30. Kapitel

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     Heute war mein Geburtstag. Eigentlich sollte ich froh sein, lächeln und lachen. Allerdings fiel es mir schon schwer aus dem Bett zu kommen. Eine unsichtbare Schwere hielt mich davon ab aufzustehen. Ich wollte nicht aufstehen. Nicht jetzt. Die Kälte zwischen Dardan und mir hatte sich in den letzten Tagen gehalten. Er hatte es auch nicht mal für nötig gehalten es mir zu erklären. Er hatte einfach geschwiegen, also hatte auch ich geschwiegen.
     In den letzten drei Nächten hatte ich in meinem Bett geschlafen und Tür geschlossen. Jeden Morgen hatte er mich dafür mit seinem verletzten Hundeblick angesehen, den ich nicht verstand. Er schloss mich doch aus, wieso wunderte es ihn dann, dass ich in meinem Bett schlafen wollte? Vielleicht drehte ich auch unnötig durch, doch auch in den letzten Tagen hatte er mich viel zu oft ausgeschlossen.
     Er war einfach gegangen, ohne groß etwas zu sagen, dann war er wieder gekommen und war meinen Fragen ausgewichen, in dem er gesagt hatte, dass er mich ja auch nicht ausquetschte, wo ich hinfuhr. Damit war das Thema beendet gewesen und ich hatte mich wieder in die Welt von Caraval geflüchtet, wo ich jetzt schon bei der Hälfte war und noch immer nicht genug bekam.

     Das Buch war meine neue Sucht. Meine Gedanken drehten sich. Eigentlich sollte ich froh sein, glücklich sein, doch ich lag in meinem Bett. Es war 06:00 Uhr am Morgen und ich hatte mich die ganze Nacht hin und her gedreht. An Schlaf war kaum zu denken gewesen. Ich war müde und wollte weiterschlafen. Einfach weiterschlafen. Einfach so. Bis der Tag vorbei war. Gerade als ich mich herumdrehte und erneut ins Bett kuscheln wollte, ging meine Tür auf und ein fröhlicher Dardan stand im Türrahmen, ein starker Kontrast zu dem jungen Mann, den ich in den letzten Tagen gesehen hatte.
     Grummelnd und wütend sah ich ihn an, bereit alles auf ihn zu feuern, was ich hatte. Angefangen mit Kissen. »Was willst du?«, knurrte ich. Dardan zuckte nicht mal zusammen. »Aufstehen. Wir haben viel vor.« Ich hob eine Braue. »Wir? Auf einmal heißt es wieder „Wir"?«, hakte ich nach und konnte dabei meine Wut einfach nicht unterdrücken. Diesmal schluckte Dardan.
     »Ich weiß, dass ich in den letzten Tagen komisch war, aber vertrau mir doch bitte einfach«, sagte er und die Wärme und Verzweiflung in seiner Stimme sollte wohl dafür sorgen, mich umzustimmen. Allerdings war ich nicht gerade erpicht darauf, dass jetzt zu tun. Eher im Gegenteil. Ich wollte weiter im Bett liegen, lesen und einfach nur schlafen. Mehr nicht. So sah der Tagesplan aus.

     »Kein Interesse. Ich möchte heute was allein machen«, erwiderte ich. Dardan seufzte und kam zu mir. Mit klopfendem Herzen sah ich ihn an, in der Hoffnung, dass er es mir leicht machen und einfach gehen würde. Stattdessen zog er die dünne Decke von meinem Körper, riss die Vorhänge auf und sah mich an. »Wir haben viel vor. Du hast eine halbe Stunde um dich fertig zu machen, sonst hinken wir dem Zeitplan hinterher. Also los.« Diese herrische Art war neu.
     Nicht von dieser Art überzeugt, zog ich eine Braue nach oben. Jedenfalls glaubte ich das, womöglich zog ich aber beide nach oben. »Ach ja? Ich habe nur vor in der Welt von Caraval zu versinken, da ich ein Date mit Legend haben möchte. Mehr möchte ich heute nicht machen.« Bei meinen Worten verharrte er und warf einen Blick auf das Buch, dass auf dem Nachtkasten lag, dann sah er mich an. »Ein Date mit Legend?«
     Trotzig nickte ich. Mir war bewusst, dass ich mich nicht gerade toll verhielt, doch es war mir egal. Zumindest in diesem Moment. Dardan amtete tief durch. »Du wirst mit mir Vorliebe nehmen müssen, Mika. Legend kann ich dir leider nicht anbieten, aber ich kann dir viel mehr geben. Du musst nur auf dem Bett aufstehen um das zu erfahren. Deine Entscheidung.« Damit verließ er einfach mein Zimmer.

     Baff und vollkommen aus der Bahn gebracht sah ich ihm hinterher. Es war das erste Mal, dass ich Dardan nicht mehr eintschätzen konnte. In den letzten Tagen hatte ich mich oft von ihm ferngehalten und hatte nur das Nötigste mit ihm gesprochen und jetzt, ausgerechnet heute, kam er mir damit an, dass er etwas mit mir machen wollte? Wie kam er bitte auf diese Idee?
     In den letzten Tagen hatte ihn das alles doch überhaupt nicht gekümmert. Langsam schwang ich die Beine über die Bettkante und richtete mich auf. Knochen für Knochen rutschte an seine Stelle, während ich noch immer den Türrahmen böse anstarrte, dort, wo Dardan gestanden hatte, als könnte das etwas ändern. Ich war wütend und verstand einfach nicht, was das hier sollte. Erst behandelte er mich so und jetzt kommandierte er mich herum, auf eine herrische Art und Weise, die ich noch nie bei ihm gesehen hatte.
     Fassungslos richtete ich mein Bett und wusste nicht so recht, was ich mit Dardans Verhalten anfangen sollte. Das alles ergab in meinen Augen einfach wenig Sinn. Eigentlich gar keinen. Warme Sonnenstrahlen streichelten über meine Haut, vermutlich in der Hoffnung meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Leider hatte ich heute kein Auge für die Schönheit, die sich draußen auftat. Stattdessen kramte ich wütend im Schramk nach etwas, dass ich tragen konnte.

Das Rätsel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt