmal überprüfte ich, ob dem Motor auch nichts passieren würde, wenn ich das Boot hier so stehen ließ, entschied ihn ein bisschen weiter hoch zu fahren, damit er bei keiner Welle an Grund schlug, da das Wasser hier doch sehr seicht war, ehe ich ebenfalls von Bord stieg. Dardans Lippen zierte ein breites Lächeln.

     Er war glücklich. Seine Augen trugen dieses warme Funkeln in sich und spiegelten somit das Lächeln auf seinen Lippen wider. Sofort streckte er die Hand nach mir aus. Langsam schob ich meine Hand in seine, genoss es, wie sich seine Finger um die meinen schlossen, ehe wir zum Strand liefen. Der Strand war noch menschenleer. Es war auch gerade mal 08:30 Uhr am Morgen. Die meisten würden vermutlich später kommen. Jetzt hatten Dardan und ich den Strand noch für uns und konnten uns den kleinen und einzigen Schattenplatz ergattern. Seine Hand zu halten fühlte sich gleichermaßen vertraut, wie ungewöhnlich an. Auf der einen Seite genoss ich es, auf der anderen Seite war das Gefühl etwas befremdlich. Genau konnte ich nicht beschreiben, was in mir vorging.
     Warme Sonnenstrahlen glitten über meine Haut und verdrängten jede Kälte, die sich dort festsetzten wollte. Der strahlende Sonnenschein sorgte dafür, dass ich fröhlich war. Dardans Anwesenheit trug ebenfalls dazu bei. Dardan steuerte auf den Schattenplatz zu, der fast den ganzen Tag dort vertreten sein würde. Aber nur fast. Gegen Abend würde er verschwinden. »Wie lange wollen wir eigentlich bleiben?«, fragte Dardan mich aus heiterem Himmel. Ich zuckte mit den Schultern. »Wir können so lange bleiben wie wir wollen und vielleicht eine Pizza zum Mitnehmen am Campingplatz holen. Dann müssen wir nicht kochen.« Dardan sah zu mir und lächelte.
     Dieses Lächeln... ich würde alles dafür geben es jeden Tag sehen zu können. Es war ein ehrliches, wundervolles Lächeln. Ehe ich es länger betrachten konnte, wandte er aber den Blick ab, um sein Handtuch auf dem Strand ausbreiten zu können. Ich machte es ihm nach, in dem erst die Strandmatte auf den Kies legte und dann mein Handtuch darauf. Dardans Oberteil flog kurz darauf von seinem Körper und dann stand er nur noch in Badehose da. Angestrengt versuchte ich nicht auf seinen Körper zu sehen. Nicht auf seine Muskeln, nicht auf den feinen Flaum an Haaren, der in dem Bund seiner Hose verschwand.

Das Rätsel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt