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„Aber ... aber wieso ist darüber überhaupt nichts bekannt?" Fassungslos schaute ich zu Ethan hinauf. „Ich meine, das würde doch sicher eine ganze Menge Menschen brennend interessieren."

„Weil wir es vorziehen, unter uns zu bleiben", erklärte Ethan weiter und seine ozeanblauen Augen hielten mich fest im Blick. „Das Geheimnis zu wahren hat oberste Priorität und es wird mit harter Hand durchgesetzt. Es gibt eine, sagen wir, Gemeinschaft, die sich nur darum kümmert."

„Eine Gemeinschaft?"

„Ein Rudel." Ethan nickte.

Völlig geplättet presste ich meine Lippen aufeinander. „Ich ... ich weiß ehrlich nicht, was ich dazu sagen soll ... Ich meine ... das alles ist ... vollkommen verrückt."

„Zugegeben, das ist es." Er schnaubte kurz auf. „Aber jetzt weißt du, warum ich aus Tampa weg musste. Ich hatte das Wandeln am Anfang überhaupt nicht unter Kontrolle. Was sollte ich tun? Mich als Wolf an Jules Tisch setzen? Außerdem hatte ich niemanden, der mir das alles erklärt hat. Ich war wirklich total verloren ... jedenfalls bis ich Chris traf."

Sofort riss ich die Augen auf. „Chris? Er ... er ... er auch?", quiekte ich entsetzt. Chris war auch ein Wolfswandler?

Ethan schmunzelte kurz, dann nickte er erneut. „Er ist mein Alpha. Der Boss sozusagen."

Ich hielt den Atem an. Das erklärte einiges.

„Und wo wir schon dabei sind ... Jake, Kyle und Nyle sind es auch."

Meine Augen wurden größer und größer.

„Ach, und Samira natürlich", fuhr Ethan fort. „Sie ist unser jüngstes Mitglied. War die Letzte, die das Fieber hatte. Aber das war ja zu erwarten. Immerhin ist sie Chris' kleine Schwester."

„Mein Gott." Ich schüttelte sanft den Kopf. „Das ... das alles ist einfach völlig absurd." Ich ließ meinen Blick sinken und starrte unbeholfen auf den Boden.

„Ich weiß", sagte Ethan einfühlsam und legte mir sanft eine Hand auf die Schulter.

Doch dann kam mir ein anderer Gedanke. Erschrocken riss ich die Augen auf. „Wenn ich das Fieber hatte, was ist dann mit Mum? Und Ryan und Eve? Sind sie, ich meine ... werden sie auch ...?"

Ethan schüttelte den Kopf. „Nach allem was ich jetzt weiß, nicht. Deswegen war ich überhaupt in Tampa."

„Du warst bei ihnen?"

„Nein." Ethans Mine verfinsterte sich. „Es war aber sehr schwer, nicht einfach bei ihnen nach dem Rechten zu sehen, das kann ich dir sagen."

Ich nickte. Ich war froh, dass er es nicht getan hat. Das hätte Mum wohl einen Herzinfarkt beschert. „Was hast du dann dort gemacht?"

„Hab das Stadtarchiv durchforstet. Aber nichts. Jules ist bis auf ihre Ur-ur-ur-Großeltern nachweißlich Mensch."

„Es steht im Stadtarchiv, wer Wolfsgene hat und wer nicht?" Verblüfft rümpfte ich die Nase.

„Natürlich nicht, Kitz!" Ethan schnaubte. „Aber das oberste Rudel sorgt dafür, dass Wolfswandler aus den Archiven und Stammbäumen gelöscht werden, oder gar nicht erst weiter auftauchen. In deinem Stammbaum passt alles ... alles Mensch ... bis auf deinen..."

„Vater", flüsterte ich erschrocken und mein Blick glitt erneut auf den Boden.

Ich kannte ihn nicht. Nachdem Ryans Vater Mum verlassen hatte, tröstete sie sich mit diversen Affären, doch eine neue große Liebe blieb ihr stets vergönnt. So kam es, dass wir Kinder alle unterschiedliche Väter hatten und keines seinen Erzeuger wirklich kannte.

Doch dann kam mir ein Gedanke. „Wenn mein Vater ein ... ein Wolfswandler war ... wieso kann ich es dann nicht? Ich meine, wenn ich auch dieses eine Fieber hatte, müsste ich doch auch diese Wandelsache können?"

Ethan zog seine buschigen Brauen in die Höhe. Er musterte mein Gesicht. „Die Dinge sind wohl leider etwas komplexer, Kitz."

Verlegen biss ich mir auf die Unterlippe. Sofort kam ich mir irgendwie blöd und naiv vor. Doch in Ethans neuartiger, fremden Welt kannte ich mich eben noch nicht aus.

Ethan jedoch hob ungeachtet seine Hand und strich mir liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Es gibt noch so viel, was du nicht weißt", flüsterte er leise, während er sie hinter meinem Ohr verstaute.

„Dann erklär es mir doch."

„Alles zu seiner Zeit. Du musst erstmal das hier verdauen."

Ich nickte. Damit hatte er ausnahmsweise mal recht. Das diese Wolfswandler nun meine neue Realität sein sollte, war wirklich schwer zu verarbeiten. Doch Ethans Souveränität und seine selbstsichere Ausstrahlung verliehen mir eine merkwürdige Sicherheit. Eine Sicherheit, die mir die letzten Tage so sehr gefehlt hatte.

„Danke, Ivy", murmelte er schließlich und blickte gedankenversunken auf meine Lippen.

„Für was?", formten diese.

„Dafür, dass du mir glaubst ... Fuck, ich hatte echt Schiss, es dir zu sagen. Ich weiß, die ganze Sache lässt sich anfangs nicht leicht mit dem Verstand vereinbaren. Vor allem nicht mit so einem scharfen, wie du ihn hast." Ethan lächelte matt. „Aber es ist nicht der Verstand, auf den es hier ankommt, sondern auf das Gefühl. Je mehr du dich darauf einlässt, desto schneller verstummt es hier oben." Ethan tippte zärtlich mit seiner Fingerspitze gegen meine Stirn. „Du musst noch nicht alles verstehen, das wirst du noch früh genug. Dafür werde ich sorgen."

Ich befeuchtetet meine Lippen und atmete tief durch. „Okay", flüsterte ich. „Und was jetzt?" In meinem Magen kribbelte es aufgeregt. Wolfswandler. Zugegeben, das klang schon irgendwie spannend.

„Wir warten", sagte Ethan mit fester Stimme.

„Worauf?"

„Darauf, wie sich die Dinge entwickeln." In Ethans Blick lag etwas, dass ich nicht zu deuten im Stande war, doch noch ehe ich ergründen konnte, wo dieses ungute Gefühl herkam, wischte er es auch schon wieder weg. „Gehen wir kurz was essen? Ich bin heute Morgen erst aus Florida zurück gekommen, ich habe einen riesigen Hunger."

Ich schlug ihm gegen die Brust. „Wie kannst du jetzt an Essen denken, du Idiot?"

Ethan lachte leise. „An was dann?"

„Du erzählst mir, dass du dich in einen Wolf verwandeln kannst, und das Nächste, was dir einfällst, ist Essen?"

„Shhht." Ethan legte mir einen Finger auf die Lippen. „Du solltest das nicht rum posaunen Kleines."

„Sorry."

„Und zum Thema Essen ... Ich bin ein Koloss. Ich brauche Essen", verteidigte er sich. „Meine Muskeln brauchen Fleisch."

Doch plötzlich hielt ich inne. Argwöhnisch legte ich den Kopf schief. „Verstehen wir unter essen ... normales Essen gehen? Oder ... oder eher jagen?", fragte ich vorsichtig.

Ethan musterte mich eine Sekunde, ehe er kurz und laut lachte.

Sofort spürte ich, wie ich rot wurde.

„Gott, du bist so süß", neckte er mich. „Ich bin doch keine Bestie, Ivy. Ich dachte eher an ein kurzen Snack in der Mensa, okay? Dann sehen wir weiter."

„Okay."


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OOOOH ich bin soooo aufgeregt was ihr sagt, Girls!! 🥺 Diese 4 Kapitel bedeuten mir irgendwie so viel, kA! ♥️ Sorry, werd ganz sentimental 🙈 Lasst mich wissen, wie es euch gefällt! PLSSSSS 

Das Flüstern des Alphas | ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt