15. Kapitel

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     Damir sagte kein Wort, als wir mit dem Auto nach Mali Losjin fuhren. Er hatte mich nicht gefragt warum wir zu einer Strandparty fuhren. Er hatte mich überhaupt nichts gefragt, als ich ihm geschrieben hatte, dass er mich bitte abholen sollte. Er fragte nicht nach, sondern war stumm für mich da, in dem er meine Lieblingssongs spielen lies und mir keine Fragen stellte. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob ich sie beantworten konnte. Alles war so... verwirrend. Dardan konnte mich doch noch nicht so gut kennen, nicht wahr? Wieso wusste er mehr über mich als meine Mutter?
     Es machte mir Angst. Alles machte mir Angst. Deswegen saß ich in diesem kleinen Auto, auf dem Weg zu der Nachbarinsel, die mit einer kleinen Brücke mit Cres verbunden war. Damir stellte noch immer keine Fragen. Selbst als wir in Osor über die Brücke fuhren und auf die andere Insel kamen. Obwohl ich an dem Finger, der immer aufs Lenkrad klopfte sah, dass er langsam wissen wollte, was los war, stellte er noch immer keine Fragen. Geduld war seine Stärke. Jedenfalls manchmal.
     »Er war nicht gemein zu mir. Ich war gemein zu ihm«, stellte ich klar, damit ich den Beschützer in ihm beruhigen konnte. Sofort entspannten sich seine Schultern, nur damit er mir kurz darauf einen fragenden Blick zuwerfen konnte. Ich zuckte mit den Schultern. »Du magst ihn, hast aber Angst wegen Phoenix, nicht wahr?«, hakte Damir nach und überraschte mich mit dieser Aussage wenig. Damir kannte mich. Er kannte mich echt gut. Es war kein Wunder, dass er das durchschaut hatte.
     »Ich kann ihr das nicht antun. Das weißt du auch«, sagte ich und sah ihn an. Damir hob eine Braue. »Glaubst du wirklich, dass sie wegen Dardan traurig war oder wegen etwas anderem? Sie kannte ihn ja kaum. Wieso sollte es sie dann so hart treffen?« Seine Worte ergaben Sinn. Irgendwie jedenfalls. Trotzdem hatte ich den Schmerz in ihren Augen gesehen. So hart, so nah, dass ich nicht wusste, was ich sonst davon halten sollte. Ich konnte diesen Schmerz einfach nicht mehr in ihren Augen sehen.

       »Du warst nicht dabei... sie hat so verdammt traurig ausgesehen und ich... die Trauer in ihren Augen... der Schmerz. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Ich kann ihr das nicht nochmal antun...«, murmelte ich und versuchte zu erklären was ich empfand. Dabei war es nicht einfach mich selbst zu verstehen. Damir und Dardans Argumente verstand ich beide, doch sie war meine Schwester. Ich konnte ihr nicht so in den Rücken fallen.
     Jemand musste das doch verstehen. Sie war meine Schwester. Ihr diese Schmerzen zu bereiten... das konnte ich einfach nicht bringen. Nicht, wenn ich wusste, wie sich das anfühlte. Das hatte sie nicht verdient. Trotzdem schien Damir nicht wirklich überzeugt, als sehe er meine Worte nur als billige Ausrede. »Wie gesagt. Dardan ist nicht ihr Typ. Es liegt nicht an Dardan.« Verwirrt sah ich ihn an und wusste nicht, was ich mit seinen Worten anfangen sollte.

     Etwas in mir wollte ihm glauben. Unbedingt. Doch der andere Teil in mir konnte sich nicht vorstellen, dass Damir meine Schwester besser kannte als ich. Wie konnte er sich so sicher sein, dass Dardan nicht ihr Typ war? Wie? Woher wollte er das wissen? Oder lag es daran, dass er noch nicht über sie hinweg war? Mein Kopf drehte sich und ich wusste genau, was ich jetzt brauchte. Für den Rest der Fahrt schwiegen wir wieder. Es gab nicht viel zu sagen und das, was mir auf der Zunge lag, war nicht gerade nett, weswegen ich es mir lieber verkniff und die Klappe hielt.
     Etwas später kamen wir bei der Party an. Aus den Boxen dröhnte gerade ein kroatischer Song von Milligram, doch ich konnte den Song nicht erkennen. Ein paar Leute standen an der Strandbar, andere tanzten am Strand und andere gingen schwimmen. Mit meiner Cap, den kurzen, zerissenen Shorts und dem enganliegenden Shirt kam ich mir nun etwas overdressed vor, da die meisten hier nur einen Bikini oder einen Badeanzug oder eine Badehose trugen. Damir sah mich an.
     »Du musst nicht bei mir bleiben. Du kannst auch ruhig deinen Spaß haben«, stieß ich aus und meinte es auch so. Er sollte nicht bei mir herumhängen und es dann bereuen. Das wollte ich einfach nicht. Er sollte Spaß haben. Sich freuen. Er sollte einfach sein Leben genießen. Ganz viele Frauen sahen bereits in unsere Richtung. Garantiert nicht für mich, da sich ihre Blicke an ihm festsaugten. Unsicher musterte er mich. »Ich bin dein bester Freund. Ich muss für dich da sein, wenn du Probleme hast.«
     Leise lachte ich. »Du hast mich hierher gefahren. Das reicht mir schon. Ich hab dich lieb aber als das deine beste Freundin befehle ich dir jetzt, dass du mit einem heißen Mädchen tanzt und vergisst, dass ich da bin.« Damir hob eine Braue und musterte mich von oben bis unten. Das Zögern in seiner Haltung war deutlich zu erkennen. »Wieso soll ich mit einem heißen Mädchen tanzen, wenn ich auch bei meiner besten Freundin sein kann?«

Das Rätsel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt