6. Date

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Zu Hause setzte ich mich auf die Fensterbank in meinem Zimmer las ein Buch, doch die Sätze ergaben keinen Sinn. Meine Gedanken wanderten immer wieder zu Ty und der versteckte Welt.

Irgendwann gegen Abend bekam ich eine SMS von Thomas :

 

Liebste Natalia,

seit gestern muss ich immer an dich denken, ich würde dich morgen gerne ins Kino einladen. Ich hole dich morgen um 18 Uhr ab.

 

Thomas Freeman

 

Hatte er mich ernsthaft Liebste genannt? Das war so kitschig, mal davon abgesehen konnte ich Thomas nicht leiden. Ich würde morgen nur hingehen um ihm einen Korb zu geben.

Wieso mussten alle immer SMSn schreiben ? Wenn Leute mich anrufen würden könnte ich einfach absagen ohne gleich unhöflich zu sein.

Genervt legte ich den Roman auf mein Nachtkästchen und ging in die Küche um Nudeln mit Tomatensauce zu kochen. Eigentlich hätte ich eine der Bediensteten, die Vater eingestellt hatte, darum beten können aber ich machte solche Sachen lieber selber.

Danach lief ich ziellos im Haus herum um es mir mal genauer anzuschauen, bis jetzt kannte ich nur das Bad, mein Zimmer und die Küche.

Ich fand heraus, dass es noch zwei weitere Schlafzimmer gab und einen Fitnessraum. Im Erdgeschoss entdeckte ich ein Musikzimmer. Neugierig strich ich über die elfenbeinfarbenen Tasten des Flügels. Das Zimmer hatte ein großes Fenster, weswegen ich sah dass die Sonne langsam unterging.

Ich setzte mich auf den schwarzen Hocker und fing an zu spielen. Die „Mondschein Sonate" von Ludwig van Beethoven. Es war das einzige Stück, dass ich halbwegs auswendig spielen konnte. Die Musik hatte mir schon immer viel bedeutet. Ich spielte Klavier seit ich zehn war.

Bevor ich ins Bett ging telefonierte ich noch mit meiner Mutter, die wissen wollte wie es mir ging. Ich erzählte ihr von Thomas und dass ich ihn nicht mochte. Den Vampir und Ty ließ ich aus. Ich konnte meiner Mutter doch nicht von Vampiren und katzenäugigen Fremden erzählen. Sie würde mich ins nächste Heim einweisen. Hätte ich nicht diese zwei kleinen fast unsichtbaren Wunden an meinem Hals würde ich an dem zweifeln was Ty mir heute Morgen erzählt hatte.

Am nächsten Tag schlief ich aus und ging nachmittags einkaufen. Ich kaufte mir ein leichtes Sommerkleid für heute Abend und legte mir schon einmal im Kopf zurecht wie ich Thomas sanft beibringen könnte, dass ich nichts von ihm wollte.

Kurz bevor Thomas kam zog ich das türkis- und korallfarbene Sommerkleid aus Chiffon und weiße Ballerinas an. An meinen Ohrläppchen schimmerten silberne Ohrringe und ich legte dezentes Make- up auf.

Thomas umarmte mich zur Begrüßung bevor er mir die Tür seines Autos öffnete. Er trug ein kariertes Hemd und eine Jeans. Seine Haare hingen lässig über ein Auge. Es war ein Wunder das er überhaupt noch die Straße sah.

Wir schauten uns den neusten Fast and Furious Film an. Thomas versuchte immer wieder meine Hand zu nehmen während die muskelbepackten Hauptpersonen immer wieder ihre Autos in die Luft jagten.

Als der Film endlich zu Ende war gingen wir in ein Restaurant in der Nähe vom Trafalgar Square. An den modernen Tischen saßen viele Pärchen und ich fühlte mich seltsam deplatziert unter den vielen Leuten. Wir setzten uns an einen Tisch an einer großen Glasfront. Von dort konnte uns jeder sehen der vorbeilief. Ich hätte mich bestimmt nie freiwillig dort hingesetzt.

Thomas fing an von der Schule und seinen Freunden zu schwafeln und ich unterhielt mich mit ihm während ich die Leute auf der Straße beobachtete. Obwohl man das nicht unterhalten nennen konnte. Thomas redete und ich sagte alle zwei Minuten so etwas wie >> Oh cool<<.

