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Hätte ich geahnt, dass Ethan und ich bis zum Abend keine Zeit mehr finden würden, alleine miteinander zu sprechen, so hätte ich vielleicht auf die – zugegeben – extrem heiße Dusche mit ihm am Morgen verzichtet. Doch da es Samstag war, hatten alle frei. Keine Vorlesungen, kein Training, und so war ständig irgendjemand in unserem Dunstkreis.

Ich nahm mir fest vor, mit Ethan zu sprechen, sobald wir von der Cheerleader-Party zurück kämen, auf deren Weg wir gerade waren.

Als wir ankamen, klatschten die Basketballer unsere Jungs alle freundschaftlich ab. Ich musste schmunzeln. Obwohl alle trainierte Sportler waren, so kam doch keiner an die Statur meiner Wolfswandler ran.

Dies schien auch die ein oder andere Cheerleaderinnen zu bemerken. Mit großen Augen blickten sie immer wieder zu unser Truppe herüber und kicherten aufgeregt. Ich wollte nur zu gerne hören, über was und wen sie sich unterhielten, doch die Musik dröhnte so laut, dass mir mein bisschen Wolfsgehör leider nicht weiter half. Dennoch verrieten mir ihre Blicke schon eine Menge. Denn die meisten ernteten wohl Chris und Ethan. Zurecht.

Die Stimmung war nach kurzer Zeit schon ziemlich passabel, was wohl in erster Linie an Jake lag, der immer wieder seine Runden mit einer Tequila-Flasche drehte. Ethan legte, wie fast zu erwarten, immer wieder dankend ab, aber den ein oder anderen gönnte ich mir schon. Erst nach der vierten Runde wurde es Ethan zu viel, und er verweigerte mir mit einem bösen Blick den fünften. Da ich unbedingt eine gute Stimmung zwischen uns als Grundlage für das nächtliche Gespräch haben musste, gab ich seinem Wunsch nach.

Dafür hatte ich kurz darauf ein ganz nette Unterhaltung mit Lenny. Er hatte sich zu mir auf die Couch gesetzt, als Hope neue Getränke besorgte. Erst jetzt bemerkte ich seine leicht veränderte Frisur. Wo üblicherweise ein grader Scheitel seinen Kopf zierte und die Haare glatt nach rechts und links gebügelt lagen, hatte er nun einige Haare an der Stirn mit Gel keck in die Höhe gestylt.

Anerkennend sah ich mir seine Frisur an. „Wer bist du und was hast du mit Lenny gemacht?", zog ich ihn auf und stieß mit dem Ellenbogen in seine Seite.

Lenny gluckste und verdrehte seine Augen hinter den dicken Gläsern seiner Hornbrille. „Das ist wohl Hopes Schuld. Wir ... wir haben uns diese Woche gegenseitig viel beigebracht."

„Ich verstehe." Ich schmunzelte.

„Sie wollte mich sogar komplett umstylen", klagte Lenny.

„Ehrlich?"

Das Muttersöhnchen lächelte verlegen und schob seine Hornbrille hoch. Dann glitt sein Blick an mir vorbei in die Richtung, in die Hope gegangen war. Lenny rutschte nervös auf seinem Hintern herum. Dann verstand ich plötzlich.

„Hope ... sie ... sie ist ziemlich glücklich mit Jake, weißt du?", sagte ich und schaute ihn wie so oft mitleidig an. Das war nach Hades dann wohl der zweite Kerl in dieser Woche, den ich für Hope korben musste. Sie hatte echt einen Lauf, so viel war sicher.

„Schon okay", antwortete Lenny in gestochen höflicher Sprache. „Ich hatte auch nicht erwartet, dass so eine wie sie, jemanden wie mich ... na ja, du weißt schon."

Gerade als ich antworten wollte, räusperte sich Lenny und kurz darauf war mir der Grund klar. Hope war wieder da und sie hatte bereits eine neue Beschäftigungsidee in Petto – Lenny das Tanzen beibringen.

Um ehrlich zu sein, tat er mir mal wieder ein wenig leid, denn da ich von seiner heimlichen Schwärmerei für Hope wusste, war es sicher nicht einfach für ihn, dass sie ihn ständig anfasste, um ihn in eine andere Position zu drücken, oder ihm im Allgemeinen sehr Nahe zu kommen. Lenny war nicht der Typ Kerl, der körperliche Nähe zu Frauen – außer vielleicht zu seiner Mutter – gewöhnt war.

Das Flüstern des Alphas | ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt