23. Kapitel

353 24 3
                                    

     Dardan schien es zu genießen, das beste Eis zu essen. Es war nicht nur preisgünstig, sondern man bekam sogar eine Kugel und fast eine halbe für den Preis von einer. Die Kugeln hier waren riesig. Wir saßen nicht an den Tischen, wie die anderen. Eigentlich hatte ich mich setzten wollen, doch Dardan hatte die Wespen gesehen und hatte zu mir gesagt, dass er gerne das Örtchen erkunden wollte. Also taten wir das. Ich zeigte ihm die Brücke, die die beiden Inseln miteinander verband und somit auch den kleinen Campingplatz, dort lag.
     Danach liefen wir in den Ort hinein. Ich zeigte ihm die Kirche und eine Stelle, an der man eine gute Sicht auf das Meer hatte. Dardan schien fasziniert von dem kleinen Dorf. So wie in Cres leuchteten seine Augen und er sah sich immer wieder um. Für mich gab es auch nichts Schöneres als kleine, alte Städte oder Dörfer zu sehen. In ihnen schien Magie in der Luft zu flimmern. Man konnte das Knistern auf der Haut spüren.
    Vielleicht war das auch nur meine pure Fantasie... trotzdem glaubte ich, dass kleine, alte Städte oder Dörfer etwas Magisches an sich hatten. Die meisten von ihnen hatte Kriege überstanden und waren noch immer hier. Sie waren nicht ausgerottet. Das musste man doch einfach wertschätzen, oder? Je länger wir hier liefen, desto erstaunter wirkte Dardan. Dieses Funkeln in seinen Augen glich meinem eigenen, dass ich immer hatte. Ich liebte dieses Funkeln. Ich liebte es wirklich.

     »Langsam verstehe ich, wieso so du so gerne hierherkommst. Das hier ist ganz anders, als in den USA...«, murmelte Dardan vor sich hin. Ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen. »Na ja die Mentalität der Menschen hier ist auch etwas anders... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Eigentlich gibt es ja keinen Unterschied, aber die Menschen hier sehen die Dinge anders. Ruhiger. Entspannter. Das sagen auch viele Europäer. In Dörfern oder kleineren, abgelegenen Städten sehen die Leute die Welt andres. Ich glaube, dass das stimmt. Hier ist alles ruhig. Nicht gehetzt. Es ist ruhig und entspannt. Hier rennt niemand von einem Termin zum anderen.«
    Dardans Blick glitt zu mir und an der Intensität seines Blickes merkte ich, dass er verstand. Er verstand, was ich mit diesen Worten wirklich sagen wollte und das... das machte mir Angst. Das tat es wirklich. Denn ich... ich wusste nicht, wieso er mich so gut kannte. Er schien mich auswendig zu kennen. Er sah, wann ich eine Wahrheit hinter Worten verpackten. Er sah es einfach. Und mir blieb nichts anderes übrig, als mich ihm zu zeigen. Dardan sah mich. Er konnte mich nicht übersehen.
    Nicht so wie andere. Er sah mich einfach. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich wusste es nicht. Auf einer Seite liebte ich es, dass mich endlich jemand sah. Auf der anderen Seite aber... es machte mir einfach etwas Angst. »In Boston zu leben ist stressig... aber ich glaube wenn man in einer ruhigeren Umgebung leben würde, wäre es weniger stressig«, meinte Dardan, der meinen Wink verstanden hatte. Ich schluckte. Oft hatte ich mir überlegt ins Umland von Boston zu ziehen.

     Sehr oft. Allerdings war es nicht unbedingt Boston an sich, dass mich stresste. Es war sehr oft auch die Arbeit, die einem keine Ruhe lies. Manchmal wollte ich einfach kündigen, so stressig war es manchmal. Leider gab es sonst keinen wirklich Job, den ich machen wollte und diesen Job zu kündigen wäre... es wäre gefährlich. Deswegen liebte ich diese drei Wochen hier. Sie waren mein Ein und Alles. Sie brachten mich zur Ruhe. Sie ganz allein.
    »Ja... vielleicht«, murmelte ich. Mein Murmeln schien Dardan zu zeigen, dass ich nicht weiter darüber sprechen wollte und so liefen wir weiter, mit dem Eis in der Hand. Als wir fertig waren, liefen wir zum Auto zurück. Diesmal stieg Dardan auf der Fahrerseite ein. Ich lies ihn und übernahm diesmal die Rolle, die auch er übernommen hatte. Ich wies ihn erst an, so lange geradeaus zu fahren, bis ich etwas anderes sagte. Dardan nickte. Dann fuhr er los und ich beobachtete ihn nun dabei.
     Ihn zu beobachten war... entspannend. Das war es wirklich. Ich liebte es ihn zu beobachten. Besonders, da nun auch er etwas nervös schluckte. Zwar versuchte er es nicht zu zeigen, doch ich hatte es bereits gesehen. Dieses nervöse Schlucken. Grinsend lehnte ich mich in meinem Sitz zurück und beobachtete ihn beim Fahren. Seine linke Hand lag lässig am Lenkrad, während die andere auf dem Schaltgetriebe lag. Sein Blick lag konzentriert auf der Straße.

Das Rätsel der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt