16| Tag 1 mit dem Wissen des Geheimnisses

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Grace

"Wieso bist du zu dieser Gang gegangen?" fragte mich Juan, als wir uns im Aufenthaltsraum hinsetzten.

"Dasselbe könnte ich dich fragen." konterte ich. Ich spreche wirklich ungern über meine Vergangenheit. Deswegen gehe ich solchen Fragen immer aus dem Weg und lenkte auf ein anderes Thema um.

"Ich hab etwas gesehen, was ich nicht durfte. Ich schloss ein Deal mit der Adams Familie ab, dass ich am Leben bleiben darf und dafür bei Aufträgen helfe. Jetzt du." gab jedoch Juan zurück.

"Ich rede nicht darüber." brachte ich leise raus und sah auf meine Hände.

"Komm schon. Ich hab dir auch meins erzählt." quengelte Juan.

"Juan." sprach David mit mahnender Stimme. "Sie will nicht darüber reden, also lass sie."
Ich schenkte David einen dankenden Blick. "Ich rede auch ungern über meine Vergangenheit." flüsterte er mir zu. Verstehend lächelte ich. Wenigstens geht es nicht nur mir. Ob dennoch seine Freunde über seine Vergangenheit bescheid wissen?

"Nur mal so zur Info für's nächste Mal. Während wir einen Auftrag erledigen, trinken wir keinen Alkohol." bemerkte Mia.

"Ich weiß, deswegen hab ich ja auch nur Wasser getrunken." gab ich ihr zurück. Ich trinke allgemein kaum Alkohol.

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Katie redete und redete. Zuhören tat ich kaum. Ich war einfach noch müde. Wir waren noch bis 2 Uhr Nachts wach und haben über belangloses geredet. Dazu kam Juan, 5 Uhr Morgens, kreischend in unser Zimmer. Wie schonmal fielen Vanessa und ich aus dem Bett und landeten unsanft auf dem Boden.

Katie schnippste vor meinem Gesicht rum. "Hörst du mir überhaupt zu?"

"Nicht so wirklich." gähnte ich.

Genervt atmete Katie Luft aus. "Leo Adams schaut andauernd zu uns rüber." widerholte sie sich nochmal. Ich brummte was, das ich selbst nicht verstand. "Oh oh. Vanessa kommt rüber gelaufen." teilte mir Katie mit und senkte ihren Blick.

"Kommst du? Wir haben gleich Kunst." sprach Vanessa zu mir. Nickend stand ich auf, verabschiedete mich von Katie und lief mit Nessa zu Kunst.

Mrs. Adams schrieb gerade was an die Tafel, als mein Blick zu Nessa schweifte. Sie hat ihren Kopf auf ihre Arme gelegt und schien zu schlafen. Ich trat ihr ans Bein. Verschlafen schreckte sie hoch. Ihre blonden Haare hingen ihr im Gesicht. "Na? Gut geschlafen Miss Wright?" fragte Mrs. Adams meine Banknachbarin. Verlegen grinste Nessa.

In der Pause saß ich mit Katie in der Kantine und erledigte noch schnell die Hausaufgaben für Mathe. Ich gab einfach alles schnell im Taschenrechner ein und kritzelte die Antworten auf das Stück Papier.
Als ich es fertig hatte, knallte ich den Stift auf das Blatt.
"1 Minute 31 Sekunden." meinte Katie beeindruckt.

"Hä?" fragte ich sichtlich verwirrt. Warum nennt sie mir jetzt eine Zeit. War eine Aufgabe mit Zeit?!

"Ich dachte ich soll deine Zeit messen." meinte nur Katie und senkte kurz darauf ihren Blick.

"Abmarsch Parker." ertönte schon Leo's tiefe Stimme. Sein Ton war schon wieder so herrisch, deswegen bewegte ich mich nicht. Er hat mir gar nichts zu sagen.
Vorsichtig hob Katie ihren Kopf. Erschrocken musterte sie mich, während ich mich immer noch nicht bewege. "Bist du taub, Parker. Komm jetzt." sagte er wieder befehlhaberisch. "Was schaust du jetzt so?" motzte er Katie an. Diese sofort ihren Kopf senkte.