Als er endlich mal eine Pause machte ergriff ich das Wort. >> Thomas, ich glaube du verstehst das hier falsch. Das hier ist kein Date. Du bist zwar ein netter Junge aber ich bin nicht in dich verliebt und werde es auch nie sein...<< Ich wollte eigentlich noch etwas sagen aber in diesem Moment sah aus dem Augenwinkel braune Locken und grasgrüne Augen die mich mit einem merkwürdigen Ausdruck musterten. Es war Ty. Und so schnell wie er gekommen war ging er wieder. Er machte einen fast traurigen Eindruck.

>> Ich muss los. Wir sehen uns übernächste Woche in der Schule. << ich wartete nicht bis Thomas etwas darauf erwiderte, sondern stand auf und stürmte hinaus auf die Straße. Zum Glück war Ty noch in sichtweite. Ich rannte ihm hinterher.

Ty p.o.v.

Wie konnte ich nur so blöd sein zu denken das so ein schönes Mädchen wie Natalia keinen festen Freund hatte?  Mein Bruder Sean würde das jetzt wahrscheinlich als persönliches Pech beschreiben. Eigentlich wollte ich nur Charlotte entfliehen, die den ganzen Tag nur über die Weltenwandlerin redete. Ich glaube sie konnte sich nicht mal ihren Namen merken. Charlotte meinte Natalia wäre die einzige Hoffnung die versteckte Welt vor den Engeln zu retten. Sie sah Natalia als eine Waffe an.

Während ich also durch die Straßen geschlendert war sah ich plötzlich Natalia und einen dunkelhaarigen Typ mit fleckiger Haut in einem Restaurant sitzen. Als sich unsere Blicke trafen wandte ich mich sofort ab und ging weiter.

Ein paar Meter weiter, hörte ich plötzlich Schritte hinter mir. Eine zierliche Hand hielt mich an der Schulter fest. Langsam drehte ich mich um und sah in Natalias' eisblaue Augen. >> Warte. Ich muss dich etwas fragen. << sagte sie atemlos, anscheinend war sie gerannt. >> Und dafür hast du extra deinen Freund sitzengelassen ? <<

>> Thomas ist nicht mein fester Freund. Er ist nur der Sohn eines Kollegens meines Vaters. << Natalia strich sich eine widerspenstige Strähne aus ihrem Gesicht. Aus einem mir unerfindlichem Grund machte mich diese Antwort glücklich.

>> Komm mit << Ich nahm ihre kühle Hand und führte sie in ein kleines Bistro. Ich ließ mich auf einen bequemen Stuhl sinken und bat Natalia gegenüber Platz zu nehmen.

>> Also ich hab nachgedacht<< begann sie >> Charlotte hat gesagt ich sei eine Art Waffe gegen die Engel. Wer sind diese Engel und weshalb seid ihr Feinde? <<

>> Du kennst sicher die Engel die in der Bibel vorkommen. Im Grunde sind das die Gleichen. Nur das diese Engel immer als gut und heilig beschrieben werden. Die Engel sind aber die Bösen, seit Jahrhunderten wollen sie die Bewohner der versteckten Welt vernichten. Doch die Menschen bekommen von diesem Krieg nichts mit. Die Schlachtfelder befinden sich auf Elba.<< Ich schaute Natalia bewundert an. Sie blieb unwahrscheinlich ruhig.

>>  Elba ? Du meinst die Insel im Mittelmeer ? Goldene Strände und Berge ? <<

>> Nein, nicht die Insel. Elba ist ein Land das du auf keiner Landkarte finden wirst. Der einzige Weg dorthin führt durch ein Portal der Hexenwesen. Vor meiner Geburt war es mal eine wunderschöne Landschaft doch jetzt ist das Graß blutgetränkt vom Himmel regnet es Asche.  Die meisten Mentalis halten dort die Stellung. Wir erwarten jeden Tag einen Angriff.<< Ich holte tief Luft >> Okay, genug von solchen düsteren Dingen, jetzt möchte ich dir eine Frage stellen. << Behutsam nahm ich ihre linke Hand und die tätowierten Buchstaben nach. Solange ich atme, hoffe ich.  Ein schöner Spruch. >> In einer Woche findet der diesjährige Rosenball statt. Dieses Jahr veranstalten ihn die Hexen und ich wollte fragen ob du mich begleiten würdest. << Mein Herz klopfte und ich hatte beinahe Angst vor ihrer Antwort.  

 Natalia p.o.v.

Ich verlor komplett die Fassung, doch jede Faser meines Körpers schrie :  ja, ja, ja.

>> Das würde ich sehr gerne, Ty << als ich in seine wunderschönen Augen sah, sah ich Erleichterung und grenzenlose Freude. Er lächelte.

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