15 - Liebe beim Millionsten Blick

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Kent und ich hatten noch lange im Wohnzimmer gesessen und einfach nur geredet. Wir waren uns nahe gekommen. Immer wieder hatten wir uns geküsst und es hatte sich so verdammt gut angefühlt. Ich fragte mich, warum ich nie vorher daran gedacht hatte. Er war halt immer vergeben gewesen und vergebene Jungs waren tabu. Deshalb hatte ich nie darüber nachgedacht, wie es wohl wäre ihn zu küssen. Aber nun war verfügbar. Er war Single und auf einmal konnte ich ihn haben. Er war immer mein bester Freund gewesen, genau wie Drew und Bobby. Sie waren Brüder für mich, doch auf einmal sah ich in ihm keinen Bruder mehr. Dieser eine Kuss hatte die ganze Wahrnehmung verändert. Ich sah nun einen gutaussehenden jungen Mann, der das schönste Lachen auf dieser Erde hatte. Dieser eine Kuss hatte dafür gesorgt, dass ich plötzlich unglaublich verliebt war. Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten. Es war, als würden die Gefühle für Kent schon seit Jahren in mir schlummern und nun hatten sie endlich den Startschuss bekommen, um sie frei zu entfalten. Ich glaube, dass ich ihn schon immer haben wollte, aber diese Gefühle unterbewusst stets unterdrückt hatte. Und nun war er Single. Ich war Single. Unsere Zeit war gekommen.

Wir waren nebeneinander auf der Couch eingeschlafen und wachten erst auf, als Bobby morgens ins Wohnzimmer kam. Er dachte sich nichts dabei. Wir hatten alle einen sehr vertrauten Umgang mit einander. Wir schliefen in gleichen Betten und teilten uns unsere Decken. Wir umarmten uns und küssten uns auf die Wagen, wenn uns danach war. Wir waren eben fünf beste Freunde, die sich schon immer kannten. Da wurde niemand misstrauisch, wenn man zusammen auf der Couch übernachtete.

Ich starrte Bobby an, als er seinen Kaffee durch den Filter laufen ließ. Er würde Vater werden. Bobby war nicht dieser Daddy-Typ. Er war selbst noch ein Kind. Auch wenn er der älteste von uns war, war Verantwortung nicht sein Ding. Ich hatte ihn auch noch nie mit einem kleinen Kind erlebt. Er gehörte mit Sicherheit zu diesen Männern, die Kinder anstarrten, als wären sie Alien und glaubten, dass sie auch so mit ihnen reden müssten.

Gleichzeitig musste ich an Hazel denken. Wie hatte sie Silvester gefeiert? Was hatte sie ihren Eltern gesagt, als sie nach dem Vater des Babys gefragt hatten? Wie hatten ihre Eltern überhaupt reagiert? Hazel kam aus einer Pastorenfamilie, die jeden Sonntag in die Kirche ging. Ihre Eltern mussten aus allen Wolken gefallen sein, als sie erfuhren haben, dass ihre ach so gut erzogene und bibeltreue Tochter plötzlich ein uneheliches Kind erwartete.  

„Wollt ihr auch Kaffee?"

Ich schüttelte den Kopf, doch Kent nickte dankend.

„Sunny, ist alles okay zwischen uns?", erkundigte sich Bobby. „Du hast mir seit dem Gespräch gestern nicht einmal in die Augen gesehen."

Er hatte Recht. Ich konnte ihn nicht ansehen und zwischen uns war auch nichts okay.

„Es war falsch, was du getan hast", sagte ich vorwurfsvoll.

„Ich weiß."

Es klang mir eine Spur zu beiläufig.

„Diese Einsicht kommt zu spät!"

Ich musste mich beherrschen die Sache mit Hazel für mich  zu behalten. Ich wollte es ihm sagen. Ich wollte ihm an den Kopf werfen, was für ein Idiot er gewesen war.

„Mein Gott, ich weiß, dass es scheiße war, aber mal ehrlich. Sie kann sich nicht einmal daran erinnern. Sie denkt immer noch, dass sie Jungfrau ist. Es ist doch alles noch ganz gut ausgegangen."

Oh, wenn er nur wüsste, wie daneben er mit dieser Einschätzung lag.

„Du bist echt ein Arschloch!", schmiss ich ihn an den Kopf und verließ wütend das Zimmer. Ich wollte mit ihm nicht in einem Raum sein.

„Sunny!"

Ein Arm umfasste mein Handgelenk und zog mich in eins der Zimmer, als ich den Flur erreichte. Es war Rosie.  

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