"Lass sie in Ruhe, Leo." motzte ich ihn an.

"Ach sieh mal einer an wer doch nicht taub ist. Grace Parker. Jetzt komm."

"Wie heißt das Zauberwort?" neckte ich ihn.

"Beweg dein Arsch oder du wirst getragen hex hex." gab er zurück.

Ich stand schließlich auf und nahm mein Zeug. "Sehr witzig, Adams." fauchte ich ihn an und lief an ihm vorbei zu Juan, der uns grinsend beobachtete.

"Nächstes Mal holst du sie." hörte ich Leo zu Juan sagen.

Mathe ist öde. Ich mag dieses ganze Zahlenwirrwarr nicht. Wenn die das noch mit Buchstaben und komisch aussehende Formel- und Rechenzeichen machen ist es komplett vorbei bei mir. Da geht es nicht nur mir so. Mehr als die Hälfte des Kurses versuchen kläglich diese Aufgaben zu lösen. Von Leo und Juan kann man auch nichts besseres erwarten, denn die schlafen seit Anfang der Stunde.

Ich schmiss mein Heft nach Leo und Juan pieckste ich mit meinem Stift. Beide schreckten zur gleichen Zeit hoch. "Was sollte das bitte?" meckerte Leo wieder rum.

"Ich bin nicht scharf drauf wieder über den Tisch gezogen zu werden um auf einem anderen zu landen." erinnerte ich ihn an meine erste Mathestunde. Ich ging eine Erhöhung runter, nahm meinen Block und verließ den Saal.

Wie immer fing ich mit dem Laufband an. Danach ging für eine halbe Stunde auf eins der Cardiogeräte.

"HEY GRACE!" schrie Juan mich an. Er sah anscheinend nicht, das ich nur mit einem Kopfhörer Musik hörte.

"Juan, hör auf zu schreien." bat ich ihn höflich und sah zu ihm.

"Oh. Kannst du mir beim trainieren  helfen?" fragte er schmollend. Nickend stimmte ich zu und desinfizierte noch schnell das Cardiogerät. Ich folgte Juan zu den Boxsäcken und stellte mich hinter einen. Ich stellte mich in eine feste Position und hielt den Boxsack fest. Juan schlug darauf ein. "Darf ich wenigstens wissen warum du aus der Gang gegangen bist?" fragte er, während er dem Boxsack einen weiteren Schlag verpasste.

"Nein." antwortete ich nur stumpf und konzentrierte mich darauf den Boxsack festzuhalten.

"Okay. Warum bist du mit diesem Mädchen aus Mesanul befreundet?" fragte er weiter. Wobei er einen verurteilenden Unterton mit sich brachte.

"Gegenfrage. Warum willst du das wissen?" konterte ich.

"Naja, sie ist nunmal nicht in Felato. Wir befreunden uns nicht mit welchen aus anderen Häusern. So sind die Regeln." meinte er schulterzuckend.

Empört ließ ich den Boxsack los. "So sind die Regeln." äffte ich ihn nach. "Hör mal zu, Juan. Ich kann und werde mit den Leuten befreundet sein, mit denen ich möchte! Da spielt das Haus absolut keine Rolle! Ihr fühlt euch als was besseres, nur weil die Söhne des Rektors in Felato sind. Ihr seid so arrogant! Ihr seid nicht besser als die anderen!" schnauzte ich Juan an.

"Doch, Parker. Wir sind besser." hörte ich die Stimme von Leo hinter mir. War ja klar, das er das denkt.

Schnaufend drehte ich mich zu ihm. "Arroganter Arsch." warf ich ihm die Wörter entgegen, bevor ich zu den Umkleiden verschwand.

GraceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt