11 - Tränen

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Gut eine halbe Stunde waren Bobby und Drew weg. Dann kamen sie wieder. Bobby schien nun wieder ruhiger, aber noch immer sehr besorgt. Wir hatten bisher keine neuen Informationen zu Rosie bekommen. Sie wurde immer noch behandelt und das ließ uns alle unruhig werden. Als Bobby durch die Tür trat fiel mir sofort auf, dass Kent ihn auf seltsame Art und Weise ansah. Hatte es etwas mit ihrem Streit zu tun? Irgendetwas zwischen den beiden war geschehen und ich hatte noch immer nicht den Hauch einer Ahnung, was das sein konnte. Ich hatte schon überlegt, ob es vielleicht etwas mit Kents Freundin zu tun hatte. Ich konnte mir aber auch nicht vorstellen, dass Bobby jemals seinem besten Freund die Freundin ausspannen würde. Das war nicht seine Art.

Bobby mied meinen Blickkontakt. Ich war mir nicht sicher, wie ich das zu interpretieren hatte. Gab er mir immer noch die Schuld an allem?

Kaum setzten sich die beiden zu uns, kam endlich der Arzt zu uns. Sofort sprangen wir alle auf.

„Wie geht es ihr?", fragte ich als erste.

Der Gesichtsausdruck von dem Arzt war ernst.

„Sie hatte schwere Blutungen im Genitalbereich. Quetschungen am Hals und am ganzen Körper Prellungen und Blessuren. Sie wird diese Nacht auf alle Fälle im Krankenhaus bleiben. Morgen werden wir dann sehen, ob wir sie entlassen können."

Eigentlich waren es gute Nachrichten. Sie würde keine bleibenden körperlichen Schäden behalten, doch erleichtert fühlte ich mich nicht. Ich wollte lieber gar nicht wissen, wie so schwere Blutungen im Genitalbereich entstehen konnten.

„Hat sie die Pille danach bekommen?", fragte Kent verantwortungsbewusst und sah dem Arzt ernst in die Augen. „Ich glaube nämlich, dass sie die Pille nicht nimmt", fügte er noch hinzu, worauf er von Drew und Bobby einen argwöhnischen Blick zugeworfen bekam. Ich hatte zugegebenermaßen an eine mögliche Schwangerschaft durch die Vergewaltigung gar nicht gedacht und das, obwohl ich auch wusste, dass sie die Pille nicht nimmt. Hatte Kent deshalb so seltsam geguckt, als ich Hazel Richards Schwangerschaft erwähnt hatte? Weil er befürchtete, dass Rosie schwanger werden könnte? War es ihm in dem Moment bewusst geworden? Es würde Sinn machen.

Der Arzt nickte in seine Richtung und wir alle waren erleichtert über diese Antwort.

„Kann ich zu ihr?", fragte Bobby, der es kaum erwarten konnte seine Schwester in den Arm zu nehmen.

Der Arzt seufzte.

„Ms. O'Neill hat nach Ms. Anderson gefragt. Tut mir leid."

Bobby sah mich böse an. Ich konnte doch auch nichts dafür, dass Rosie mich lieber als ihn sehen wollte.

„Folgen Sie mir!", sagte der Arzt zu mir, ehe es zu einer Auseinandersetzung kommen konnte. Ich ließ die Jungs hinter mir.

Der Arzt lief zügig und ich hatte Probleme mit ihm Schritt zu halten. Wie sehr ich Krankenhäuser doch hasste. Dieser Geruch. Diese langen Gänge. Ich hasste es. Dann blieb er vor einer Zimmertür stehen.

„Sie braucht Ruhe, also bleiben sie nicht zu lange. Es ist schon spät und sie sollte bald schlafen", wies er mich an. Es war zwei Uhr nachts und die offizielle Besucherzeit war mit Sicherheit schon beendet.

Dann drehte sich der Arzt um und ließ mich allein vor der Tür stehen. Ich hatte Angst davor hinein zu gehen. Ich hatte Angst vor der Rosie, die ich dort vorfinden würde. Ich war mir nicht sicher, ob sie noch die gleiche sein würde, wie vor ein paar Stunden. Solche Ereignisse veränderten Menschen. Ich musste all meinen Mut zusammennehmen um diesen Raum zu betreten.

Rosie saß auf ihrem Bett und trug diese schrecklichen Krankenhaushemden. Ich konnte keine Verbände oder ähnliches sehen. Dafür aber jede Menge Blutergüsse. Vor allem die an ihrem Hals sahen übel aus. Man konnte die Abdrücke von Parkers Händen sehen.

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